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04.2
Gedichte - Edgar Allen Poe
Traumland
Jenseits
des Raums, jenseits der Zeit
Dehnet
sich wild, dehnet sich weit
Ein
dunkles Land.
Auf
schwarzem Thron
Regiert
ein Dämon,
Die
Nacht genannt.
Auf
einem Wege traurig und einsam,
Mit
bösen Engelscharen gemeinsam,
Erreicht’
ich dies Thule
Erst
neuerdings.
Durch
Heiden ging’s
Durch
Sümpf’ und Pfuhle –
Da
lag es verzaubert, das Land des Traums,
Jenseits
der Zeit, jenseits des Raums
Stürzende
Berge, gähnende Schlünde,
Titanenwälder,
gespenstische Gründe,
Wallende
Meere ohne Küsten,
Felsen
mit zerrissenen Brüsten,
Wogen,
die sich ewiglich bäumen,
In
lodernde Feuerhimmel schäumen,
Seen,
die sich dehnen und recken,
Ihre
stillen Wasser ins Endlose strecken,
Ihre
stillen Wasser, still und schaurig,
Mit
den schläfrigen Lilien bleich und traurig.
An
den Seen, die sich so dehnen und recken,
Ihre
stillen Wasser ins Endlose strecken,
Ihre
stillen Wasser, still und schaurig,
Mit
den schläfrigen Lilien bleich und traurig –
An
den Felsen neben den düstern,
Unheimlichen
Wellen, die ewig flüstern,
An
den Wäldern neben den Teichen,
Wo
die eklen Gezüchte schleichen,
In
jedem Winkel, dunkel, unselig,
An
allen Sümpfen und Pfuhlen unzählig,
die
Geister hausen –
Trifft
der Wandrer mit Grausen
Verhülltes
Volk aus dem Totenlande,
Erinnerungen
im Leichengewande,
Weiße
Gestalten der Schatteninseln,
Bleiche
Schemen aus toten Zeiten,
Die
verzweiflungsvoll stöhnen und winseln,
Wie
sie am Wandrer vorübergleiten.
Für
das Herz, dessen Schmerzen Legionen,
Sind
dies friedvolle, milde Regionen;
Für
den umnachteten, dunklen Geist
Sind
es himmlische, selige Auen.
Doch
der Pilger, der es durchreist,
Darf
es nicht unverhüllt erschauen.
Unergründlich
bleibt es für jeden,
Dieses
geheimnißvolle Eden –
Das
ist des finstern Königs Willen –
Und
der Wandrer, von ungefähr
Dorthin
verschlagen, erblickt es daher
Nur
durch verdunkelte, matte Brillen.
Auf
einem Wege traurig und einsam,
Mit
bösen Engelschaaren gemeinsam,
Schritt
ich jüngst heim durch Sümpfe und Pfuhle
Aus
diesem öden, entlegenen Thule.
__________________________
Titel:
"Traumland",
Ausgewählte Gedichte
Edgar Allen Poe - 1. Auflage 1891 –
Verlag
des bibliographischen Bureaus, Berlin, S. 65-67,
Übersetzer:
Hedwig LachmannGemeinfrei
Quelle
Logo73: Exterior
of Gare Saint Lazare -
Das Signal, Claude Monet,
1877, gemeinfrei
wikimedia.org
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