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04.2
Ausgewählte
Gedichte
Emil
Verhaeren
in
Nachdichtung von Stefan Zweig
Allwelt
Allwelt
- „Ohn
ganz der Allwelt Rhythmensturm zu fühlen
In
einer Seele, die sich weltgleich schuf.
Die
Winde spüren, die sich durch die Wälder wühlen,
Das
Meer, das Blühn, den stolzen Donnerruf!
Allwelt
in seinem Hirne zittern lassen
Und
alle Schauer, die ihr wild entquellen
In
einem Glutenbilderkranz zu fassen.
Und
lieben, oh lieben den Blitz und das Tosen
Des
Donners, mit dem sich im Grenzenlosen
Die
Sucher den dämmernden Pfad erhellen!“
(Aus „Les cris de ma vie“.
Der Glöckner
Gleich
rasender Stiere blindwütiger Meute
Entfesselt im Abendgrunde der Sturm
Sein tolles Geläute.
Und plötzlich, hoch über den Giebelranken
Um die aufflackernde Blitze schwanken,
Entflammt sich der dämmernde Glockenturm.
Der alte Glöckner eilt taumelnd her
Mit offenem Munde und tödlich erschrocken;
Und schwer
Donnern von seinem Schlage die Glocken
Und verraten mit ihrem rasenden Takt
Die Verzweiflung, die seinen Sinn gepackt.
Der Turm
Mit dem Kreuze am First,
Das schwankt und zerbirst,
Wirft weit in das halluzinierte Land
In roten Mähnen den Feuerbrand.
Die nächtige Stadt steht trunken in Glut
Die Mienen der rasch gesammelten Massen
Erfüllen mit Schreck' und Schrei alle Gassen,
Und auf den Mauern, die jählings blinken,
Trinken
Die schwarzen Quadern das flammende Blut.
Der Glöckner schmettert mit schauernder Hand
Seine Angst weithin über das endlose Land.
Der Turm
Wächst über die Ferne mit Riesengewalt.
Er flattert aufleuchtend über das Dunkel
Der Seen und badet in ihrem Spiegel
Seine glutengesegnete Gestalt. -
Und wie Funken
Und flitternde Flügel
Splittern die Schiefer, die eilig der Sturm
Hinwirft gegen den nächtigen Wald.
Im Vorrüberregnen
Entzünden sie Scheunen, die ihnen begegnen
Und aus dem Dunkel entfunkeln die Brände. -
Am Giebel zittert das Kreuz und senkt
Sich gegen die Glut, die seine christlichen Hände
Wie eine willige Beute empfängt.
Der Glöckner hämmert in bitterster Not,
Als sei sein Gott von den Flammen bedroht.
Der Turm
Ist nun ein einziger Glutentrichter.
Längs der Phialen züngeln die Flammen
Und kriechen gegen den First zusammen.
Wo die Glocke inmitten der steigenden Lichter
Schwingt und klingt in vergeblichem Wüten.
Das scheue Gelichter
Der Krähen und Eulen
Flattert in tollem Gedränge
Mit verzweifelt tastenden Flügen
Gegen die Fenster, die sie belügen
Und sinkt dann jählings mit den verglühten
Flügeln unter dem höhnischen Heulen
Der Menge.
Der Glöckner sieht die flammenden Enden
Seine Glocken schon greifen mit goldenen Händen.
Der Turm
Is wie mit blutigen Büschen umkleidet.
Deren feurige Äste
Allein der jammernde Ruf durchschneidet.
Und das wilde, zuckende Feuer zerwühlt
Wie mit menschlicher Geste
Die Balken, Bohlen und kohlenden Bretter
Und das stolze Gestühl
Wo die Glocken toben in tollem Gezeter.
Der alte Glöckner, unsäglich erschrocken,
Läutet sein Sterben den sterbenden Glocken.
Der Turm!
Ein dröhnender Ruck.
Rollen von Steinen und Stürzen von Schutt
Reisst ihn von oben bis unten entzwei.
Der hämmernde Sturm
Schweigt plötzlich wie ein gemordeter Schrei,
Und der alte verreucherte Glockenturm
Fällt um.
Und man hört es, wie mit stolperndem Stocken
Von Stock zu Stock in donnerndem Brausen
Die stürzenden Glocken
Zur Erde sausen.
Der alte Glöckner hat nicht gewankt.
Und die Glocke beim Sturz in das Erdreich hinab
Bot ihm ein Bahrtuch und grub ihm sein Grab.
zurück
Der Müller
Im
Nordwind, der eisig das Land durchstiess,
Da ward
Am Abend, in Unkraut und Kohlenkies
Der Müller der schwarzen Mühle verscharrt.
Die Sonne warf ihren falschen Schimmer
Gegen den Spaten des Gräbermanns
Und gleisste. Ein Hund umkreiste immer
Das Grab und heulte gegen den Glanz.
Wie ein Spiegel bei jedem Schaufelriss
Glänzte der Spaten in glitzerndem Schein,
Gleisste, senkte sich dann und verbiss
Sich neu ins zerfleischte Erdreich hinein.
Der einsame Gräber am Himmelsrand
Wie ein grosses, beflügeltes Wesen stand
Und schien noch zu kämpfen mit seinem Bangen,
In den Händen hielt er erzitternd den Karst. -
Die Sonne zerbarst,
Und höhlte er auch in der Erde das Loch,
Ein Nichts war es doch
Gegen die Leere, die vor ihm sich aufgetan. -
In der Stadt da drinnen
Lieh keiner dem Toten zwei Leichenlinnen.
In der Stadt da drinnen
Flehten um ihn keine Beterinnen.
Dort drin in der Stadt
Keiner das Glöckchen geläutet hat.
Dort drin in der Stadt
Keiner den Sarg ihm genagelt hat.
An allen den Häusern, in allen den Gassen,
Die kirchhofwärts gehen,
Waren, als wollte man nur nichts sehen,
Die Fensterläden herabgelassen.
Und da fühlt
Sich der Gräber vor diesem Toten allein,
Der so in aller Adern hinein
Den Hass und das Schauern tief eingewühlt. -
Der Müller der Mühle, die schwarz ihre Flügel
Ausstreckte vom Abendhügel,
Hauste allein seit endlosen Jahren
Mit der Heide, dem Raum und den fliegenden Klängen
Der Wetter, die an den flatternden Haaren
Die Nordwinde hängen.
Lang hatte sein einsames Herz gespäht
Nach dem, was in dämmernden Worten zu Zeiten
Das Weltall dem Horcher der Ewigkeiten
Verrät.
Die harte Heide der endlosen Flächen
Umschloss sein Herz wie ein Zauberring.
Lebendig und traulich ward Wesen und Ding
Und suchte zu seiner Seele zu sprechen.
Die grossen Stürme, die den Erdball umkreisten
Durchdrangen sein Fühlen mit ihrer Kraft,
Dass er sich in seiner schlichten, verwaisten
Seele das Schauspiel des Lebens geschafft.
Von den ältesten Leuten hat ihn keiner gekannt.
Stadtferne, wo nur mehr die Stürme hausen,
Ist er umhergerannt.
Den Flug und die Reise des Winds zu erspähn
Und die feurigen Worte der Wolken zu sehn.
Durch diese Stille erschreckte er sehr,
Mit der sich verschwiegen und sacht
Seine Stunden umwanden.
Und er erschreckte noch mehr,
Wenn in der Mühle zur Nacht
Die plötzlich aufleuchtenden Augen brannten.
Und keiner konnte so Kunde bringen
Von des Müllers Todesnot und Tod.
Wären nicht müd seine Mühlenschwingen,
Die wie vier ewige steinerne Bitten
Zur Ewigkeit gedroht,
Eines Morgens herabgeglitten
Und reglos geblieben, Tag und Nacht
Wie ein Kreuz, das über ein Schicksal wacht. -
Der Totengräber verspürte um sich ein Drängen
Wie von dämmernden, dröhnenden Mengen,
Sah die Fenster der Stadt allmählich erblinden
Und sie selbst in Nebelferne verschwinden.
In dem allgegenwärtigen Bangen
Schien die Heide von Schreien durchbebt.
Der Wind, mit braunen Schleiern umhangen,
Zog vorbei wie ein Wesen, das lebt;
Formte sich ferne die Nebelmauer . . .
Da warf der Gräber, von Grausen gejagt,
Von der Nacht wie mit dunklen Händen gepackt,
Den Spaten mit irrendem Blick von sich
Und entwich. -
Und wieder ward das Heideschweigen gross,
Und riesig schien das Grab in dem zerrissnen Schoss
Der Erde. Schweigen war ringsum.
Und nur die lauschenden luftigen Weiten
Nahmen stumm
In den Arm ihrer tiefen Unendlichkeiten
Den Toten, dessen Leben ihr dunkles Wissen
Erhellt und zu ewigen Fernen emporgerissen.
zurück
Im Norden
Zwei
alte Matrosen, die heimwärts eilten
Nach
Nordland, das herbstlich umhangen war,
Brachten
sich von den märchenhaft schönen
Sizilischen
Inseln, wo sie verweilten,
Eine
lichte Sirenenschar.
Und
hochgemut erreichten sie den Nord
In
seiner Nebel zauberischer Trübe,
Und
hochgemut erreichten sie den Fjord
An
einem Abend, dessen Herbstestrauer
Der
Wind durchschrie mit fröstelndkaltem Schauer.
Am
Strande starrten die Leute und standen
Ohne
ein Zeichen von Rede und Regung.
Hoch
aber zwischen den hangenden Tauen
Glühten
wie Gold die Sirenenfrauen
Und
wanden
Die
Rebenguirlanden
Ihrer
blühenden Leiber süssseliges Grauen
In
zärtlichen Linien und sanfter Bewegung.
Die
Leute staunten und wussten nicht recht,
Was
ihnen da nahte auf rauschenden Pfaden.
Wie
ein silbern Geflecht
Das
die Welle auf schäumenden Schwingen rollte
Glomm
das Schiff durch die Nebelschwaden
Mit
Früchten von Fleische und Golde
Verschwenderisch
beladen.
Die
Sirenen sangen,
Wie
klingende Lyren
Die
Arme verstrickt in die Taue und Spiren.
Die
Sirenen sangen
Zur
Nacht, die schon mit keuchendem Toben
Die
Lichter verlöschte, die einsam glänzend
Am
Meere waren.
Die
Sirenen sangen
Die
Maste mit ihren Leibern kränzend,
Allein
die Leute, schweigsam und dicht,
Hörten
am Strande die wunderbaren
Gesänge
der blühenden Frauen nicht.
Sie
kannten die Freunde nicht, die vor Jahren
Mit
diesem Schiff in die Ferne gefahren,
Sie
kannten nicht wieder mehr Steuer und Bug
Und
das selbstgesponnene Segeltuch.
Den
holden Traum verstanden sie so nie,
Der
überreich mit seiner Fahrt das Meer beschenkte,
Weil
er nicht gleiche Lüge war, wie die
Man
ihnen heimwärts in die Herzen zwängte.
Und
weiter zog das rebenglutgeschmückte
Und
stolze Schiff, das aller Blick beglückte
Von
diesem Strand.
Und
keiner fand sich, dessen Hand
Die
Frucht der Frauenleiber und des Goldes pflückte.
zurück
Die Revolte
Die
Strasse, in einem gurgelnden Schaum
Von
Köpfen und Körpern und Schulterblättern,
D′raus
sich verzweigende
Arme klettern,
Scheint
selbst
emporzufliegen
In
den wahnsinnstobenden
Traum.
Die
Strasse wie Gold,
Die
purpurnes Abendleuchten
durchrollt. –
Der
Tod
Erhebt
sich auf donnernden
Glockentürmen
Der
Tod, wie er aus Träumen
droht
Mit
Schwertern und Sensen
und Feuerstürmen,
Mit
Köpfen, die an den
blutenden Stangen
Wie
jählings geknickte Mohnblüten
hangen,
Dumpfer
Kanonen hustender
Schrei,
Stumpfer
Kanonen
schluckendes Gröhlen
Zählen
allein das Stöhnen,
die Tränen
Der
Stunde, die sich zu
Tode hetzt.
Verweisungen,
die leer an
den Wegen gähnen
Wie
Augen in ihren
trostlosen Höhlen
Schmetterten
längst die
Steine entzwei.
Die
Zeit der Ordnung ist
aufgelassen
Für
diese
fiebergepeitschten Massen,
Für
diesen Pöbel, den nichts
mehr entsetzt.
Der
Wahnsinn stürmt aus der
Erde empor
Und
türmt sich auf
hochgeschütteten Quadern.
Die
helle Wut mit schmetterndem
Chor
Und
neuem Blut in den
quellenden Adern.
Todblass
aufkeuchend
Und
schreckenhaft
Erhebt
die Gier sich auf
den Standarten,
In
dieser Minute mehr
erreichend
Als
eines Jahrhunderts
lastende Kraft
Mit
hundert Jahren in
trägem Erwarten.
All
das, was seit endlosen
Zeiten
Die
verwegensten Stirnen an
Schrecken geboren
Und
in den Schoss der
Zukunft gesenkt,
Was
in den verschwiegenen
Gebeten
Die
Blicke glühend
heraufbeschworen,
Und
in heimlichstem Traum
Die
wildesten
Menschheitsseelen
Erflehten,
Ergiesst
sich im
tausendarmigen Schaum
Dieser
dürstenden Meuten
Die
Hass mit wahllosem
Wüten vermählen.
Das
Fest des Blutes ist′s,
das sich gestaltet
Auf
Schrecknis die Fahne
des Festes entfaltet. –
Über
die Toten
Stampfen
die Trunknen und
Blutüberlohten
Den
Soldaten entgegen
Die
wissen nicht Recht und
Schuld mehr zu wägen
Und
schiessen verzweifelt,
stumpf und gelassen
Gegen
die endlos
anbrausenden Massen
Des
Volkes, das gierig
begehrt, dass sein Haupt
Das
blutige Krongold des
Siegel umlaubt.
-
Töten, um zu verjüngen,
zu schaffen!
Selbst
wie der
unersättliche Weltgeist sein
Und
rücksichtslos sein Ziel
sich erraffen
Durch
einer Minute
erschreckenden Schein:
Töten
– oder sterben, um
frei zu sein.
Auf
dem dunklen Grunde des
Abends schwelen
Die
Brücken und Häuser in
blutigen Farben,
Bis
in die Tiefen glüht in
den Kanälen
Der
Abglanz der feurig
knisternden Garben.
Aufstrebende
Türme, von
Rauschgold umflirrt
Durchschneiden
das Dämmern,
das endlos wird. –
Die
Feuerarme öffnen die
ruchlosen Hände
Und
verstreuen ins Dunkel
auffunkelnde Brände,
Und
die Dächer springen in
kohlendem Schein
Aufkrachend
hoch in die
Wolken hinein.
Drüben
knattert es, Schuss
für Schuss.
Der
Tod mit geschmeidigem
Finger geht
Entlang
der Mauern und
schiesst und lädt
In
fliegender Eile aus den
schweren Gewehren,
Und
mit titanischen Gesten
mäht
Er
Körper hin gleich
schaukelnden Ähren.
Reihen
sinken mit einzigem
Schrei
Und
auf sie wuchtet die
Stille wie Blei.
Über
nackter Leiber
zerschossenen Fetzen
Beginnt
nun wie höhnischer
Mummenschanz
Über
röchelnden Ruf und
eklem Entsetzen
Der
Laternen
phantastischer, spiegelnder Tanz.
Die
Glockenrufe, die sich
stossen und streiten
Brummen
und summen, schwarz
und schwer
Ihr
ängstliches Greinen
hinaus in die Weiten
Die
grau wie das Meer. –
Dröhnend
und stöhnend ruft
die Glocke zum Sturm
Wie
ein Herz in bitterster
Qual.
Bis
mit einem Mal
Die
Glocke, die eben in
traurigem Grimme
Gebrummt
und gesummt,
Gleich
einer erstickenden
Stimme
In
ihrem eingeäscherten
Turme
Verstummt.
In
die Stadtpaläste, wo der
hohe Rat
Die
Gemeinde bemeistert,
und betrogener Mengen
Blutsteuer
einschlürfte wie
goldene Saat,
Ergiesst
sich der Strom. –
Die Schlösser zersprengen
Und
die Türen sinken, vom
Hacken zerspalten.
Gierig
entreisst man den
eisernen Schränken
Den
gereihten Stoss von
erlachten Gesetzen.
Eine
Fackel frisst sie mit
feuriger Zunge
Und
speit in schwarzen,
verkohlenden Fetzen
Weithin
ihr verruchtes
Gedenken. –
In
den Kellern beginnt Raub
und Diebstahl zu walten.
Während
von Fenstern und
Dachgestühlen
Mit
wildem Schwunge
Es
niedersaust von
Menschengestalten,
Die
fallend die Luft mit
den Armen durchwühlen.
Auch
in den Kirchen stürmt
Rasen und Hohn.
Glasfenster
mit der
Jungfrau auf himmlischen Thron
Bedecken
den Boden, in
Scherben zerschellt.
Wie
Stoppeln ein trostloses
Ackerfeld.
Verstümmelt
und schief, mit
zermartertem Rumpf
Hängt
des Heilands Gestalt
am Kreuzesstumpf.
Mit
Fluchen verschüttet und
mit lästernden Stössen
Vergossen
das Öl aus den
goldnen Gefässen.
Die
Heiligen peitscht man,
und frevelnder Raub
Lässt
nicht die Hostien am
Altar ruhen,
Man
streut sie zu Boden wie
schneeigen Staub,
Damit
sie zerkrümten unter
stampfenden Schuhen.
Alle
Greuel des Mordes, der
Schrecknis steigen
Wie
Fackeln empor zu dem
Sternenreigen.
Mit
dem Flachland,
durchflogen von Scharlachflammen,
Glüht
nun die rasende Stadt
zusammen,
Die
Stadt, von Abendfernen
umhöhnt,
Die
sich selbst mit
feuriger Krone krönt.
Die
Nacht und diese lohende
Glut.
Umpressen
das Leben mit
ihrer Wut
So
eng, dass die Erde zu
zittern scheint
Und
das Land sich in feurigem
Glast zu verzehren
Und
mit den kälteren
Himmelssphären
Auflodernd
der Wahnwitz
sich nun vereint!
-
Töten, um zu verjüngen,
zu schaffen
Oder
sich selbst im Kampfe
zu fällen!
Bändigen
– oder die Stirn
sich zerschellen!
Ob
grün oder blutrot der
Frühling tagt
Ist
es nicht doch
In
der Tage mühsam
keuchenden Joch
Die
g l e i c h e
Triebkraft, die vorwärts jagt?! –
zurück
Die
Forschung
Oh
Wissen unserer Zeit, du
schneidendes Skalpell!
-
Verzweiflung, Hoffen,
Bangen, Angst, Versuch und Leiden –
Ihr
Schwerter stolzgereckt,
ihr Schwerter totgeknickt,
Erkenntnisse,
die ihr bald
Leid, bald Jubel schickt,
Mit
wieviel stumpfen und
geschärften Schneiden
Ihr
Schwerter zuckt ihr auf
in mir!
Von
eurem schreckhaft
wilden Stoss zerrissen
Bäumt
sich mein Herz empor
und fühlt
Mit
Grausen und mit Wollust
sich durchwühlt.
Ich
lebe nur mehr, um zu
lernen und zu wissen.
Der
Mensch, der denkt, ist
ein verschwiegener Held.
Ist
seine starke Seele
nicht mehr trunken
Vom
Himmelsglanze alter
Götterwelt
So
sprüht sein Auge der
Erkenntnis Wahnsinnsfunken.
Oh
seine Arbeit, seine
fieberhaften Einsamkeiten,
Seine
Geduld, die alles
Suchen sorgsam schlichtet,
Sein
langsam unbeirrtes
Vorwärtsschreiten!
Seit
dem Jahrhundert hat er
an dem Plan
Der
Welt gedichtet
Und
wundersam
Die
Kräfte erforscht und
jeden
Gesetze
entrafft und die
stillen Gewalten,
Die
mit geheimen
spinndünnen Fäden
Das
Weltall in ihren
Fingern halten.
Doch
keiner hat je das
Geheimnis gefühlt
Das
die Materie mit
hämischer Hand
Tieftief
in nächtige
Schächte verwühlt.
Oh
Rätsel, das tief im
Abgrunde ruht
Lockend
als brennender
Sehnsucht Pfand
Und
menschlicher Hirne
urewige Glut!
Sagt,
da hinabzutauchen, um
die Scheide ringen
Die
es in ihren rohen
Schraubstock zwängt,
Das
Wort zu finden, mag′s
wie Wahnwitz klingen
Das
zum verborgnen
Wegeziele lenkt.
Wo
sich dem Blick, von
jähem Licht entzündet
Die
Sehnsucht seines
blinden Suchens kündet!
Sagt,
helfen, helfen – sei
es, wie es sei .
Der
Gierde einigwilder
Raserei,
Vertrauend
suchen, nie
gestillten Strebens
Den
tiefsten Kern, die
Quelle alles Lebens!
Oh du
Gehirn, mein Ruhm und
meine Qual,
Meiner
Torturen Kerker,
meiner Seligkeit Palast,
Das
du des Lebens Deutungen
vieltausendmal
Mit
ewig neuer Glut
erfasst,
Ich
liebe gleich in Grösse
dich und Schmach,
In
Sieger- und in
Trauerstunden Gang,
Ob
wahrheitsstrotzend, ob
im Irrtum krank
Du
bleibst mir treu und
sicher vor wie nach.
Mit
meines Leichnams
letztem Staube tränken,
Und
meine Trauer und die
trüben Schatten
Mit
deiner wandellosen
Schönheit gatten. –
Ewiger
Kräfte Wirken wird
das Linnen
Der
Toten mir dann heimlich
schaffend breiten,
Im
heissen Wirbel ihrer
Feindlichkeiten
Wird
dann mein Sein ins All
zerrinnen.
Doch
wenn tausend und
tausend Jahre verwehen,
Wird
es keusch und göttlich
erschauernd erstehen,
Beseelter
Materie
urkleinstes Stück,
Eine
neue Sekunde bewusster
Wahrheit,
Eine
neue Flamme
leuchtender Klarheit
In
der Ewigkeit reglosem
goldenen Blick.
Wie
Gräber, die feuriges
Leuchten erhellt,
Scheinen
von Ferne zu Ferne
die goldnen
Gefährte
in die weiten
Gewässer gestellt.
zurück
Zum Meere hin
Wie
zierliche zitternde
Spielzeugdinge
Scheinen
die Schiffe, mit
goldener Schwinge
Zu
ruhen auf dem urewigen
Meer.
In
Küssen wiegt sich die
Brise her;
Und
die Flüsterwellen,
Die
im Traum
An
den Planken sanft
zerschellen,
Flimmern
weiss wie
Flockenschaum.
Sonntagsfeier
glänzt über
das Meer.
Wie
Frauen,
Wandern
im Blauen
Hoch
oben die schwebenden
Wolkenschwäne.
Sonntagsfeier
glänzt über
das Meer.
Und
die Ruder der ziehenden
Kähne
Glitzern
wie gläsern von
ferneher.
zurück
oben
weiter
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