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Literatur


04.2


                                                       Gedichte

                                                       Leon Vandersee

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Winterabend

Wie schön das ist – beieinander –
hell lodert die rote Glut –
wir rücken dicht an die Flammen,
so plaudert und träumt sichs gut.

Hier innen trauliche Wärme
und süßer Maiblumenduft –
dort draußen Flockengeriesel
und eisige Winterluft.

Leg noch ein Scheit zu den andern
und schüre die Flammenglut,
dann gib mir lieb deine Hände –
so plaudert und träumt sichs gut . . .


  Abschiedsstunde

Das Mondlicht flimmert auf der Wasserbahn,
kein Laut, kein Hauch des Lebens in der Runde,
langsam und steuerlos treibt unser Kahn -
wie bitterschwer ist diese Abschiedsstunde.

Wer weiß, ob wir uns jemals wiedersehn,
ob sich noch einmal unsre Wege einen -
ach, muss es sein, dies Voneinandergehen?
Du neigst das Haupt, und deine Augen weinen.



Es ist zu spät

Als meine Liebe hin war , ist deine aufgewacht,
nun wandert deine Seele und sucht mich jede Nacht,
deine schluchzende Sehnsucht ruft jetzt so laut nach mir,
wie ein armer, frierender Vogel harrt sie an meiner Tür.

Ach Gott, ich kann nicht auftun, meine Liebe ist ja tot,
sie starb am Marterpfahle in Angst und Nacht und Not.
Du sagst, du willst sie wecken – die weckt kein Reugebet –
Kein Engel bringt sie wieder – es ist zu spät, zu spät –


Träume nur ...

Blühender Rosen süßduftiger Hauch,
Vogelgezwitscher im Schlehdornenstrauch,
tiefgrüne, lauschige Einsamkeit
und das klopfende Herz voller Seligkeit –
o Jugendzeit!

Träume nur, junges Menschenkind,
träume vom Glück, auch dein Tag verrinnt –
noch duftet’s im Hag, und die Rosen blühn,
es kommt eine Zeit, da ist alles dahin –
alles dahin -


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Textgrundlage: aus der Sammlung „Auf Goldgrund“  Leon Vandersee
Winterabend aus der Sammlung "Verwehte Blüten"
Abschiedsstunde,  Es ist zu spät,  Träume nur ...
gedichte.xbib

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