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Literatur


04.2


Gedichte

Hildegard Voigt



 Deutscher Frauen Dank

Wie eisern Pflugschar Ackers Brust zerreißt,
Dass willig sie das Samenkorn empfange,
So wühlt mit tausend Messern Schmerz
Das Menschenherz, das zitternd bange,
Dass es im Erdenweh der Zeit
Ein Samenkorn der Ewigkeit verlange.

Nun gilt’s in dunkler Furchen Nacht
Der Zukunft heilge Saat zu streuen!
Es will der Krieg beim blutgen Fackelschein
Mit hohem Liebeswerke Euch betreuen,
Die Opferflamme loht, kommt, deutsche Frau ’n,
Ein heiliges Gelübde zu erneuen.

Wenn drauf am Grenzwall wild ihr Todeslied
Die heißen Feuerschlünde singen,
Dann lasst des Wunden letzten Kampf
Nicht bang in Sorge um die Seinen ringen!
Dass sie geborgen sind, mag seiner Seele
Der Heimat letzten Gruß, den Frieden, bringen.

Hegt treu die Saat der stillen Liebeswerke
Bis reiche Frucht in goldnen Garben steht.
Nie müde Sorge lasse reifen
Was von der Liebe Hand gesät.
Und Wasser tragt herbei, Ihr Frauen!
Die Saat braucht Regen, eh’s zur Ernte geht.

Da, Wunder, nah ’n im langen Zug Gestalten,
Die unter schwerer Last ermatten.
Verhüllt das Antlitz, müd ist ihr Gang.
Noch mehr? Nehmt Ihr kein Ende, dunkle Schatten?
Aus Tränenkrügen helft die Saat Ihr netzen,
Ihr Trauernden um Väter, Söhne, Gatten.

Kommt, deutsche Frauen all, zum Liebeswerke!
Leid Trösterinnen, wo die Herzen krank,
Dem Wunden, Dürstenden hebt an die Lippen
Barmherziger Liebe wundertätgen Trank.
Für das, was deutsche Männer uns erstritten,
Sei Wunden heilen deutscher Frauen Dank.

oben

 Bergmannslied

Gleicht das Leben nicht dem Bergmann,
Der bestimmt ist, aus dem Dunkel
Purpurroter Herzenskammer
Alle Kräfte auszulösen,
Die verborgen schweigend schlummern,
Bis verwandter Ton sie weckt?

Winkt der Bergmann seinen Knappen:
»Auf, zur Hand nehmt euer Rüstzeug!«
Da ergreift der Schmerz den Hammer,
Wuchtig donnern seine Schläge,
Dass die Funken jäh entsprühen
Und ein klagend Echo aufstöhnt.
Und die Sorge nimmt die Säge,
Langsam nur tut sie die Arbeit,
Aber unaufhaltsam führt sie
Zackges Eisen auf und nieder.
Da reckt sich der Hochmut aufwärts,
Mustert mit geschürzter Lippe
Eignen Schatten auf der Mauer,
Riesenhaft sein Selbst vergrößernd.
Fantasie malt tolle Bilder
Wie in wildem Spuk daneben!
Und die Sehnsucht spannt die Seile,
Leiht dem Werkzeug Riesenkräfte,
Macht zur Nähe fernste Weite,
Zum Besitz das, was sie träumt.
Doch das Grubenlicht ist Liebe,
Ohne sie wär Grabesnacht!
Wundersames neues Leben
Ist geheimnisvoll erwacht.
Seltne Edelsteine flammen,
Funkelnder Kristall erglüht,
Und in tief verschwiegnem Schatten
Märchenhafte Lust erblüht!
Goldne Lichter jagen, suchen
Einen sich in trunknem Glück,
Und es werfen tausend Strahlen
Nur ein einzig Bild zurück.

Grubenlicht, du bist die Liebe,
Ohne dich war Grabesnacht,
Brennst am hellsten und am längsten,
Wenn die Treue dich bewacht.

Schlagend Wetter ist der Jähzorn!
Wild entfacht im roten Blitzstrahl
Spricht er der Vernichtung Sprache,
Wenn sein Stein Donner kündet,
Und zertritt in blindem Wüten
Heilgen Fleißes goldne Frucht.

Bergmann, auf an deine Arbeit!
Steig hinab in dunkle Nacht,
Und befrei die goldnen Adern
Aus des Herzens Purpurschacht.




___________________________

Textgrundlage: "Dornenkinder", Gedichte von Hildegard Voigt - Dem Gedächtnis einer lieben Seele,
Norddeutscher Verlag für Literatur und Kunst, Stettin, hergestellt in der Grafischen Kunstanstalt
von M. Bauchwitz, Stettin. - Original von Princton University – Digitized by Google

 

Deutscher Frauen Dank, S. 74-75  -  Bergmannslied, S. 76-77

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