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04.2
Literarische Epochen
Verzeichnis der literarischen Epochen
Deutscher Barock
- Angelus Silesius -
*****
Epigramme
Gott
lebt nicht ohne mich
Ich
weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nun kann leben,
Werd'
ich zunicht', er muß von Not den Geist aufgeben.
Gott
ergreift man nicht
Gott
ist ein lauter Nichts, ihn rührt kein Nun noch Hier:
Je
mehr du nach ihm greifst, je mehr entwird er dir.
Der
Mensch ist Ewigkeit
Ich
selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse
Und
mich in Gott und Gott in mich zusammenfasse.
Ein
Abgrund ruft dem andern
Der
Abgrund meines Geists ruft immer mit Geschrei
Den
Abgrund Gottes an: Sag, welcher tiefer sei ?
Das
Bildnis Gottes
Ich
trage Gottes Bild: Wenn er sich will besehn,
So
kann es nur in mir, und wer mir gleicht, geschehn.
Die
Gottheit ist ein Nichts
Die
zarte Gottheit ist ein Nicht und Übernichts:
Wer
nichts in allem sieht, Mensch, glaube, dieser sieht's.
Man
weiß nicht, was man ist
Ich
weiß nicht, was ich bin. Ich bin nicht, was ich weiß:
Ein
Ding und nicht ein Ding: Ein Tüpfchen und ein Kreis.
Du
mußt, was Gott ist, sein
Soll
ich mein letztes End und ersten Anfang finden,
So
muß ich mich in Gott und Gott in mir ergründen.
Und
werden das, was Er: Ich muß ein Schein im Schein,
Ich
muß ein Wort im Wort, ein Gott im Gotte sein.
Erheb
dich über dich!
Der
Mensch, der seinen Geist nicht über sich erhebt,
Der
ist nicht wert, daß er im Menschenstande lebt.
Zufall
und Wesen
Mensch
werde wesentlich: Denn wann die Welt vergeht.
So
fällt der Zufall weg, das Wesen, das besteht.
Dein
Kerker bist du selbst
Die
Welt, die hält dich nicht, du selber bist die Welt,
Die
dich in dir mit dir so stark gefangen hält.
Wer
in dem Wirken ruht
Der
Weise, welcher sich hat über sich gebracht,
Der
ruhet, wann er läuft, und wirkt, wenn er betracht.
Die
Unruh kommt von dir
Nichts
ist, dirs dich bewegt, du selber bist das Rad,
Das
aus sich selbsten läuft und keine Ruhe hat.
Sei
mehr als ein Mensch
Erkenne
selber dich. Wer sich erkennen kann,
Trifft
inner sich oft mehr als einen Menschen an.
Ohne
warum
Die
Ros' ist ohn warum, sie blühet, weil sie blühet,
Sie
acht' nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.
Der
Geist ist wie das Wesen
Mein
Geist ist wie ein Sein: Er ahnt dem Wesen nach,
Von
dem er urgestand und anfangs aufgebrach.
Jetzt
mußt du blühen
Blüh
auf, gefrorner Christ, der Mai ist für der Tür:
Du
bleibest ewig tot, blühst du nicht jetzt und hier.
Das
Große ist im Kleinen verborgen
Der
Umkreis ist im Punkt, im Samen liegt die Frucht,
Gott
in der Welt: Wie klug ist, der ihn drinne sucht!
Das
Innere bedarf nicht des Äußeren
Wer
seine Sinnen hat ins Innere gebracht,
Der
hört, was man nicht redt, und siehet in der Nacht.
Eines
offenbart alles
Wer
die Natur der Ding und Sachen will ergründen:
Kennt
alle, kann er recht die Tür zu einem finden.
Eines
so alt als das andere
Nichts
wird, nicht ist, nicht bleibt im Himmel und auf Erden,
Als
diese Zwei: Das ein ist Tun, das andre Werden.
Beschluß
Freund,
es ist auch genug. Im Fall du mehr willst lesen,
So
geh und werde selbst die Schrift und selbst das Wesen.
oben
________________________________________________
Textgrundlage: Epigramme
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