Weihnachts-Abend
Fezziwig's Weihnachtsball
Viertes Kapitel XIII
- Der Letzte der Geister
Scrooge
eilte nach dem Fenster seines Comtoirs und schaute hinein. Es war noch
ein
Comtoir, aber nicht das seinige. Die Möbel waren nicht dieselben und
die
Gestalt in dem Stuhl war nicht die seine. Die Erscheinung zeigte nach
derselben
Richtung, wie früher.
Er
trat wieder zu ihr hin und nachsinnend, warum und wohin sie gingen,
begleitete
er sie, bis sie eine eiserne Gitterpforte erreichten. Er stand still,
um sich
vor dem Eintreten umzusehen.
Es
war ein Kirchhof. Hier also lag der Unglückliche, dessen Namen er noch
erfahren
sollte, unter der Erde. Der Ort war seiner würdig. Rings von hohen
Häusern
umgeben; überwuchert von Unkraut, entsprossen dem Tod, nicht dem Leben
der
Vegetation; vollgepfropft von zu viel Leichen; gesättigt von
übersättigtem
Genuss.
Der
Geist stand inmitten der Gräber still und wies auf eins derselben
hinab.
Scrooge näherte sich ihm zitternd. Die Erscheinung war noch ganz so wie
früher,
aber ihm war es immer, als sähe er eine neue Bedeutung in der düstern
Gestalt.
Der letzte der
Geister
„Ehe
ich mich dem Stein nähere, den Du mir zeigst“, sagte Scrooge,
„beantworte mir
eine Frage. Sind dies die Schatten der Dinge, welche sein werden, oder
nur von
denen, welche sein können?“
Immer
noch wies der Geist auf das Grab hinab, vor dem sie standen.
„Die
Wege des Menschen tragen ihr Ziel in sich“, sagte Scrooge. „Aber wenn
er einen
andern Weg einschlägt, ändert sich das Ziel. Sage, ist es so mit Dem,
was Du
mir zeigen wirst?“
Der
Geist blieb so unbeweglich, wie immer.
Scrooge
näherte sich zitternd dem Grabe, und wie er der Richtung des Fingers
folgte,
las er auf dem Stein seinen eigenen Namen.
„Ebenezer
Scrooge.“
„Bin
ich es, der auf jenem Bett lag?“ rief er, auf die Kniee sinkend.
Der
Finger wies von dem Grabe auf ihn und wieder zurück.
„Nein,
Geist, o nein!“
Der
Finger wies immer noch dorthin.
„Geist“,
rief er, sich fest an sein Gewand klammernd, „ich bin nicht mehr der
Mensch,
der ich war. Ich will ein anderer Mensch werden, als ich vor diesen
Tagen
gewesen bin. Warum zeigst Du mir dies, wenn alle Hoffnung vorüber ist?“
Zum
ersten Male schien die Hand zu zittern.
„Guter
Geist“, fuhr er fort, „Dein eigenes Herz bittet für mich und
bemitleidet mich.
Sage mir, dass ich durch ein verändertes Leben die Schatten, welche Du
mir
gezeigt hast, ändern kann!“
Die
gütige Hand zitterte.
„Ich
will Weihnachten in meinem Herzen ehren und versuchen es zu feiern. Ich
will in
der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft leben. Die Geister von
allen
Dreien sollen in mir wirken. Ich will mein Herz nicht ihren Lehren
verschließen. O, sage mir, dass ich die Schrift auf diesem Steine
weglöschen
kann.“
In
seiner Angst ergriff er die gespenstige Hand. Sie versuchte sich von
ihm
loszumachen, aber er war stark in seinem Flehen und hielt sie fest. Der
Geist,
noch stärker, stieß ihn zurück.
Wie
er seine Hände zu einem letzten Flehen um Änderung seines Schicksals in
die
Höhe hielt, sah er die Erscheinung sich verändern. Sie wurde kleiner
und
kleiner und schwand zu einer Bettpfoste zusammen.