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Literatur


04.2



Gedichte

Der zunehmende Mond
Rabindranath Tagore
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Schriftstellerei
 
 
Du sagst, daß Vater eine Menge Bücher schreibt, aber was er schreibt, versteh' ich nicht.
 
Er hat Dir den ganzen Abend vorgelesen, aber konntest Du wirklich herausbekommen, was er meinte?
 
Welch schöne Märchen, Mutter, kannst Du uns erzählen! Warum kann Vater nicht solche schreiben?
 
Hat er niemals von seiner eignen Mutter Märchen gehört von Riesen und Elfen und Prinzessinnen?
 
Hat er sie alle vergessen?
 
***
 
Oft, wenn er spät kommt zum Baden, mußt Du gehn und ihn hundertmal rufen.

Du wartest und hältst sein Essen warm für ihn, und er schreibt weiter und vergißt.
 

Vater spielt immer Büchermachen.
 
Wenn ich je spielen gehe in Vaters Zimmer, kommst Du und rufst mich:

»Was für ein schlimmes Kind!«

 
Wenn ich den leisesten Lärm mache, sagst Du:

»Siehst Du nicht, daß Vater arbeitet?«

Was hat das für Sinn, schreiben und immer schreiben?
 
***
 
 
Wenn ich Vaters Feder oder Bleistift nehme und in sein Buch schreibe, gerade wie er – a, b, c, d, e, f, g, h, i, –, warum wirst Du dann böse mit mir, Mutter?
 
Du sagst nie ein Wort, wenn Vater schreibt.
 
***
 
Wenn mein Vater solche Haufen Papier verschwendet, Mutter, scheint es Dich gar nicht zu stören.
 
Wenn ich aber nur einen Bogen nehme, um mir ein Schiff draus zu machen, sagst Du:

»Kind, wie Du einen quälst!«

 
Was hältst Du von Vaters Bogen und Bogenverderben mit schwarzen Zeichen, über und über auf beiden Seiten?
 
 

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