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Literatur


04.2


Gedichte

Hildegard Voigt


 Einem Freunde

Fühlst du, wie sich mein Segen um dein Haupt schmiegt?
Einsam sang ungehört ich meine Lieder.
Nur du horchst auf. Was meine Melodie wiegt,
Malt sich im Spiegel deiner Augen wieder.
Du reichtest mir die Hand. O, lass dir danken!
Wenn Schlummer nachts auf deinem Aug liegt,
Da will sich’s sacht um deine Schläfe ranken.
Fühlst du, wie sich mein Segen um dein Haupt schmiegt?

oben

 Carl Adolf Lorenz
(Zum fünfzigjährigen Bestehen des Stettiner Musik-Vereins)

Ein reich Begnadeter stehst heut du vor uns,
Wo rückerinnernd sich dein Geist verliert
In lichter Jugend schaffens frohe Tage,
Da deine Hand die goldne Saat gestreut,
Der reiches Blühen, edle Frucht beschieden.
Du durftest wachsen sehen, was du gepflanzt.
Das Leben reichte dir den vollen Erntekranz.
Dein Werk, es lebt!

Wohl dämpft der Zeiten Ernst des selt'nen Festes Feier,
Doch eint noch einmal heut, verehrter Meister,
Um dich sich dankbar deiner Jünger Schar.
Du hast auf deines Genius Flügel
Zu hohem Werk sie oft in lichte Höhn entrückt,
Wo über allem Erdenstaube
Im Reich der Töne du, ein König, herrscht.
Von deiner Schulter wallt’s wie Hermelin,
Dein kleiner Taktstock wandelt sich zum Zepter,
Das sieggewohnt die treuen Scharen lenkt.
So lebt dein teures Bild in unsern Herzen,
Die du so oft zu schnell'rem Schlag entfacht,
Wenn deine Hand das Saitenspiel gerührt,
Das dir ein Gott verlieh ’n.
Dir ward dem Adler gleich ein Sonnenflug vergönnt,
Ein Auserwählter durftest du »das Licht« erschauen.

Dem Meister neigen heut sich die Getreuen.
Du lehrtest sie vom Born des Schönen schlürfen,
Erschlossest ihrem Sinn den tiefen Wunderquell.
Nun lebt in ihnen deines Lebens Werk,
Ein immergrüner Baum,
Dem Kind und Enkel treue Hüter werden.

oben

 An Karla König

Durch Feuer bist du schritten,
Die Brust ohn Panzerhemd,
Von Lohe heiß umstritten.
Kein Schmerzen blieb dir fremd.

Nun glühn der Leier Saiten
Dir wie im Purpurbrand,
Lässt du darüber gleiten
Die leise, weiße Hand.

Tauchst du sie in die Fluten,
Zu kühlen brennend Weh,
Vermählen heiße Gluten
Sich nächtig kühlem See.

Der schmückt wild überschäumend
Mit Perlen deinen Leib.
Und suchend, sehnend, träumend
Wardst du ein wissend Weib.

Geglüht ward deine Leier
Zu Gold im Feuerbrand,
Doch nächtig hüllt ein Schleier
Dir deiner Sehnsucht Land.

Nun schluchze deine Lieder,
Zieh sonnenwärts die Bahn!
Rot Mut auf dem Gefieder,
Flieg an, mein junger Schwan!

oben

 Professor Dr. Bresina und Frau
Zur goldenen Hochzeit

Das war ein köstlich Wandern
Durch fünfzig lange Jahr,
Wo treulich Eins dem Andern
Genoss und Stütze war

Das war ein mutig Wandern
Durch Lenz und Winterschnee.
Der Eine reich im Andern
In Erdenglück und -Weh.

Das war ein gläubig Wandern!
War steinig mal das Feld,
Hat Eines mit dem Andern
Sein Sorg auf Gott gestellt.

Das war ein fröhlich wandern!
Frau Sonne lacht ins Haus,
Schaut Einem wie dem Andern
So hell zum Aug hinaus.

Das war ein reiches Wandern,
In Kindern Ihr erneut,
Blühn Einem mit dem Andern
Großelternfreuden heut.

Das war ein gutes Wandern
Auf weitem Ackerland,
Wo Ihr Zwei jedem Andern
Gereicht die Bruderhand.

War ein begnadet Wandern!
Gott selbst schenkt Euch den Preis
Und segnet Eins im Andern
Mit goldnem Myrtenreis.

oben

 Einem lieben Freunde Dank
(Herrn R. G., als er mir eine Konzertkarte schickte)

Ich rang mit grauen Alltags Sorgen,
Im Schatten froren Herz und Sinn.
Da flog durch herbstlich trüben Morgen
Dein freundlich Grüßen zu mir hin.

Dein liebes Wort wirkt hohen Zauber,
Licht ward‘s um mich, der Nebel wich,
Dein winzig Kärtchen, grün und sauber,
Es ward zum Talisman für mich.

Es öffnet mir geweihte Pforten
Zu hehrer Gottheit Tempelbau;
Und meine Kniee beugt ich dorten
Vor Musika, der hohen Frau.

Sie führte mich auf lichten Pfaden
Zu reinster Schönheit Höhenluft,
Es durfte sich die Seele baden,
Befreit aus grauer werktags Gruft.

Was ich empfing, lass dir mich danken!
Wie Segen goss sich’s auf mich aus.
Lass meine Wünsche nun umranken
Mit warmem Gruß dich und dein Haus.



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Textgrundlage: "Dornenkinder", Gedichte von Hildegard Voigt - Dem Gedächtnis einer lieben Seele,
 Norddeutscher Verlag für Literatur und Kunst, Stettin, hergestellt in der Grafischen Kunstanstalt
von M. Bauchwitz, Stettin. - Original von Princton University – Digitized by Google


Einem Freund
, S. 40  - Carl Adam Lorenz, S. 41  - An Karla König, S. 42,
Professor Dr. Bresina und Frau, S. 43  -  Einem lieben Freunde Dank, S. 44


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