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04.2
Gedichte
Wolkenüberflaggt -
Ernst Wilhelm Lotz
Erster Teil - I. Glanzgesang
LICHT
Licht
umzieht mich, umsingt mich, umfließt mich,
Spielend
lasse ich meine Glieder im Fließenden plätschern -
Ein
blankes Bassin umspannt mich die Straße,
Weit,
weich, wiegend
Ich
wasche mich ganz rein.
Aus
euren Köpfen, ihr schwimmenden Straßenwanderer,
Die
ihr nichts von mir wißt,
Gebrauche
ich schimmerndes Augenweiß, meinen Leib zu bedecken,
Hell
zu beschäumen,
Meinen
jung sich hinbiegenden Schwimmerleib.
O
wie ich hinfließe im Licht,
O
wie ich zergehe,
Wie
ich mich durchsichtig singe im
Licht.
oben
FRÜHLINGSATEM
Eine
Liebesfrohheit hat meine Wangen rot gepudert.
Mein
Atem mischt sich weich dem Tagwind.
Wo
ich die Straßen betrete, sind sie zum Festzug bereitet,
Ein
blumiges Schauvolk festschreitet und gleitet.
Menschen
erwartungs-groß haben sich aufgestellt,
Aus
allen Fenstern kommen Blicke zu mir Sonntag-erhellt.
Mit
bloßem Kopf und mit vor Jungkraft federnden Zehen
Muß
ich immer und immer wieder durch Sonnenstraßen gehen.
Ich
habe ein fernblaues Mädchen, am Ende der Straße erschaut,
Das
liebruhelos Säulen von Sonnenstaub vor mir baut.
Und
während ich gehe, geht in meiner Herzbrust ‚
jemand
mit viel schnelleren Füßen.
Und
ruft: Wir werden heut küssen!
Weichluft-umschlungen
verzittert mein Jubelschrei
Hinab
in die Brust.
Und
mein Atem strömt ab in den Wind.
Von
Dächern weht ein Gelächter.
oben
___________________________
Textgrundlage: "Wolkenüberflaggt",
Gedichte von
Ernst Wilhelm Lotz, Kurt Wolff Verlag,
Leipzig,
1917, gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R,
Herbst 1916, als
sechsunddreißigster
Band der Bücher „Der jüngste Tag“, ©1916 by Kurt Wolff
Verlag,
Leipzig
Uni-Düsseldorf
Logo 74: "Tracks
at the Saint-Lazare Station", 1877,
Claude Monet, gemeinfrei
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