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04.2
Wilhelm
Busch
Fliegende Blätter
Beiträge
aus den Jahren 1859-1868
Liebesgeschichten des
Jeremias Pechvogel
Erste
Liebe
Da
draußen vor dem Thore
Da
seht ein Lindenbaum,
Wo
ich so süß geträumet
Der
ersten Liebe Traum.
Da
draußen vor dem Thore
In
stiller Abendstund‘
Hab‘
ich ihr oft geküsset
Die
Stirne und den Mund.
Da
draußen vor dem Thore,
Wo
sie mich hinbestellt,
Schenkt‘
ich ihr dies und jenes
Von
meinem Taschengeld.
Da
draußen vor dem Thore,
Beim
stillen Mondenschein,
Da
schenkt‘ ich meiner Holden
Von
Gold ein Ringelein.
Da
draußen vor dem Thore,
Da
schien der Mond so hell. –
Ich
war ein junger Schüler,
S
i e eine Nähmamsell.
In
jener dunklen Gasse,
Da
wohnt der Pfänderjud!,
Da
hab‘ ich’s auch erfahren,
Wie
falsche Liebe thut.
In
jene dunkle Gasse,
Da
ging ich heimlich nur;
Bei
Abraham dem Juden
Versetzt‘
ich meine Uhr.
In
jener dunklen Gasse,
Dort
in des Juden Schrei’n,
Da
seh‘ ich etwas glänzen
Als
wie ein Ringelein.
In
jener dunklen Gasse,
Da
sah ich – tief gekränkt –
Das
Ringlein ew’ger Treue,
Das
ich ihr jüngst geschenkt.
In
jener dunklen Gasse,
Da
ward mir Alles klar.
Mit
meiner ersten Liebe
War’s
aus für immerdar.
Zweite
Liebe
Ich
wohnte hinten nach dem Hof hinaus,
Mir
gegenüber stand ein altes Haus.
Das
alte Haus, das hat der Fenster viel,
Doch
ein’s war meiner Augen stetes Ziel.
Denn
an dem Fenster, blumenüberdeckt,
Saß
jeden Tag ein Mädchen halbversteckt.
Sie
laß – begoß die Rosen; - hie und da
Ihr
schmachtend‘ Aug‘ zu mir herüber sah.
Da
klebt‘ ich an mein Fenster, halb im Scherz,
Aus
rosa Glanzpapier ein flammend Herz.
Sie
aber wandte sich. – Mit weißer Hand
Spielt‘
sie an ihrem losen Busenband.
Und
träumerisch, als wär‘ es aus Versehn,
Ließ
sie die Schleife aus dem Fenster wehn.
Ich
hob sie auf, ich küßt‘ sie tausendmal.
Mein
vis-à-vis war auch mein Ideal.
Auf
Promenaden sahen wir uns nie;
Doch
schrieb sie mir und ich, ich schrieb an sie.
Viel
Liebes und viel Schönes schrieb sie mir
Auf
goldumsäumten Rosa-Postpapier.
Doch
Ein’s – dies Eine sollte uns entzwei’n,
Ein’s
schrieb sie nicht. – Sie hatt‘ ein kurzes Bein.
Dritte
Liebe
Meine
Freunde und Gesellen
Haben
mich dazu verleitet,
Daß
zu den Casinobällen
Ich
sie neuerdings begleitet.
Kaum
das in den Saal wir kamen,
Fühlt
ich schon mein Herz erbeben,
Denn
die schönste aller Damen
Sah
ich leicht vorüberschweben.
Leicht
und Crinolinen-luftig,
Halb
gefühlt und halb gesehen,
Fein
eau-de Cologne-duftig
Spürt
ich ihr Vorüberwehen.
Ihre
Wange war umgaukelt
Von
den Locken, lang und lose,
Und
als wie auf Wellen schaukelt
Ihr
am Busen eine Rose.
Und
das Aug‘, das feurig matte, -
Ja!
ich mußt sie engagieren.
Eilig
zupft‘ ich die Cravatte,
Würdig
mich zu präparieren.
Ach!
Wie ist mir nur geschehen?!
-
Ihn, den ich schon lange scheute,
Hatt‘
ich gänzlich übersehen,
Jenen
Herrn an ihrer Seite.
Er
fixierte mich so listig
Mit
vertrautem Augenzwinken;
Und,
weiß Gott! mir war als müßt ich
Spurlos
in den Boden sinken. –
Heimlich
bin ich fortgeschlichen, -
-
Jener Herr – so war es leider! –
War
i h r Vater und – m e i n Schneider.
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