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  Literatur



 





Gedichte
Lisa Baumfeld

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Quellenangabe


Impressions musicals



In schweigenden Nächten, aus weinenden Kelchen
Klingen die duftigen Elfen empor:
Schmächtige Mädchen mit todbleichen Wangen ...
Flehende Sehnsucht und reines Verlangen ...
Hörst du das Säuseln in müden Syringen?
Hörst du das ahnende, schwebende Singen?
Hörst du die bebende Geige im Chor?
 
An fiebernden Tagen, aus samtigen Rosen
Flammen die lockigen Knaben empor:
Trotzige Knaben mit zärtlichen Lippen,
Brennende Qualen und hastigen Nippen ...
Hörst du das Rauschen von schluchzenden Quellen?
Hörst du das tiefe, verwirrende Schwellen?
Hörst du das trunkene Cello im Chor?
 
In fröhlichen Stunden, aus spielenden Winden
Schlüpfen die neckischen Kinder empor ...
Trillerndes Lachen und Jubeln und Schmettern ...
Lustige Kämpfe mit Früchten und Blättern ...
Hörst du das Rufen und Fragen und Zaudern?
Fragen und Staunen und kindliches Plaudern ...
Hörst du die rosige Flöte im Chor?


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Die Schwalbe
»O swallow, singing swallow ...« (Swinburne.)

 

Du blaue Schwalbe, kehre wieder!
Lass' dich in meiner Seele nieder!
Du hattest dir ... so weich und traut
Darin ein Liedernest erbaut,
Als ich dich wild von dannen schlug,
Weil ich dein Lied nicht mehr ertrug ...
 
Ich hab' seither soviel gefühlt
Und hab' dein Nest zerfranst ... zerwühlt ...
Und hast es doch mit frohem Mut
Gebaut aus lichter Sonnenglut,
Aus süßer Tränen Frühlingstau,
Aus tiefem, frommem Himmelsblau
Und kleinen, scheuen Wiesenblüten ...
 
Ich hab' in schmerzlich wildem Wüten
Dein süßes, dummes Nest verbrannt, -
Da ward die Seele Wüstenland ...
 
Weil ich ein schön'res Lied gewöhnt,
Nach dem ich weinend mich gesehnt!
Ein Vogel sollt' - mit goldnen Schwingen -
Mir trunk'ne Märchenlieder singen,
Die mich durchglüh'n wie sinnlos Rasen
Und letzte höchste Glücksekstasen,
Die einem blassen, toten Leben
Erst heiße, schwere Deutung geben ...
Ein Lied, so ätherweit und zart -
Ich habe lange - lang geharrt.
 
Du blaue Schwalbe! kehre wieder!
Lass' dich in meiner Seele nieder!
- Du wirst jetzt alles anders finden,
Die Sonnenglut ließ ich entschwinden,
Die Frühlingstränen sind entwichen,
Die Wiesenblüten längst verblichen - - -
 
Aus roten Ampeln aber fällt
Ein Licht, das dämmerschwül erhellt,
Aus dunklen Bechern flammt ein Chor
Von Duftgesängen wirr empor,
Und wellengrüne, sammt'ne Wogen
Sind schützend um den Raum gezogen,
Dass mir kein greller Tagesschein
Des frechen Lebens fällt hinein - - -
 
O Schwalbe, kehrst du nimmermehr?
Ist dir die Luft zu rot - zu schwer?


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Ich brauche Menschen
 
 

Ich brauche Menschen! Ja - in hellen Zimmern,
Erfüllt von Düften, Lächeln, Fächeln, Flimmern,
Wo schlank geformt – leicht wiegende Gedanken
Von Mund zu Mund sich lachend, blühend ranken!
 
Ich brauche Menschen ... seid'ner Schleifen Rauschen
Und Blicke, die sich sorglos spielend tauschen,
Und Worte, die ob tausend Kelchen schweifen
Und manchmal scheue, süße Beeren streifen -
Und Töne, die wie flücht'ge Küsse drängen
Und sich an lauschend bange Ohren hängen
Und bunte Wolken in die Blicke stäuben
Und blenden, schmeicheln, lügen und betäuben
Und all das Leere, Schwere überhallen ...
 
- - Stöhnst du, mein Herz, dass wir so tief gefallen?


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Glaubensbekenntnis



O, ich glaub' an weite Märchenauen,
Die im Wolkenland der Seele blauen, -
Und an Engel, die mit Schönheit laben,
Blondes Haar und weiße Hände haben;
Und ich höre in des Waldes Knistern
Tausend feine Elfenstimmen flüstern, -
Seh' die scheuen, lockigen Najaden,
Blasse Glieder weich in Mondschein baden, -
Kann an hastig hellen Wassern lauschen
Wie so viele Tränen darin rauschen ...
 
Und ich glaube an die gold'nen Schwellen,
Wo die wirren, roten Düfte quellen,
Wo im Winde hohe Lilien schaukeln,
Wo dich Träume wundersam umgaukeln.
 
Und ich glaub' an flammende Kadenzen,
Die im ew'gen Sternenrhythmus glänzen,
Die in tiefen, hehren Melodien
Alle Schöpfung ahnungsschwer durchziehen,
Und ich weiß, - dass selbst die harten Töne
Einst zerschmelzen in das Ewig-Schöne, -
Dass im Leben, das dich müde wiegt,
Ein Symbol, ein Weites, Gold'nes, liegt.

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Tränen



Und es gibt Tränen, die nicht fließen können,
Und es gibt Wunden, die den Geist verbrennen,
Viel unsagbare, unsichtbare Qualen,
Die nur im Dunkel ... blutend, dumpfrot ... strahlen.
 
Was ward mir dies Empfinden zugeteilt,
Das dem Erlebnis ahnend voraus eilt,
Dass sich im reinsten, goldigsten Genießen
Die Augen plötzlich ... angstvoll sehend ... schließen?
 
Warum das Leid, um das der andre trauert,
Wie Geisteratem mir das Herz durchschauert,
So dass ich spukhaft - fremdes Weh erlebe
Und doch ein eig'nes, liebes ... nie durchbebe ...?
 
Und wenn der Misston, der dein Selbst verwirrt,
In meiner Seele Äolsharfe klirrt,
Da fühl' ich höhnend, dass der grelle Schall
Und all mein Leiden - Wahn und Widerhall!
 
O! es gibt Tränen, die nicht fließen können,
Und Wunden ... Wunden, die den Geist verbrennen,
Und Stürme, die sich nicht in Verse klären -
Und Götter gibt's - die Menschen nicht gewähren ...!

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Héliotrope



In deines Zimmers trauter Dämmerhelle ...
Die Luft gekost von roter Lichteswelle,
Und drin erzittern fromme Kinderlieder
Und feiner Duft von vollem, feuchtem Flieder,
Und Vasen, Ampeln, Kissen atmen schwer
Ein rätselhaftes: »Es ist lange her ...«
Und all das Tiefe, das du je erlebt,
In den verschwiegen dunklen Nischen webt,
Und von den Tränen, die du weinst so leicht, -
Sind Farben rings und Klänge matt verbleicht,
Dass sie das Haupt mit stiller Nacht umspinnen ...
 
Ich war bei dir; in qualvoll wehem Sinnen
Sog ich den fernen, feinen, frommen Hauch
Und lächelte und litt unsäglich auch ...
Du sahst so lieb und zärtlich auf zu mir!
Du ahntest nicht, wie ich so ferne dir.
Die du ein sonnenlichter Frühlingssang,
Der von des Schöpfers frohen Lippen klang!
 
Ich war bei dir - so nah' an dich geschmiegt,
Dass ich vom Wohllaut deiner Welt umwiegt, -
Mich deiner Seele süßer Duft umspielte,
Und dass ich schauernd jenen Abgrund fühlte ...
Du sahst ihn nicht ... mein ist das kranke Sehnen,
Die abgequälten, ungeweinten Tränen,
Die sich das Herz zu tiefem Flussbett graben
Und soviel Gift und keinen Namen haben ...
Und fühlst du nicht, wie er sich endlos breitet
Und zwischen uns wie weite Wogen gleitet?
Ein fliederfarbig, ewig weites Band,
Das keine Brücke jemals überspannt ...


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Sommertraum



Golddurchflammte Ätherwogen,
Schwerer Äste grüne Bogen,
Süß verwob'ne Träumerei'n ...
Sommer, deine warmen Farben,
Helle Blumen, gold'ne Garben
Leuchten mir ins Herz hinein ...
 
In dem Wald, dem dämm'rig düstern,
Hörst du's rauschen, lispeln, flüstern,
Elfenmärchen - Duft und Schaum ...?
Blumenkinder nicken leise,
Lauschen fromm der alten Weise
Von des Waldes Sommertraum ...
 
Und der See, der windumfächelt
Lallend plätschert, sonnig lächelt,
Netzt das Schilf aus lauem Born ...
Rosen blühen am Gelände,
Rosenglut, wo ich mich wende,
Und im Herzen tief ein Dorn ...


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Nachmittag



Durch die kirchenstillen Zimmer
Spielt ein goldig kühler Schimmer,
Streift mit lichten Feenhänden
Schmeichelnd an den stummen Wänden ...
 
In den Ecken, aus den Falten
Bebt es, wie von Luftgestalten,
Bebt es ... wie vom Märchenlande ...
Elfenzarte Schaumgewande,
Lichte Zauberschleier - schweben
Zärtlich über all mein Leben,
Das unendlich graue, hin ...
 
Da erwacht der weite Sinn,
Der durch alle Schöpfung klingt ...
 
Durch die stillen Zimmer singt
Aller Linien tiefes Sagen,
Aller Düfte scheues Fragen ...
Aus den schweigenden Tapeten
Seh' ich Blumenkelche treten,
Die im Goldlicht leise nicken
Und mit klugen Blumenblicken
Starren sie so lang auf mich ...
Und ich weine - - bitterlich.

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