Gedichte
Leon Vandersee
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Wie
hast du, Bild des blühenden Lebens,
dich
in mein trauriges Dunkel verirrt –
kommst
wie ein Falter, lockend und schimmernd,
in
meine düstre Zelle geschwirrt.
Suchst
du nach Blumen? Ach, wie vergebens –
in
meiner Einsamkeit blühen sie nicht,
hier
ist nur Schatten und gramvolle Öde,
die
keine leuchtende Sonne durchbricht.
Krank
bin ich – müde, so müde zum Sterben,
von Glanz und Freude so
weltenweit –
was
willst du, Bild des blühenden Lebens,
in
meiner eisigen Einsamkeit?
Im
stillen Winkel auf der Bodentreppe
hab ich in hellem Jammer einst gesessen
und heiß geweint um ein verlornes Spielzeug –
doch bald darauf den Kummer schon vergessen.
Ich war ein Kind und darum leicht getröstet:
dem neuen Spielzeug galt mein ganzes Sehnen,
bis eines Tages die Herrlichkeit zerbrochen –
da weint ich wieder – o ihr Kindertränen . . .
Im stillen Winkel auf der Bodentreppe,
dem abgelegnen Zufluchtsort der Kleinen,
klag ich heut stumm um mein zerbrochnes Leben,
o hätt ich Tränen – könnt ich, könnt ich weinen.
Vor
deinem
Bilde hängt ein schwarzer Flor –
in heißer Sehnsucht steh
ich oft davor
und wags doch nicht, den Schleier aufzuheben,
wie unaussprechlich einsam ist mein Leben,
seitdem ich dich verlor!
Es war die Nacht, die Nacht – die
nahm dich hin –
Wer ist so elend wohl, wie ich es bin?
Verzweifelnd zog ich, trostlos durch die Lande,
so arm, wie ich, war nicht am Straßenrande
die Bettlerin!
Durchs Fenster irrt
das falbe Mondenlicht
und küsst dein süßes Kinderangesicht,
ja, solche Schönheit lockt
den Tod zum
Werben;
mein Kind, mein Kind! Du durftest mir nicht sterben,
du nicht, du nicht . .
Von Rosen träumt
ich – und von dir, mein Leben,
damals – als mir die Welt ein Garten war.
Dann sah ich leidvoll meinen Traum entschweben,
ein Trauerschleier wand sich um mein Haar.
Mit wehem Blick –
verhüllt die blonden Locken,
stand ich und starrte in die Dunkelheit,
der volle, tiefe Klang der Hochzeitsglocken,
der dich umtönte, war mein Grabgeleit.
Vorbei! Der Gram um dich ist überwunden.
Nur manchmal, wenn der blasse Vollmond scheint
–
in nebelschweren, müden Herbstnachtstunden,
wacht meine Seele auf
und weint – und weint . . .
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