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04.2
Wilhelm
Busch
Fliegende Blätter und
Münchener Bilderbogen
Beiträge
aus den Jahren 1859-1871
Schreckliche Folgen eines
Bleistifts
Ballade
1
O
Madrid, ich muß dich hassen,
Denn du hast ihn schnöd verkannt,
Den Murillo seinen besten
Schüler stets mit Stolz genannt.
Keiner
hatte wie Pedrillo
Dieses lange Lockenspiel,
Keiner trug Hispaniens Mantel
Mit so vielem Kunstgefühl;
Keiner
wiegte auf dem Haupte
Solchen hohen, spitzen Hut,
Und das edle Bleistiftspitzen
Konnt' er aus dem Grunde gut.
Meistens
nahm er Nr. 7,
Und mit kunstgeübter Hand
Spitzt' er ihn an beiden Enden,
Weil er dieses praktisch fand.
Einstmals
merkte dies Murillo,
Und er sprach mit ernstem Ton:
»Was ich eben da bemerke,
Das gefällt mir nicht, mein Sohn;
Denn
ich glaube, daß du hierin
Sehr auf falschem Wege bist,
Weil es erstens sehr gefährlich,
Zweitens auch nicht nötig ist.«
Doch
Pedrillo (wie gewöhnlich
Diese jungen Leute sind)
Schlug Murillos weise Lehre
Lirum larum! in den Wind.
2
Übrigens
(das muß man sagen)
Was die edle Kunst betraf,
Überhaupt in seinem Fache,
War Pedrillo wirklich brav.
So
z. B. die Madonna;
Ja, wer hätte das gedacht?
Selbst der große Don Murillo
Hätte Beßres nicht gemacht.
Aber
so was kostet Mühe,
Und es kostet auch noch Geld,
Denn Pedrillo hatte häufig
Sich dazu Modell bestellt.
Sie
war eine Schneiderstochter
Aus der Vorstadt von Madrid,
Schwarze Augen, blonde Flechten
Brachte dieses Mädchen mit.
Als
Pedrillo nun gemalet
Dieses Mädchen als Porträt,
War der große Don Murillo
Auch nicht ungern in der Näh'.
Früh
vom Morgen bis zum Abend
Unterweist der Meister ihn,
Und Pedrillo folgte willig
Stets mit eifrigem Bemühn.
Aber
abends, wo ein jeder
Gerne seine Ruhe hat,
Führt' Pedrillo jenes Mädchen
Oft spazieren vor die Stadt.
Einstmals
merkte dies Murillo,
Und er sprach mit ernstem Ton:
»Was ich eben da bemerke,
Das gefällt mir nicht, mein Sohn;
Denn
ich glaube, daß du hierin
Sehr auf falschem Wege bist,
Weil es erstens sehr gefährlich,
Zweitens auch nicht nötig ist.«
Doch
Pedrillo (wie gewöhnlich
Diese jungen Leute sind)
Schlug Murillos weise Lehre
Lirum, larum! in den Wind.
3
Schon
am nächsten Donnerstage,
Als ein schöner Abend war,
Sah man draußen vor dem Tore
Dieses pflichtvergeßne Paar.
Zu
dem dort'gen Myrtenhaine
Gingen sie im Mondeslicht,
Aber keiner sah sie wieder,
Wenigstens lebendig nicht.
Denn
es sprach zu ihr Pedrillo:
»Sprich, Geliebte, liebst du mich?«
Und sie preßt ihn an den Busen,
Sprechend: »Ja, ich liebe dich!«
»Au!«
schrie plötzlich da Pedrillo,
Und das Mädchen schrie es auch;
Tödlich fielen beide nieder
Unter einen Myrtenstrauch.
Keiner
wußte, was geschehen,
Bis des Morgens in der Früh,
Denn da kam ein alter Klausner
Durch den Wald und merkte sie.
Und
als er die beiden Leichen
In der Nähe sich besah,
Fand er alles sehr natürlich,
Denn, ach Gott! was fand er da?
Ach,
ein Bleistift Nr. 7,
Den Pedrillo zugespitzt,
Zugespitzt an beiden Enden,
Hatte dieses Blut verspritzt.
Als
Murillo dies vernommen,
Sprach er sanft und weinte sehr:
»Ach! O Jüngling, spitze niemals
Einen harten Bleistift mehr;
Führe
Mädchen nie spazieren,
Denn dies Beispiel zeigt es klar,
Daß es erstens sehr gefährlich,
Zweitens auch nicht nötig war.«
zurück
Chor
der Kahlköpfe
Wir
armen Kahlköpfe sind gar nicht so dumm,
Wir
haben kein Haar mehr und wissen warum.
Viel
garstige Stunden im wandelnden Jahr,
Die
warfen uns borstige Kletten ins Haar.
Wir
zupften und rupften mit Weh und mit Ach,
Wir
zogen die Kletten, die Locke kam nach.
Ja,
garstige Stunden, die rupften uns sehr,
Doch
nahmen die guten uns leider noch mehr.
Die
heimlichen, süßen, die, rosenbekränzt,
Bacchantisch
den schäumenden Becher kredenzt;
Die
haben, hingaukelnd ums trunkene Haupt,
Uns
schmeichelnd und schelmisch die Locken geraubt.
Verweht
sind die Rosen; der Winter will nahn,
Wir
müssen schon wieder 'ne Pelzkappen han;
Wir
faßten vor Ärger uns gerne beim Schopf
Und
finden kein einziges Härchen am Kopf.
zurück
Metaphern
der Liebe
1
Welche
Augen! Welche Miene!
Seit
ich dich zuerst gesehen,
Engel
in der Krinoline,
Ist's
um meine Ruh' geschehen.
Ach!
In fieberhafter Regung
Lauf'
ich Tag und Nacht spazieren,
Und
ich fühl' es, vor Bewegung
Fang'
ich an zu transpirieren.
2
Und
derweil ich eben schwitze,
Hast
du kalt mich angeschaut;
Von
den Stiefeln bis zur Mütze
Spür'
ich eine Gänsehaut.
Wahrlich!
Das ist sehr bedenklich,
Wie
ein jeder leicht ermißt,
Wenn
man so schon etwas kränklich
Und in
Nankinghosen ist.
3
Würde
deiner Augen Sonne
Einmal
nur mich freundlich grüßen,
Ach!
Vor lauter Lust und Wonne
Schmölz'
ich hin zu deinen Füßen.
Aber
ach! Aus deinen Blicken
Wird
ein Strahl herniederwettern,
Mich
zerdrücken und zerknicken
Und zu
Knochenmehl zerschmettern.
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