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Literatur

04.2


Gedichte

Balcke Ernst




Dea

Es blühten vor ihr auf die Morgenröten,
vor ihren Füßen, die der Strand umfing.
In ihren Haaren, die im Nachtwind wehten,
sterbend der Mond noch wie ein Büßer hing.

Wie eine Schlange glitt hin durch ihr Mieder
der Morgenwind und weckte auf das Haar,
das wie die tote Sehnsucht müder Lieder
auf ihrem Gürtel schlief und reglos war.

Grün wie das Meer, das in dem ersten Leuchten
des fahlen Morgens seine Augen hob,
gelb wie der Strand, der in den trüben, feuchten
Schoß hin zu sich die rosa Quallen sog.

War ihr Gesicht, am Horizont gekettet,
farblos, verblassender denn all die Sterne
am frühen Morgen, aber doch gebettet
so dicht an mich zum Trotze aller Ferne.


Angenehme Gesellschafter

Die Teufel rannten mit ihm, Schritt für Schritt,
so sehr er lief, er konnte sie nicht meiden,
er mußte Schmutz und Stank der Eklen leiden.
Sie liefen mit, sie liefen mit, mit, mit.

Sie rülpsten in der Morgensonne Röte,
mit ihren Schwänzen schlugen die Reflexe
des Lichts sie aus, und fette, schwarze Klexe
von dickem Schleim spieen sie in die Beete.

Das Frühlingslaub zerrieben sie zu dürren,
staubgrauen Pulvern, in den Abend glotzten,
den Seligen, sie wie Ferkel, und sie kotzten
in Weiher, welche Glanz und Traum umschwirren.

Sie trieben programmatisch die Entweihung.
all Übles stopften sie in seinen Schlund,
bis er, mit jäher Geste der Befreiung,
des Gifts Erlösung warf in seinen Mund.
 
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Madonna mia

Was ich mir wünsche? Welches Weib ich sehne
in meiner Nächte fieberhaftem Glanz,
worin mein Wunsch und meine Sehnsucht drängen
zusammen sich in glühend heißem Tanz?

Ich seh es oft vor mir in meinen Träumen,
ein zitterndes Gebild in rotem Glühn,
wie rote Flammen in verhaltenem Flackern
um eine meeresweiße Lilie sprühn.

Es schlingen sich im Glanz der roten Sonne,
die rot wie Blut durch roten Vorhang quillt,
die weißen Glieder, in der Glut erzitternd,
die bebend strahlt um das verzückte Bild.

Die roten Spitzen ihres roten Kleides
wie Flammen um den weißen Körper fliegen,
um den die Strahlen der vergehenden Sonne
zum letzten Male blendend heiß sich schmiegen.

Es müssen ihre Wangen fiebernd glühn,
ein Liebessehnen zucken ihr im Herzen;
dann will den Vorhang dichter ich verschließen,
und zitternd flammen auf die Weihekerzen.

Das wünschst Du Dir? - In meiner stillen Seele
da liegt die Liebe, die wie Feuer brennt
und meines Herzens Kindheit einst versengt
in einer Sturmesnacht, zum Tode gebettet.

Madonna mia! Deine weißen Hände
laß zitternd auf den müden Schläfen ruhn.
Das Lied der Sehnsucht, das ich einst gesungen,
ist wie ein Sang des Sterbens ausgeklungen.

Madonna mia! Deine süßen Augen
seh ich in Tränen durch die Nächte blinken,
o laß mein müdes Haupt, das kranke, wehe,
in Deinem marmorweißen Schoß versinken.

Zu Deinen Füßen laß mich weinend liegen,
den weichen Duft des reinen Leibes fühlen,
in Deinen seideschweren, goldenen Locken
laß mich mit Kinderhänden selig spielen.

Madonna mia! Küsse meine Stirne,
o küsse sie mit ihren tausend Wunden!
Madonna mia! Was ich sündigend tat,
in Deinem Schoß ist träumend es entschwunden.


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Liebe

So wie Quellen,
die zu Wellen
nie sich schufen,
gleichend Rufen,
die verhallen
in den Räumen
weiter Hallen;
ähnelnd Träumen,
die verfliegen,
gleichend Winden,
die in Kronen
süßer Linden
wohnen
und versiegen.

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Wie könnt ich ihre Brüste je vergessen
und ihren stolzen, auserwählten Gang,
wenn ich in anderer Armen zu ermessen
versuchte sie und ihrer Seele Sang.

Wie könnt' ich ganz die Wollust neu durchleben,
die einst in süßen Strömen mich durchzog,
denk' ich daran, wie einst die vollen Reben
sie, nackt und lächelnd, zu sich niederbog.

Der holden Leier unvergessene Lieder
sind wie ein Wind des Frühlings in mir wach,
und tönen nächtens mir in Träumen wieder,
und füllen ganz mein Wesen allgemach.

Und heben mich aus allen Lebens-Engen,
daß ich mich dünke in des Königs Saal,
und seh' ihr Haupt an allen Wänden hängen
ob ihrer Schultern in dem gelben Shawl.

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