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"Verzweiflung",
Ludwig Meidner
(Ausschnitt), 1914, "Ludwig
Meidner Archiv, Jüdisches Museum
der Stadt Frankfurt a. M.
04.3
Aus den Tagebüchern
Georg Heym
Fünftes
Tagebuch
Fünftes
Tagebuch
Tagebuch
des Georg Heym.
Der
nicht den Weg weiß.
10.12.11.
Ich
glaube wohl: In 300 Jahren werden die Menschen sich
an den Kopf fassen, wenn sie unsere Leben sehen. Sie werden sich
wahrhaftig
fragen, wie die Günther. Lenz. Kleist. Grabbe. Hölderlin. Lenau, die
Hoddis,
Heym, Frank überhaupt soweit durchgekommen sind. Und wie es für diese
Naturen,
(die zu anständig waren, um zu compromißlern, wie die Göthe, Rilke,
George etc)
in dieser trüben und vor Wahnsinn knallenden Zeit überhaupt noch
möglich war,
sich durchzuschlagen. Der Jentzsch wird wohl auch bald seinen Compromiß
abgeschlossen haben.
Verstreute
Tagebuchaufzeichnungen
Dezember
1911
Wundervoll.
Gespräch mit meiner Mutter über meine Kunst:
Meine
Mutter: „Du hast keine edle Seele. Sowas kann ich
nicht lesen. Wer wird denn so etwas lesen. Edle und zarte Seelen kaufen
doch so
was nicht.“ – – –
Meine
Einwände . . . . „Aber, Georgel, Goethe und
Schiller, haben doch auch anders gedichtet. Warum schreibst Du denn
nicht im
›Daheim‹ oder in der ›Gartenlaube‹.“
Schließlich
habe ich ihr versprechen müssen, jetzt edle
und zarte Gedichte zu machen.
20.12.11.
Größe
ohne Schlechtigkeit nicht denkbar. Ja. Was heißt
aber Schlechtigkeit. – Wahrscheinlich giebt es überhaupt keinen
allgemeinen
Maßstab außer dem aesthetischen. Und auch dieser ist nicht vollständig,
da er
den Menschen immer als ganzes zu sehen gewohnt ist. Erst wenn man sich
daran
gewöhnt hat, überhaupt
nicht mehr Maßstäbe anzulegen, – wird man einen richtigen Standpunkt
für den
Aspect des Menschlichen gewinnen. Erst wenn man sagt, alles, was
geschieht muß
geschehen; Jede Handlung ist absolut notwendig, eine Verantwortung gibt
es
nicht, und auch die vor dem Forum der Aestetik ist eine Ungerechtigkeit
und
eine atavistische Voraussetzung, wird man eine gewisse Ruhe der
Auffassung
erreicht haben –
Niemand
denkt soviel über sich nach, wie ich.
Niemand
beurteilt sich vielleicht so falsch.
Das
Meer ist sehr kalt.
Und
frierend.
(eine
unleserliche Zeile)
Ich
bin in einen Hausflur
getreten.
Ich
habe (unl.
Wort) beleidigt
Ich
habe einen Retter gesehen (unl. Wort)
Wesenlosen
Teurer
Golo. Ich bin sehr stark und sehr schwach. Ich
quäle mich. Ich leide an Selbstqual. Ich habe die Zeit, nachdem ich mit
dem
Professor handelseinig. – Ich habe ein Bad genommen, teils um vor mir
selbst zu
prahlen. Die Fische
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