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Literatur


04.2



                                                       Gedichte
 
                                                       Leon Vandersee

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Abendsonne

Der Sonne heißes, verlöschendes Rot
flimmert über die Heide –
die Birken brennen, der Ginster loht,
dein Blondhaar schimmert wie Seide.

Du staunst wie ein Kind in das sterbende Licht
und lächelst hinein in die Gluten,
über dein seliges Angesicht
strömen die goldnen Fluten.

Du Sonnengeküsster, mein Abendglanz,
mit dem Blick voll lächelnder Gnade,
zu deinen Füßen leg ich den Kranz
aller Schönheit an meinem Pfade.

Kam ein Traum zu mir

Kam ein Traum zu mir in der Dämmerzeit –
der trug mich von dannen, so weit, so weit,
in einen dichtblühenden Garten hinein,
ganz überflimmert vom Spätrosenschein.

An den Hecken Wildrosen und Hagedorn,
auf den Beeten Lavendel und Rittersporn,
Schwertlilien, sich wiegend im Abendhauch –
und am Weg ein alter Hollunderstrauch.

War alles so heimlich, verschwiegen und stumm –
in dem Garten gingen die Märchen um,
Glücksmärchen, süß flüsternd im Sommerwind:

„Und der Königssohn küsste das Bettelkind.“


Leuchtende Augen

Fragt mich Liebling eines Tages.
„Warum, liebes Mütterlein,
schaust du gar so oft und lange
in die Augen mir hinein?“

„Weil ein Licht darinnen leuchtet,“
Gab ich ihm zur Antwort schnell,
„Kinderaugen, musst du wissen,
sind wie Sonnenschein so hell!“

Heut nun kommt mein kleiner Junge
in der Dämmerung zu mir:
„Mütterchen, das schöne Spielzeug,
ach, zerbrochen ist es hier.

Möchtest du’s nicht wieder leinem?“
„Jetzt im Finstern? ‘s wird nicht gehen!
Muss mir eine Lampe holen,
ich kann wirklich nicht mehr sehn!“

„Kannst nicht sehn?“ Er reckt das Köpfchen
Ganz, ganz nahe zu mir hin:
„Ich leucht dir mit meinen Augen,
Sagtest ja, 's wär Licht darin"



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Textgrundlage: Leon Vandersee Textgrundlage:
aus der SammlungAuf Goldgrund“

Abendsonne,  Kam ein Traum zu mirLeuchtende Augen
gedichte.xbib

Logo 211: "Fields" , Kazimir Malevich (1878-1935) Standort:
Russisches Museum, St. Petersburg, gemeinfrei

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