|
|
|
|
|
lifedays-seite
moment
in time
|
|
|
Märchen
der Völker
Stefan Mart
Das ist Erfolg!
______________________
Siebente
Seite - Im dunklen Erdteil
Modernes atlantisches Märchen
Mit
großen Augen verfolgten die Dorfbewohner die Landung des seltsamen
Fahrzeugs. Frank stellte sich, Florian und 'Old Pluster' höflich vor.
Die Erwachsenen wunderten sich über das seetüchtige Schrottauto, die
Kinder aber mehr über Florian. Es gab ein großes Gekicher: "Was, das
ist ein Hündchen? mit seinem blonden Wuschelkopf sieht es eher aus wie
eine amerikanische Lady, hihi, haha!" Mit viel Hallo und Gelächter
wurden "Mister Frank and Miss Florian" nun unverzüglich ins Dorf
geführt. Und richtig, - dort gab es für sie auch das ersehnte
Frühstück. Es bestand aus gekochter Hirse mit reichlich frischer Milch,
Zuckerrohrsirup und Erdnußbutter. Zwar wurde es nicht auf Luxustabletts
serviert wie jenseits des Atlantiks, doch ebenfalls auf Picknickart,
denn nach afrikanischer Sitte spielte sich die Speisung der Gäste
öffentlich unter freiem Himmel ab. "Speisung" ist das rechte Wort: aus
allen Ecken des Dorfes kamen die neugierigen Hausfrauen gelaufen mit
Schüsseln und Töpfen voll Leckerbissen, so daß sich das Mahl immer mehr
in die Länge zog und zu einem kleinen Fest wurde. Frank hatte den
ganzen Vormittag Gelegenheit, sich über seine Gastgeber zu wundern und
- als Revanche für ihr Gelächter über Florian - zu amüsieren. Er wußte
aus der Schule, daß viele Liberianer freigelassene amerikanischen
Negersklaven waren oder von ihnen abstammten. Und tatsächlich, einige
feinere Herrschaften, die der Dorfpastor über Buschtelefon
herbeigerufen hatte, gaben sich ganz anglo-amerikanisch. Die Ladies
stolzierten in modischen weißen Hängekleidern einher,
zigarettenrauchend und mit Sonnenschirmen, die Gentlemen trugen
Strohhüte und Spazierstöckchen. Einer war sogar im hochelegant
gestreiften Morgenfrack mit dunkelgrauem Zylinder erschienen, worüber
die anderen sich lustig machten. Lauthals lachend schwenkten sie ihre
Stöckchen und tanzten um ihn herum. Überhaupt war jeder zweite Schritt,
den jemand tat, ein Tanzschritt. - Als der Gentleman mit dem
Zylinderhut sich bei Frank nach seinen Plänen erkundigte, kam dieser
sich vor wie ein erfahrener Weltreisender und sagte leichthin etwas von
einer Saharadurchquerung. Daraufhin bot der Gentleman seine Hilfe bei
der Beschaffung von Benzin und Proviant an; allerdings wollte er dafür
mitgenommen werden. "Er wird es eilig haben, nach Europa zum
Pferderennen zu kommen, nach Ascot oder Baden-Baden, so wie er
angezogen ist", dachte Frank satirisch, setzte dann aber philosophisch
hinzu "Fernweh ist unüberwindlich und kann jeden packen." Die Wüste war
gleich dem Meere schon immer Franks Sehnsucht gewesen. Also auf in die
Sahara, da die Gelegenheit sich bot! Das Auto wurde in Stand gesetzt
und fort ging die Reise mit dem zylindertragenden Gentleman auf dem
Rücksitz durch Samory,
Segu und das Land Massin; hier setzten sie über den Majo Balleo und
waren dann am südlichen Rande der Sahara angelangt. Aus einer Oase kam
ihnen hier ein uralter Musulman entgegen, der in der einen Hand einen
Wanderstab, in der andern aber eine große Kanne Benzin trug. - Was in
aller Welt gibt es doch für wunderliche Zufälle! Woher wußte dieser
Alte, daß "Old Pluster" neuen Betriebsstoff brauchte? Frank sah sich
den verwitterten Beduinen näher an und glaubte schon "Ahasver", den
ewigen Wanderer, vor sich zu sehen, der seit Jahrtausenden durch den
Sand zog. Dieser Greis mußte mit den Geheimnissen der Wüste vertraut
sein. - "Gibt es hier eine besondere Sehenswürdigkeit, die nicht schon
jeder Afrikareisende geschaut hat?" fragte Frank den Musulman. Dieser
setzte sich mit gekreuzten Beinen nieder und erzählte von dem "Zauber
der Sahara". - "Dort drüben, inmitten der weiten Wüste," hub er mit
gebrochener Stimme an, "wo sich die Sonne von der Erde hebt, liegt eine
Stadt aus Marmor, Gold und Diamanten. Die Fata-Morgana hat sie oft
gezeigt. Beherrscht von einer jungen Königin von sammetschwarzer Haut,
wie sie ein Menschenauge nie gesehen, ist diese Stadt das heilige Idol
der Wüste. Schon mancher wollte sie erreichen. Umsonst! Noch keiner
konnte die Gefahren zwingen."
|
lifedays-seite
- moment in time |
|
|
|
|
|
|
|