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Literatur


04.2



Erlebte Gedichte

Otto Julius Bierbaum


Sturmlied

 
Wild stiess der Sturm durch die Nacht.
In den schwarzen Ästen der alten Eiche
Harfte er gellend ein Tanzlied der Kraft:
Über die Berge und Wässer und Wälder,
Hussahojoh!
 
Schwing durch die Nacht ich mich, flügelfroh singend,
Hussahojoh!
 
Tannen zerknick ich wie dürres Schilf,
Aecker zerwühl ich wie Haufen Sands,
Fangeball spiel ich mit Felsgestein,
Hussahojoh!
 
Auslösch ich die Lichter, anfach ich die Flammen,
Mit Wolken umball ich die blinkenden Sterne,
Gebirge von Wogen aufthürm’ ich im Meere,
Zu schlingenden Schlünden hinblas ich die Schiffe,
Hussah!
 
Dann spiel ich mit treibenden Trümmern gelinde,
Und müde werd ich zum säuselnden Winde,
Und singe wie Wiegenlied leis und weich.
 
Ich küsse die blinkenden Blüthen am Baume,
Ich tändle am wogenden Halmackersaume
Und glätte die Wiesen sammetgleich.
 
Das ist meine Kraft, die ich löse und binde;
Krieg kreisch ich im Sturme, - im schaukelnden Winde
Bin ich ein stillfroher Friedereich.

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Schrei


 
Mich frisst die Wuth, mich frisst die Gier:
Nach Dir, nach Dir, nach Dir, nach Dir!
Es rast mein Blut, es rast mein Hirn:
Nach Dir, nach Dir, Du lachende Dirn!
Krank bin ich vor Liebe an Seele und Leib:
Nach Dir, nach Dir, Du lockendes Weib!


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Sonntag
 

 

Sonntagsfriede liegt
Heilig über der Stadt.
Ach, wie ist mein Herz
Seiner Wochen satt.
 
Quälen, Keuchen, Kampf
Um ein kärglich Brot, -
Ach, wann machst Du frei,
Lebenssonntag. – Tod.

 
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Nachtgang

 

Wir gingen durch die dunkle, milde Nacht,
dein Arm in meinem, dein Auge in meinem;
der Mond goss silbernes Licht über dein
Angesicht; wie auf Goldgrund ruhte dein
schönes Haupt, und du erschienst mir wie eine
Heilige: mild, mild und gross, und seelenüber-
voll, gütig und rein wie die liebe Sonne. Und
in die Augen schwoll mir ein warmer Drang,
wie Thränenahnung. Fester fasst’ ich dich
und küsste – küsste dich ganz leise, - meine
Seele weinte.


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Fröhliche Zuversicht 


 


Nun ist die Blüthenzeit vorbei,
Die grüne Wiese gilbt sich schon, -
Vergangen ist der Mai.
 
Im Busch ein kleiner Vogel singt
Ein lautes Lied vom Glück, vom Glück
Das nun der Sommer bringt:
 
Die Blüthenfrucht, die junge Brut,
Das stille Reifen überall,
Des Segens schwere Fluth.
 
Vom Nachbarbusch antwortet fein
Das Weibchen seinem Glücksgesang. –
Nun singen sie zu Zwei’n.
 
Zu Zwei’n, zu Zwei’n! Das war im Mai,
Da mir das Glück zu Zwei’n bescheert, -
Schnell ging das Glück vorbei.
 
Es schwand im Blüthenüberschwang,
Es hallte leise, leise aus,
Wie ferner Mädchensang.
 
In meinem Herzen lind und warm
Verglimmt’s wie Abendsonnenschein; -
Mein Herz ist ohne Harm.
 
Mit Lachen flog mir fort das Glück,
Ich aber weiss: im nächsten Mai
Kehrt’s lachend mir zurück.

 
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Ringelreime


 

Es war im März der erste Tag,
Da hob sich erstes Frühlingswehn
Und erster lauter Amselschlag.
Es war im März der erste Tag,
Der Schnee noch auf den Bergen lag,
Da hab zuerst ich Dich gesehn.
Es war im März der erste Tag,
Da hob sich erstes Frühlingswehn,
 
In meinem Herzen war es Mai
Voll buntem Blüthenüberschwang.
Der Winter, rief es ist vorbei!
In meinem Herzen war es Mai.
Es sang die Liebe tandaradei,
Und Vers an Vers in Knospen drang.
In meinem Herzen war es Mai
Voll buntem Blüthenüberschwang.
 
Da kam der Mai mit Sang und Blust,
Der laute, bunte Erdenmai
Und aller Creaturen Lust,
Da kam der Mai mit Sang und Blust.
Da wand’st Du Dich von meiner Brust
Und schnitt’st der Liebe Band entzwei.
Da kam der Mai mit Sang und Blust . . .
Da war der Frühling mir vorbei.

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? (Was eigentlich die Kleine will)



Was eigentlich die Kleine will,
Das mag der Teufel wissen!
Bald guckt sie mich gar glühend an,
Als wär’ sie hingerissen.
Wovon? Wozu? Ich ahn’ es nicht
Der Teufel mag es wissen.
 
Dann aber wieder macht sie mir
Ein Lärvchen, furchtbar sauer,
Dass mir’s durchs ganze Rückenmark
Hinfährt wie kalter Schauer.
Weshalb? Warum? Ich weiss es nicht,
Bin immer gleich beflissen.
Was eigentlich die Kleine will:
Der Teufel mag es wissen.


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