Das Buch
der
Dreizehn Erzählungen
Ernst
Schur
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Zwei
Sänftenträger - ein Fächer und ein
Wanderer als
Sinnbild der vergänglichen Welt
- In Stationen der Landstraße
Von
der Höhe des Hügels
sieht man direkt in die Stadt hinunter. Zwei Sänftenträger kommen
keuchend oben
an. Beim Herabsteigen wählen sie die unebensten Stellen. Die Tragbahre
befindet
sich in einer immer wechselnden, ewig schiefen Lage. Der Insasse, sehr
wohlbeleibt, kommt nicht zur Ruhe, kann
den Ausblick von oben ins Thal nicht genießen.
Gegen
die Vorwürfe des
Herrn, der ein Fremder zu sein scheint, verteidigen sich die
Sänftenträger mit
komischem Ernst, schimpfen auf die schlechten Straßen, auf das
Ungeschick des
Laternenträgers, der voran geht.
Schon
das dritte Tuch zieht
der Dicke aus dem Gürtel und trocknet sein Gesicht. Gravitätisch
stolziert ein
vierter Geselle nebenbei, mit stoischer Miene fächelt er unaufhörlich
das Opfer
Die
Träger erzählen sich
die fernliegendsten Dinge, brechen über das Unschuldigste von der Welt
in ein
schallendes Lachen aus, das nicht endet. Um wenigstens Veranlassung zum
Lachen
zu haben. Die Folge ist, daß der eben beruhigte Herr wieder mißtrauisch
zu
werden beginnt.
So
stolpert die
Gesellschaft den Abhang hinab. Der Dicke verflucht alle Straßen und
alle
Sänftenträger. Der Wanderer, der zufällig des Weges kommt, muß
unwillkürlich in
das Gelächter mit einstimmen, schon von Ferne hat er es durch das
Dickicht des Waldes
gehört, ehe er die komische Scene zu Gesicht bekam.
„Du
schwimmst wie der Mond
in den Wolken, drei Monate hast du dich wohl dick gefressen“. Das
citiert der
Wandrer während des Vorübergehens in würdevollem Ton vor sich hin. Die
Träger
verstehen ihn, ein erneutes Lachen folgt. Der Dicke kollert, die Sänfte
kollert. Die Träger kollern.
Schließlich
fährt der
Gepeinigte den ernsten Mann, der gravitätisch nebenher schreitet und
ihn
fächelt, an und verbittet sich diese Belästigung.
Der
Wald lichtet sich.
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