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Literatur

04.2


Gedichte

Balcke Ernst




Morgen

Im Osten flattert auf der junge Tag,
wie ein gewaltiger Flug von weißen Tauben;
durch sein Gefieder schwirrt der Lerchen Schlag
und schwimmt der Glanz der großen Seen-Augen.

Die Täler atmen und die Schleier fallen
des fahlen Morgens. Farben tauchen auf,
wie eine Indierin auf das Dach der Hallen
am Morgen steigt, geht stolz die Sonne auf.

Sie winkt mit einem hellen Wolkenschleier.
Entzaubert ist die Welt. Sie nickt und springt
hin durch ihr Licht und sieht nicht auf den Geier,
der abseits brütet, wen er heute schlingt.



Morgenlied

Die Morgennebel fingen an zu fallen,
unruhig flutete das weiße Meer,
die kleinen Vöglein fingen an zu lallen,
die Nacht sank in sich ein so dumpf und schwer.
Ich hieb mit meinem Stabe in das Grauen;
da blitzte vor mir auf der Sonne Schein,
und glanzvoll schritt ich in den Tag hinein.

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Sommertag

Ein flimmernder, satter Sommertag.
Frau Sonne sich müde und wohlig dehnend
auf blumigem Hag,
Goldkäferchen sich in Liebe vermählend,
und Friede endlos, und Stille und Ruh'.
Ich will mich zu der Sonne betten
und meine Augen schließen zu.


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Schwüle

In den Teppich des Lichts
schneiden Furchen schmale Schatten,
über smaragdene Matten
ziehen Schäfer, heißen Gesichts.

Durch das Tal rollt dumpf
eines fernen Wetters Brummen,
müde Bienen summen,
die Farben werden stumpf.

Ein Ave Maria geht
durch die schwüle Ruh,
ein Wind kommt - weht
irgend ein Fenster zu.

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Regen im Hügelland

Es ist des Weinens hier im Land kein Ende.
Der Äcker Schwermut trauert in den Regen,
und in des gelben Nebels Falten legen
sich alter Schnitter dürrgewordene Hände.

Dort, in des Hanges ausgeschwaschenen Rissen,
rauschen des Regens trübe Wellen nieder,
bis sie am Rand des Hangs des Weges missen -
und klgend hallen aus der Tiefe wieder

Doch als am traurigsten das Wasser klang,
ward's still auf einmal. - Da, ein Funke sprang
vom Himmel! - Eine Kirchenglocke sang -
und plötzlich stand das Land in weißem Brand.

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Abend am Meere

Ins Meer verlosch
der letzte Sonnenfunke.
Ein Wind erhob sich. - Dann ward es stille.
Der Himmel ward dunkler und dunkler.

Bald hing an tausend Silberketten
die schlafende Welt,
und die Unendlichkeit
rührte das Land.

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Sommerabend und -nacht

Des Tages Gluten lösten sich
in zarten Abendnebeln auf.
Und wie ein großer Tropfen Weins
an einem roten Kelche gleitet,
so sank westwärts der Sonnenball.
In violettem Dunst zerfloß
des Heidekrautes weites Land,
und in dem fernen Tannenwald
schlief zu der Wiepfel Wiegensang
der Abend ein. -

Doch wo die Sonne niedersank,
bis endlich auf dem blauen Meer
nur noch ein mattes Leuchten war,
da sprangen lautlos sonder Zahl
die zarten Silberkugeln auf.
Und als die lässige Hand der Nacht
den dunklen Mantel fallen ließ,
da hob sich aus dem heiligen Hain,
der um des Tempels Säulen schlief,
ein weißer Vogel hoch empor
und schwebte in die weiche Nacht.

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Sturm der Nacht

Was für ein Wind stöhnt heute durch die Gassen!
Die Nacht schwingt fliehend ruhlos auf und nieder
zum Himmel und zur Erde das Gefieder,
das schwarze, und verscheuchet von den blassen
Geschmeiden, die an ihrem Leibe leuchten,
die dunklen Fäden, welche sich verfingen,
und Sterne fallen wie aus goldenen Ringen
und Frauenaugen, welche Tränen feuchten.

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