ch
bin
einsam. Es ist kühl. Mich fröstelt. — Ich blicke um mich und erschaure:
ein
fremdes Land. Ich kenne es nicht. Weit und unendlich sind seine
Grenzen. Düster
ist die Nacht, die es umfangen hält. Ich lausche hinaus. Mir ist, als
gleite
ich dahin und führe immer weiter, und keinen Einhalt kann ich
gebieten.
Dahin geht es auf reißendem Strom. Die Wellen höre ich schlagen. Immer
weiter,
kein Halt. — Wohin? Ich weiß es nicht! — So lebt wohl!
So
lebt wohl, ich fahre dahin. Meine Hände sind gefesselt und meine Lippen
sind
stumm. Meine Augen sehen weithin und gewöhnen sich an das Dunkel. Denn
Dunkelheit umgibt mich und das Licht ist ferne. Trübe Schatten
umschweben mich
und die Fittiche unsichtbarer Sorgen streifen mich unaufhörlich.
Doch wie
ich auch bange, ich fahre dahin auf dem Strom, gefangen sitzt meine
Seele und
ihre Schwingen sind gefesselt.
acht
—
Und die Nacht ist voller Gestalten. Das Gewesene steigt herauf und
huscht
ängstlich und drohend. Das Zukünftige kommt und bittet und fleht.
Lauter
unheimliche Gesichter um mich. Und nur die Gegenwart darf nicht leben.
Es ist
Nacht. Eine harte, unerbittliche Notwendigkeit hat alles Sein in
Dunkelheit
gestürzt. Stundenlang sitze ich so und bohre mich mit den Augen ins
Dunkle und
warte. Und alle Hoffnung ist von mir genommen, alles Tun ist mir
genommen. Und
plötzlich weiß ich wieder, ich fahre dahin, ich bin nicht hier. Auf
einem
dunklen Strom gleite ich ins Dunkle. Betrachte die Gegenwart wie Ufer,
die an
mir vorübergleiten und lausche dem Raunen. Die Gegenwart ist über mir
zusammengestürzt und zerborsten und was ich sehe, ist haltlos und
verschwimmend. Doch eine geheimnisvolle Kraft lebt hinter den wogenden
Schleiern.
Die
dunklen Ufer eilen vorbei und entschwinden. Kein Licht. Kein Laut.
Still,
stumm, traurig alles ringsum. Die dunklen Ufer entfernen sich eilends.
Die
dunklen Ufer der Gegenwart, die Vergangenheit wird. Ich lasse sie
hinter mir.
Nie wird sie wiederkehren! Doch dunkel ist ebenso die Zukunft, dunkel
wie die
Ferne, in der das sehnsüchtige Auge nichts unterscheidet, nichts
Tröstliches,
nichts Lachendes. Dunkel wie die Ferne liegt die Zukunft vor mir.
Ungewiß
werden alle Grenzen. Wie Küsten und kleine Inseln entdecke ich nur
unsicher in
mir feste Gebiete, an denen ein deutliches Erinnern mir begegnet. Ich
nähere
mich ihnen. Ich bin beglückt. Ich grüße sie. Sie kommen näher —
willkommen! Da
entschwinden sie schon— vorbei! Vorüber! Ich winke ihnen nach. Bald
habe ich
sie vergessen. Denn über mir flutet das Geschehen, das mich tollkühn
packt und
in den Wogen des Sturzbachs der Entwicklung umherschleudert. Ich lasse
es tun
und treiben. Ab und zu schreie ich auf und erwache und blicke erstaunt
um mich.
Dann überfällt mich wieder der Schlaf, und wie im Traum höre ich um
mich die
erstickten Schreie. Träumend durchlebe ich alle Zeiten und überdenke
die
Gegenwart, die mich von dannen trägt.
ich
überflutet das Geschehen, ich höre das Gurgeln des Wassers, die Wellen
raunen
und schlagen an das Ufer. Ich ahne die Nähe fremder Seelen, die mir
nahen, die
sich zu mir drängen. Eine Wolke von Seelen, die streben und drängen.
Gefesselt
sind sie und haben nur ihre Sehnsucht. Aber Sehnsucht ist Kraft;
Sehnsucht ist
Bewegung.
ie
eine
Wolke fliehender Gespenster sehe ich die Scharen der Gepeinigten.
Ruhelos
wälzen sie sich im Schlaf, immer wieder weckt sie der Wille, der in
ihnen tobt,
zu nutzlosem Beginnen. Sie folgen, aber die Ohnmacht, der Widerstand
stöhnt
schwer in ihnen. Ruhelos wälzt ihr euch im Schlaf, ich kenne euch wohl,
ihr
seid verborgen. Ihr haltet euch verborgen und schleicht still dahin.
Ruhelos
wie ich selbst, ruhelos wie die Gestirne, ruhelos wie der sinnlose Sinn
des
Weltalls.
och
die
Sterne leuchten. Wie Sterne schimmern die Hoffnungen. Irgendwo im
dunklen Raum
leuchten die fernen Punkte. Ruhig und kalt ist ihre Pracht. Stumm ist
ihr
glitzerndes Prangen. Sie sind tot. Und auch die Seele ist bald tot.
Aufgehend,
absteigend will sie sich erlösen, um frei zu sein von den Fesseln. Aber
überall
stößt sie sich an Wände, die sich ihr entgegenstellen.
nd
sie
läßt die Hände sinken und sitzt und lauscht. Versinkt in sich und
lauscht den
flutenden Wassern. Nacht deckt das Land. Die Sehnsucht wird frei. In
einem
tiefen Aufatmen liegt ein Vergessen. Gefangen sind die Seelen, gefangen
und
gefesselt . . . Und die Sterne leuchten!
|