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Literatur


04.2



Märchen der Völker

Stefan Mart
 

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Kapitel XX - Heimkehr und Ende
Spanischer Ritterroman nach Miguel Cervantes

- "Ich schwitze wie ein Braten, wenn ich an den explodierten 'Holzzapfen, den Flüchtigen' denke!" brummte Sancho Pansa. Aber die scherzhaften Äußerungen seines Knappen konnten Don Quixote kein Lächeln entlocken. Nach der Verhöhnung im Schlosse des Herzogs konnte der Ritter seines Lebens nicht mehr froh werden; er begann, an sich zu zweifeln, und sein Mut schwand mehr und mehr dahin. So geschah es denn, daß seine Kampfeslust, die bisher bei jeder Gelegenheit gleich einer züngelnden Flamme in ihm emporloderte, sich nicht regte beim Anblick eines Ritters, der ihm auf feurigem Rosse aus einem Waldhang entgegengaloppierte. Dieser Ritter trug einen weißglänzenden Mond in seinem Schilde. - Es war Carrasca, der sich, dieses Mal besser ausgerüstet, aufgemacht hatte, um mit neuer List unseren Landedelmann zu seinen Angehörigen zurückzuholen. - "Ich bin der Ritter vom weißen Monde!" sprach er heranreitend den traurigen Don Quixote an, "und verlange von Euch das Bekenntnis, daß meine Dame unvergleichlich schöner sei, als die Eure, die Ihr Dulcinea von Toboso nennt!" Da Don Quixote von la Mancha sich weigerte, dieses zu bekennen, gab es einen kurzen Kampf, den, dank seines besseren Pferdes, Carrasca gewann. Der Besiegte mußte sich nun auf Ritterehre verpflichten, unverzüglich in sein Heimatdorf zurückzukehren. - Zu Hause angekommen wurde Don Quixote von seiner Nichte und den anderen Hausangestellten mit ehrlicher Freude begrüßt. Nach den Erzählungen seiner Abenteuer lud ihn schließlich die Haushälterin ein, sich zu Tische zu setzen und ein tüchtiges Nachtessen einzunehmen. - "Nein, gute Frau. ich weiß besser, was mir frommt", erwiderte Don Quixote schwermütig. "Bringt mich zu Bette; denn mich dünkt, daß mir gar nicht wohl ist." - Um Mitternacht erhob sich der Ritter auf seinem Pfühl, ein Fieber schüttelte ihn. Noch einmal reckte der kranke Ritter seine langen Arme, als sei er mitten im Kampfgewühl. Er besiegte alles, was ihm in seinem Fieberwahn entgegenkam. Schließlich verbeugte er sich mit verklärtem Angesicht und nahm aus schöner Frauen Hände goldene Lorbeerkränze, mit denen er sich schmückte. In einem Rausch, als höre er Glocken und Jubelhymnen tönen, entfloh seine Seele leicht wie ein Hauch. Unter Tränen wurde er begraben, und Carrasca setzte ihm folgende Inschrift auf sein Grab:

"Hier liegt der tapfere Held, Ritter Don Quixote von la Mancha, der alles besiegen konnte, nur nicht den Tod!"



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