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04.2
Politische Gedichte
Georg Herwegh
Heidenlied
Wie
lebten doch die Heiden
So
herrlich und so froh!
Das
war ein Volk von Seiden,
Wir
sind ein Volk von Stroh;
Entführt
ein Ochs ein schönes Kind
Zuweilen
auch – doch glaubet mir:
Die
Heiden waren nicht so blind
Nicht
halb so blind, als wir.
Die
Heiden, ’s ist doch schade
Um
solch ingenium;
Sie
hießen Vier gerade
Und
nahmen Fünf für krumm;
Auch
hatt’ die Jungfernschaft ein End’,
Sobald
die Magd ein Kind gebar,
Dieweil
das Neue Testament
Noch
nicht erfunden war.
Sie
taten, was sie mochten,
Die
Freiheit war enorm;
Sie
siegten, wenn sie fochten,
Auch
ohne Uniform;
Sie
hatten keine Polizei
Und
tranken lieber Wein, als Bier.
Wie
waren doch die Heiden frei,
Die
Heiden! – aber Ihr?
Und
von Achill und Hektor,
Wie’s
im Homerus steht,
Bis
zu dem letzten Rektor
Der
Universität,
Da
gab’s kein Buch in ganz Athen –
O
schreckliche Verworfenheit!
Man
wurde vom Spazierengeh’n
Und
von der Luft gescheit.
Wie
wussten sie die Tatzen
Den
Pfaffen abzuhau’n!
Die
durften nur nach Spatzen,
Nicht
nach den Weibern schau’n;
Den
Prinzen gar erging es schlecht,
Die
fanden kaum ein Nachtquartier;
Wie
hatten doch die Heiden Recht,
Die
Heiden! – aber Ihr?
Die
Heiden, ach! die Heiden,
Die
keine Christen sind,
Sie
spinnen doch die Seiden
Für
manch’ ein Christenkind;
Drum
lebe hoch das Heidenpack
Und
jeder ächte Heldenstrick,
Homerus
mit dem Bettelsack
Und
ihre Republik!
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