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04.3
Märchen der
Völker
Stefan Mart
Vorwort
und
Quellen zu Bobby Box
"Möchte
doch die Welt sein, wie ich
sie mir einst in meinem kindlichen Gemüt vorstellte!" Als ich noch ein
Junge war, lief ich oft stundenlang, um in irgendeinem Schaufenster
farbige Bilderbogen zu betrachten. Dann hüpfte mein Herz vor Freude bei
dem bunten Durcheinander. Ich sah lustige Gestalten: Soldaten,
Stierkämpfer, rauchende Frösche und lachende Pagoden. Hier zog ein
zauberisch kleines Wesen, im Gefieder einer blauen Schwalbe sitzend,
durch eine grüne Landschaft, - dort pustete ein langer Eisenbahnzug
durch einen Tunnel; - aber ein dicker, in goldbordürter Uniform
steckender Kapitän, der breitspurig auf seinem fröhlich bewimpelten
Dreimaster stand, hatte es mir besonders angetan. Er nahm mich mit.
Sein Schiff entführte mich weit über ein blaues Meer in eine
fremdländische Welt. - Eine laue Salzwasserbrise. untermischt mit
leichtem Teergeruch, zog über mein Gesicht. Die See rauschte. Der
Kapitän stand neben mir auf den Schiffsplanken; sein Gesicht war
rotgebräunt wie Zedernholz. Wir kamen an weißleuchtenden Inseln vorbei
mit wehenden Palmen, sahen Affen Johannisbrot knabbern, Neger mit
goldenen Nasen- und Ohrringen, schreiende Papageien und blinzelnde
Krokodile. An einer dieser vielen Inseln stiegen wir aus. Das war
wirklich zum Tollwerden schön! Wunderliche Schmetterlinge mit
metallischen Flügeln flatterten, smaragdene Eidechsen lagen wie
Perlenschnüre in bunter Blumenpracht, Paradiesvögel und samtene
Kolibris in unglaublichen Farben und groteskem Federschmuck schwebten
über uns. Wir zogen durch einen Urwald, aus dessen Lianen feurigrote
Orchideen leuchteten. - Mein Freund, der Kapitän, war hier bekannt. Ein
eigenartiges Volk von kleinen Käuzen, die Köpfe hatten wie Salamander,
nahm uns in Empfang. Diese führten uns unter hängende Baumwurzeln; dann
ging es durch dunkle unterirdische Gänge bis zu den verborgensten
Gebeimnissen der Erde. Hier im Innersten des Erdreichs sahen wir in
unbestimmtem Licht die gewaltigen Bauten versunkener Städte, die einst
unter strahlender Sonne von mächtigen Königen beherrscht wurden. - Als
wir wieder emporstiegen, war es klare Nacht. Der Kapitän gab mir sein
Fernrohr in die Hand, richtete es zu den Sternen und sagte: "Schau
hindurch, die Welt ist noch schöner, als du sie dir träumen läßt!" Beim
Anblick der Gestirne in ihrer Allmacht war es mir, als zöge es mich
mächtig hinauf. Schnell sprangen wir auf unser Schiff ich durfte ans
Steuerrad; und nun lenkte ich den Dreimaster aus dem Wasser heraus in
das nächtliche Luftmeer.
-
Warum
sollten die vom Winde hoch geblähten Segel das Schiff nicht auch in die
Luft
hineintragen? Immer höher ging es, am Monde vorbei, die glitzernde
Milchstraße
entlang durch die unzähligen Wunder des Weltalls. Mein Kapitän, der
alte
Salzbär, war mit mir zufrieden.
- Eine Ohrfeige brachte mich jedesmal aus dem
Banne einer solchen Reise zurück in die graue, enge Welt der
Wirklichkeit,
zurück zu den kleinen Sorgen der täglichen Schularbeit! 2 mal 2 = 4.
Nicht mehr
und nicht weniger. Paß auf, daß deine Gedanken niemaIs über das
gegebene Maß
hinausgehen! Und künftighin wird es so bleiben müssen: 2 mal 2 = 4. Das
Leben
wird zu einem Rechenexempel, der Mensch zu einer Rechenmaschine! -
Immer mehr
vergaß ich das Märchen von der schönen Welt. -
Heute sind es nicht mehr die
kleinen Sorgen der Schularbeit, heute sind es die großen Sorgen des
täglichen
Lebens. - Eine innere Sehnsucht brennt in uns! Nach was? Wir wissen es
nicht;
wir haben längst vergessen, daß wir ein kindliches Gemüt haben. Es wird
Zeit,
daß wir uns darauf besinnen. - Das Leben ohne Phantasie ist kein wahres
Leben;
es ist kalt und nüchtern. Allein die Phantasie kann uns herausheben aus
dem
grauen Alltag, aus dem maschinenmäßigen Einerlei in eine ungebundene
und
befreiende Sphäre, in eine farbenprächtig freudige Welt, in eine Welt
voll
Humor und märchenhaft schöner Wunderdinge. Es heißt: Den Verstand
spazieren
führen, auf Erholung schicken, um in der berauschenden Sorgenlosigkeit
des
Unwirklichen neue und belebende Kraft zu finden für unsere Arbeit und
für das
immer mehr sich auswirkende, in seiner Bedeutung immer wichtiger
werdende
Rechenexempel: 2 mal 2 = 4. - - -
Ausspannen! - Es können ist eine Kunst.
Schlagt dieses Buch auf - und ihr könnt es!! "Möchte doch die Welt
sein, wie ich sie mir einst
in meinem kindlichen Gemüt vorstellte!" Als ich noch ein Junge war,
lief
ich oft stundenlang, um in irgendeinem Schaufenster farbige Bilderbogen
zu
betrachten. Dann hüpfte mein Herz vor Freude bei dem bunten
Durcheinander. Ich
sah lustige Gestalten: Soldaten, Stierkämpfer, rauchende Frösche und
lachende
Pagoden. Hier zog ein zauberisch kleines Wesen, im Gefieder einer
blauen
Schwalbe sitzend, durch eine grüne Landschaft, - dort pustete ein
langer
Eisenbahnzug durch einen Tunnel; - aber ein dicker, in goldbordürter
Uniform
steckender Kapitän, der breitspurig auf seinem fröhlich bewimpelten
Dreimaster
stand, hatte es mir besonders angetan. Er nahm mich mit. Sein Schiff
entführte
mich weit über ein blaues Meer in eine fremdländische Welt. - Eine laue
Salzwasserbrise. untermischt mit leichtem Teergeruch, zog über mein
Gesicht.
Die See rauschte. Der Kapitän stand neben mir auf den Schiffsplanken;
sein
Gesicht war rotgebräunt wie Zedernholz. Wir kamen an weißleuchtenden
Inseln
vorbei mit wehenden Palmen, sahen Affen Johannisbrot knabbern, Neger
mit
goldenen Nasen- und Ohrringen, schreiende Papageien und blinzelnde
Krokodile.
An einer dieser vielen Inseln stiegen wir aus. Das war wirklich zum
Tollwerden
schön! Wunderliche Schmetterlinge mit metallischen Flügeln flatterten,
smaragdene Eidechsen lagen wie Perlenschnüre in bunter Blumenpracht,
Paradiesvögel und samtene Kolibris in unglaublichen Farben und
groteskem
Federschmuck schwebten über uns. Wir zogen durch einen Urwald, aus
dessen
Lianen feurigrote Orchideen leuchteten. - Mein Freund, der Kapitän, war
hier
bekannt. Ein eigenartiges Volk von kleinen Käuzen, die Köpfe hatten wie
Salamander, nahm uns in Empfang. Diese führten uns unter hängende
Baumwurzeln;
dann ging es durch dunkle unterirdische Gänge bis zu den verborgensten
Gebeimnissen der Erde. Hier im Innersten des Erdreichs sahen wir in
unbestimmtem Licht die gewaltigen Bauten versunkener Städte, die einst
unter
strahlender Sonne von mächtigen Königen beherrscht wurden. -
Als wir wieder
emporstiegen, war es klare Nacht. Der Kapitän gab mir sein Fernrohr in
die
Hand, richtete es zu den Sternen und sagte: "Schau hindurch, die Welt
ist
noch schöner, als du sie dir träumen läßt!" Beim Anblick der Gestirne
in
ihrer Allmacht war es mir, als zöge es mich mächtig hinauf. Schnell
sprangen
wir auf unser Schiff ich durfte ans Steuerrad; und nun lenkte ich den
Dreimaster aus dem Wasser heraus in das nächtliche Luftmeer. -
Stefan
Mart, Januar 1932
Die
Quellen der Märchen
Märchen der Völker - Bilder und Worte; ein Buch, das uns
in bunter Folge von der Antike bis zur Modernen durch die erzählende
Kunst
aller Zeiten und Völker führt. - Einiges zur Orientierung:
"Sindbad der
Seefahrer" aus 1001 Nacht, Erzählungen seiner Reisen in kurzer
prägnanter
Form. -
"Don Quixote von la Mancha", eine Auswahl der Heldentaten des
unsterblichen Ritters, entnommen dem Meisterwerk des Spaniers Miguel de
Cervantes. -
"Der Dilldapp", ein deutsches Märchen, frei nach Clemens
Brentano. - "Meister Floh", eine neue Fassung nach den Motiven E. T.
A. Hoffmanns. -
"Die Galoschen des Glücks", eine Zusammenstellung aus
Andersens bekanntem Märchen. - "Huppefrosch", eine Ideenentnahme aus
dem gleichnamigen Werke des englisch-amerikanischen Dichters Edgar
Allan Poe. -
"Die drei göttlichen Brüder", einem alten Indogermanischen
Volksmärchen nacherzählt. -
Von allem der Extrakt, ohne ermüdende
Langschweifigkeiten. - - -
"Bobby Box" - "Die Chinesische
Nachtigall" - "M'sieur Bonbon"
- "Kaptain Flint" - "Das ist Erfolg!!",
sowie alle übrigen sind Originale von Stefan Mart
und werden hier zum ersten Male veröffentlicht.
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