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04.2
Politische Gedichte
Karl Frohme
______________________
Solon und
Krösus
Sieh
diese Schätze! Zum Entzücken,
Fremdling,
leuchten sie den Blicken,
Zeigt
dein Athen ein Gleiches auf?
Fürwahr,
ich bin zum Glück erkoren,
Der
Glücklichste, der je geboren
Im
wechselvollen Zeitenlauf.
So
sprach zu Solon, Athens Weisen,
Der
zu ihm kam auf weiten Reisen,
Krösos,
Lydiens stolzer Herr.
Doch
in den glanzerfüllten Räumen
Steht
jener wie in stillen Träumen,
Kalt
läßt die Pracht ihn ringsumher.
Dann
spricht er: „Wahres Glück, o König,
Macht
sich kein Reichtum untertänig,
Such
es in deinen Schätzen nicht.
Laß
dich von ihnen nicht betören,
Du
kannst das Schicksal nicht beschwören —
Wie
leicht, daß es solch Glück zerbricht!"
Der König hört
es mit Erstaunen:
„Ich
fürchte nicht des Schicksals Launen,
Mein
Glück schätz' ich unwandelbar.
Doch
sag', wen willst du glücklich nennen?
Bis
heute lernt' ich keinen kennen,
Dem
so wie mir es gütig war.“
Darauf
entgegnet ihm der Weise:
„Der
Erste, den ich glücklich preise.
Er
wandelt im Elysium,
Ein
Mann in wahrer Tugendschöne,
Der
Vater wohlgerat'ner Söhne
Zur
Zierde Athens Bürgertum.
Er
fand den Tod im Heldenstreite,
Der
von der Dorier Macht befreite
Das
schwer geprüfte Vaterland.
Sein
Angedenken lebt in Ehren,
In
Simonides Heldenchören
Ist
Tellus Name mitgenannt.“
„Darum
will ich ihn nicht beneiden,
O,
wahrlich, Solon, sehr bescheiden
Sprichst
du von eines Menschen Glück!
Hast
sonst du keinen mehr gefunden,
Von
dem du könntest mir bekunden
Ein
neidenswerteres Geschick?“
„Wohl,
König, hab' in meinem Leben
Ich
viel der Mühe mir gegeben,
Die
Auserwählten zu erspäh'n.
Da
habe ich denn außer jenen
Im
großen Volke der Hellenen
Nur
noch Zwei Glückliche geseh'n.
Zwei
Brüder, noch im Glanz der Jugend,
Geschmückt
mit jeder hohen Tugend,
Die
Söhne einer Priesterin,
Bito
und Kleobis. Beneiden
Darfst
du, o König, diese beiden
Um
einer edlen Tat Gewinn.
Einst
mußte zu den Tempelhallen
In
Argos Stadt die Mutter wallen,
Es
rief sie ihre heil'ge Pflicht.
Doch
das Gespann geweihter Stiere,
Das
sie wie sonst zum Tempel führe,
Erschien
an diesem Tage nicht.
Da
spannten sich die beiden Brüder
Selbst
in das Joch und zogen nieder
Die
Mutter hin zum Opferherd,
Und
die erflehte dann zum Lohne
Den
Söhnen alles Glückes Krone,
Das
Beste, was den Menschen wert.
Als
sie ihr heilig Werk vollendet
Und
sich dem Opfer abgewendet,
Da
sieht sie unten am Altar
Von
einem Glorienschein umflossen,
Einander
haltend fest umschlossen,
Entseelt
das treue Brüderpaar.
Tod
war ihr Lohn. Die Götter hatten
Sie
schnell versammelt zu den Schatten
In
der Sel'gen Paradies.
Den
Leiden dieser Welt entronnen,
Genießen
sie Elysiums Wonnen —
Gibt
es ein größer‘ Glück als dies?“
Spott
künden da des Königs Blicke,
Er
höhnt: „Sprich nicht von dem Geschicke,
Das
uns den Lebenden entrückt.
Die
Toten, Solon, laß in Frieden,
Nenn
mir den Glücklichsten hinieden,
Den
hoch der Götter Huld beglückt.“
Er
forscht im Antlitz seines Gastes,
Indes
die Hallen des Palastes
Purpurn
erglühn im Abendrot.
Wehmütig
lächelnd mahnt der Weise:
„Bei
diesem Licht, o König, preise
Nicht
einen glücklich vor dem Tod!“
zurück
„O Solon, Solon, Solon!“
Sardes,
das stolze, war schmachvoll
gefallen
Vor
des gewalt'gen Kyros kriegerischer Macht,
In
Trümmern lag die Königsburg mit ihren Hallen,
Beraubt
der Schätze, all der reichen Pracht,
Die
einst des Krösos Sinn so ganz bezwangen
Mit
ihrem trügerischen Schein,
Daß
er sich in dem schlimmen Wahn verfangen,
Der Menschen glücklichster
zu sein.
Er,
der des Solons Lehren Hohn gesprochen,
Wie
elend ist er nun! wie tief in Qual und Not!
Der Sieger hat
ihm Thron und Glück zerbrochen
Und
führt ihn nach des Siegers Recht zum Tod.
Krösos,
der „Glückliche“! gestürzt, entehrt, gerichtet
Im
wechselvollen Zeitenlauf.
Der
Scheiterhaufen ist für ihn geschichtet
Und
rohe Schergen Zwingen ihn hinauf,
Die
Fackel glüht in mordgewohnten Händen,
Ein
Wink des Kyros und sie fährt ins Holz—
In
Flammen soll der Lydier König enden.
O
Krösos, wo ist nun dein Stolz!
Die
Sonne sinkt und es umfluten
Noch
einmal ihn, der so dem Tod geweiht,
Des
ewigen Lichtes milde Purpurgluten,
Ein
schmerzlich Mahnen an vergangene Zeit.
Er
sieht sich wieder an des Weisen Seite,
Inmitten
seiner Schätze, seines Glücks,
Und
einen Wehruf schickt er in die Weite,
Das
Urteil siegelnd rächenden Geschicks:
„O
Solon, Solon, Solon!“
zurück
Freie Bauern
Herzog Gerhard
aus
den Holstengauen
Kam
gezogen mit viel reis'gem Troß,
Wollte
auf der Dithmarsch freiem Boden
Sich
erbau'n ein stolzes Herrscherschloß.
Höhnend
sprach er: „Diese blöden Bauern
Woll'n
mir trotzen? Ist mir eben recht!
Ei,
so will ich sie einmal belehren,
Daß
Gehorsam üben ziemt dem Knecht.“
Doch
die freien Bauern trutzig sprachen:
Komm'
er nur! So lang noch eine Hand
Es
vermag Streitaxt und Schwert zu führen,
Wird
er nimmer Herr in unserm Land.
Also
taten sie sich schnell zusammen,
Nahmen
statt des Grabscheits Axt und Schwert,
Haben
damit leicht den Feind bezwungen
Und
der Fürstenschaft Respekt gelehrt.
Hei,
wie mußten da die Junker springen!
An
die tausend lagen da im Blut,
Gerhard
selbst mußt' mit dem Leben büßen
Sein
Gelüst nach freier Bauern Gut.
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