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Literatur

04.2


Gedichte

Balcke Ernst




Ich fühle wohl, in mir sind große Dinge,
die,ungeboren noch der Lösung harren,
gib Gott, daß sie zu geben mir gelinge,
bevor sie mich in ihre Erde scharren.

Willst, Gott, Du, das ich jung an Jahren scheide,
reiche zuvor den Trank mir wilder Nächte,
auf daß man einst an meinem Geist sich weide
und ich ein starker Stolz sei dem Geschlechte.

Wäre die Zeit auch, die ich zu durchmessen,
sehr eng gesteckt und kärglich abgewogen,
einst spreche man: Wir haben Kraft gegessen
aus ihm und Feuer seinem Geist entzogen.



Alle meine Gedanken
sind wie Pinienschatten,
hingeworfen in den Sommertag
wie ein fahler, wilder Flügelschlag:
Krähen, die aus weichen Matten
sich empor an hellen Wolken ranken!

 
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Such Deine Heimat dort, wohin Dich Deine Seele
mit ungebändigtem Verlangen zieht,
nicht achtend, ob man Dir durch äußern Zwang,
durch Willenseinfluß Deinen Weg mißriet.

Denn dort kann Seele Seligkeit nur finden,
wo Deines Herzens stille Heimat liegt,
wo einst den ruh'nden, wandermüden Fremdling
Glückseligkeit auf ihren Armen wiegt.

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Mein Schiff glitt durch die Wogen,
ich achtete es nicht,
stand auf dem Hinterdecke
und sah ins Abendlicht.

Im Osten hing ein Sterben,
das Schiff fuhr tief hinein,
ich aber sah den Westen
voll Licht und Glück und Schein.

Wohl dem, dem eins beschieden,
zu schau'n vor seinem Tod
in sein gewesenes Leben
wie in ein Abendrot.

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In Flammen, die ich niemals kann ersticken,
In einer Glut, die niemals mich zerstört,
steh ich, ein Fakir, welcher im Verzücken
mystischer Brunst nach seinem Gott begehrt.

Weint nicht um mich! Ein Wasser ohne Brücken
bin ich, dem keiner Fähre Färte wehrt;
ich bin ein Reich, von ewiger Pest verheert,
ein Kleinod, das man hieb in tausend Stücken.

Ich bin ein Land, durch das kein Vogel schwirrt,
verzweiflungsvoll dehnt es die vollen Äste,
ich bin ein Weib, das keine Spiegel kennt!

Und nutzlos meine süße Seele brennt
in einer Sonne, welche dieser Geste
Sehnsucht um nichts in ihrem Lauf beirrt.

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Der Dichter

So sprach das Volk: der Sterne Lichte
sind jenem Mienen und Gesichte,
und der Natur geheimste Geister
erkennen ihn als Herrn und Meister.

Der Abend, Heimgang, Baum und Quellen
vermögen sich in ihm zu deuten.
Und immer ist in ihm ein Schwellen
und Sinken, Heben, Sonntags-Läuten.

Und gießt er in sich selbst hinein
den Frühling, Herbst, das Laub, die Farben,
so klärt und weckt durch seine bestreben
er in uns aller Feuer Schwelen.

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Mystisches Sonett

Zwei Dinge sind, zu denen ich mich sehne:
Sterben und Liebe: und das eine ist
in mir nur deshalb, weil das andere ist:
und Tod und Liebe ich aneinander lehne.

Ich hab' erkannt: wir sterben, wenn wir lieben,
und lieben wahrhaft dann erst, wenn wir sterben.
Das Blut des Lebens tropft aus dem Verderben:
Und tot im Leben sind wir, wenn wir lieben.

Zwei Feuerarme taumeln, Dich zu fassen:
Geste der Sehnsucht, die sich nie erfüllte,
Arme, die nie ein kaltes Kleid umhüllte!

O Inhalt! der Du jede Form verbranntest!
O Form! die an dem Inhalt brennt ohn' Maßen!
Wie nichts Verwandtes! Und wie nichts Verkanntes!!

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Von Brücken weiß ich, unter denen nie
die Schmetterlinge ihren Weg gesucht,
von Mädchenleibern, schlaff und ungelenk,
zu nichts - nicht Liebe und nicht Haß - verflucht.

Von Kähnen weiß ich, die durch Flüsse schleppen,
voll Schmutz und Stank, tagtäglich gleiche Frachten,
die nie ein Paar, von heiliger Glut entflammt,
in seliger Fahrt zu hellen Meeren brachten.

Von Bergen weiß ich auch, so hoch gebaut,
daß nie ein Vogel noch ihr Haupt umkreiste,
von Grotten, denen nie ein Sonnestrahl
die Kälte löste, welche sie vereiste.


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