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04.2
Wilhelm
Busch
Kritik
des Herzens
Es
wohnen die hohen Gedanken
In
einem hohen Haus.
Ich
klopfte, doch immer hieß es:
»Die
Herrschaft fuhr eben aus!«
Nun
klopf' ich ganz bescheiden
Bei
kleineren Leuten an.
Ein
Stückel Brot, ein Groschen
Ernähren
auch ihren Mann.
zurück
Sei
ein braver Biedermann,
Fange
tüchtig an zu loben!
Und
du wirst von uns sodann
Gerne
mit emporgehoben.
Wie,
du ziehst ein schiefes Maul?
Willst
nicht, daß dich andre adeln?
Na,
denn sei mir nur nicht faul
Und
verlege dich aufs Tadeln.
Gelt, das
ist ein Hochgenuß,
Schwebst
du so mit Wohlgefallen
Als
ein sel'ger Kritikus
Hocherhaben
über allen.
zurück
Es
sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er
flattert sehr und kann nicht heim.
Ein
schwarzer Kater schleicht herzu,
Die
Krallen scharf, die Augen gluh.
Am
Baum hinauf und immer höher
Kommt
er dem armen Vogel näher.
Der
Vogel denkt: Weil das so ist
Und
weil mich doch der Kater frißt,
So
will ich keine Zeit verlieren,
Will
noch ein wenig quinquilieren
Und
lustig pfeifen wie zuvor.
Der
Vogel, scheint mir, hat Humor.
zurück
Ich kam in diese Welt herein
Mich
baß zu amüsieren,
Ich
wollte gern was Rechtes sein
Und
mußte mich immer genieren.
Oft
war ich hoffnungsvoll und froh,
Und
später kam es doch nicht so.
Nun
lauf' ich manchen Donnerstag
Hienieden
schon herummer,
Wie
ich mich drehn und wenden mag,
's
ist immer der alte Kummer.
Bald
klopft vor Schmerz und bald vor Lust
Das
rote Ding in meiner Brust.
zurück
Der
Hausknecht in dem "Weidenbusch"
Zu
Frankfurt an dem Main,
Der
war Poet, doch immer kurz,
Denn
wenig fiel ihm ein.
»Ja«,
sprach er, »Freund, wir leben jetzt
In
der Depeschenzeit,
Und
Schiller, käm' er heut zurück,
Wär'
auch nicht mehr so breit.«
zurück
Die
Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt
den Fall, ich tadle mich;
So
hab' ich erstens den Gewinn,
Daß
ich so hübsch bescheiden bin;
Zum
zweiten denken sich die Leut,
Der
Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch
schnapp' ich drittens diesen Bissen
Vorweg
den andern Kritiküssen;
Und
viertens hoff' ich außerdem
Auf
Widerspruch, der mir genehm.
So
kommt es denn zuletzt heraus,
Daß
ich ein ganz famoses Haus.
zurück
Es kam ein Lump mir in die Quer
Und
hielt den alten Felbel her.
Obschon
er noch gesund und stark,
Warf
ich ihm dennoch eine Mark
Recht
freundlich in den Hut hinein.
Der
Kerl schien Philosoph zu sein.
Er
sprach mit ernstem Bocksgesicht:
»Mein
Herr, Sie sehn, ich danke nicht.
Das
Danken bin ich nicht gewohnt.
Ich
nehme an, Sie sind gescheit
Und
fühlen sich genug belohnt
Durch
Ihre Eitelkeit.«
zurück
Die Rose sprach zum Mädgdelein:
»Ich
muß dir ewig dankbar sein,
Daß
du mich an den Busen drückst
Und
mich mit deiner Huld beglückst.«
Das
Mägdlein sprach: »O Röslein mein,
Bild
dir nur nicht zuviel drauf ein,
Daß
du mir Aug' und Herz entzückst.
Ich
liebe dich, weil du mich schmückst!«
zurück
Man
wünscht sich herzlich gute Nacht;
Die
Tante war schrecklich müde;
Bald
sind die Lichter ausgemacht,
Und
alles ist Ruh und Friede.
Im
ganzen Haus sind nur noch zween,
Die
keine Ruhe finden,
Das
ist der gute Vetter Eugen
Mit
seiner Base Lucinden.
Sie
wachten zusammen bis in der Früh,
Sie
herzten sich und küßten.
Des
Morgens beim Frühstück taten sie,
Als
ob sie von nichts was wüßten.
zurück
Mein
Freund an einem Sonntagmorgen
Tät
sich ein hübsches Rößlein borgen.
Mit
frischem Hemd und frischem Mute,
In
blanken Stiefeln, blankem Hute,
Die
Haltung stramm und stramm die Hose,
Am
Busen eine junge Rose,
So
reitet er durch die Alleen,
Wie
ein Adonis anzusehn.
Die
Reiter machen viel Vergnügen,
Wenn
sie ihr stolzes Roß bestiegen.
Nun
kommt da unter sanftem Knarren
Ein
milchbeladner Eselskarren.
Das
Rößlein, welches sehr erschrocken,
Fängt
an zu trappeln und zu bocken,
Und,
hopp, das war ein Satz, ein weiter!
Dort
rennt das Roß, hier liegt der Reiter,
Entfernt
von seinem hohen Sitze,
Platt
auf dem Bauche in der Pfütze.
Die
Reiter machen viel Vergnügen,
Besonders,
wenn sie drunten liegen.
zurück
Du fragtest mich früher nach mancherlei.
Ich
sagte dir alles frank und frei.
Du
fragtest, wann ich zu reisen gedächte,
Welch
ein Geschäft ich machen möchte.
Ich
sagte dir offen: »Dann und dann.«
Ich
gab dir meine Pläne an.
Oft
hat die Reise mir nicht gepaßt;
Dann
nanntest du mich 'n Quirlequast.
Oft
ging's mit dem Geschäfte krumm;
Dann
wußtest du längst, es wäre dumm.
Oft
kamst du mir auch mit List zuvor;
Dann
schien ich mir selber ein rechter Tor.
Nun
hab' ich, weil mich dieses gequält,
Mir
einen hübschen Ausweg erwählt.
Ich
rede, wenn ich reden soll,
Und
lüge dir die Jacke voll.
zurück
Kennt
der Kerl denn keine Gnade?
Soll
er uns mit seiner Suade,
Durch
sein breites Explizieren,
Schwadronieren,
Disputieren,
Soll
er uns denn stets genieren,
Dieser
säuselnde Philister,
Beim
Genuß des edlen Weins?
Pump
ihn an, und plötzlich ist er
Kurz
und bündig wie Glock Eins.
zurück
Mich wurmt es, wenn ich nur dran denke.
Es
saß zu München in der Schenke
Ein
Protz mit dunkelroter Nase
Beim
elften oder zwölften Glase.
Da
schlich sich kümmerlich heran
Ein
armer alter Bettelmann,
Zog
vor dem Protzen seinen Hut
Und
fleht: »Gnä' Herr, ach sein S' so gut!«
Der
Protz jedoch, fuchsteufelswild,
Statt
was zu geben, flucht und schilt:
»Gehst
'raus, du alter Lump, du schlechter!«
Nix
möcht' er als grad saufen, möcht' er!
zurück
Laß doch das ew'ge Fragen,
Verehrter
alter Freund.
Ich
will von selbst schon sagen,
Was
mir vonnöten scheint.
Du
sagst vielleicht dagegen:
»Man
fragt doch wohl einmal.«
Gewiß!
Nur allerwegen
Ist
mir's nicht ganz egal.
Bei
deinem Fragestellen
Hat
eines mich frappiert:
Du
fragst so gern nach Fällen,
Wobei
ich mich blamiert.
zurück
Ich habe von einem Vater gelesen;
Die Tochter ist beim Theater
gewesen.
Ein
Schurke hat ihm das Mädchen verdorben,
So
daß es im Wochenbette gestorben.
Das
nahm der Vater sich tief zu Gemüte.
Und
als er den Schurken zu fassen kriegte,
Verzieh
er ihm nobel die ganze Geschichte.
Ich
weine ob solcher Güte.
zurück
Vor Jahren waren wir mal entzweit
Und
taten uns manches zum Torte;
Wir
sagten uns beide zu jener Zeit
Viel
bitterböse Worte.
Drauf
haben wir uns ineinander geschickt;
Wir
schlossen Frieden und haben
Die
bitterbösen Worte erstickt
Und
fest und tief begraben.
Jetzt
ist es wirklich recht fatal,
Daß
wieder ein Zwist notwendig.
O
weh! Die Worte von dazumal,
Die
werden nun wieder lebendig.
Die
kommen nun erst in offnen Streit
Und
fliegen auf alle Dächer;
Nun
bringen wir sie in Ewigkeit
Nicht
wieder in ihre Löcher.
zurück
»Ich meine doch«, so sprach er mal,
»Die
Welt ist recht pläsierlich.
Das
dumme Geschwätz von Schmerz und Qual
Erscheint
mir ganz ungebührlich.
Mit
reinem kindlichem Gemüt
Genieß'
ich, was mir beschieden,
Und
durch mein ganzes Wesen zieht
Ein
himmlischer Seelenfrieden.«
Kaum
hat er diesen Spruch getan -
Aujau
-, so schreit er kläglich.
Der
alte hohle Backenzahn
Wird
wieder mal unerträglich.
zurück
Es
saßen einstens beieinand
Zwei
Knaben, Fritz und Ferdinand.
Da
sprach der Fritz: »Nun gib mal acht,
Was
ich geträumt vergangne Nacht.
Ich
stieg in einen schönen Wagen,
Der
Wagen war mit Gold beschlagen.
Zwei
Englein spannten sich davor,
Die
zogen mich zum Himmelstor.
Gleich
kamst du auch und wolltest mit
Und
sprangest auf den Kutschentritt.
Jedoch
ein Teufel schwarz und groß,
Der
nahm dich hinten bei der Hos'
Und
hat dich in die Höll getragen.
Es
war sehr lustig, muß ich sagen.«
So
hübsch nun dieses Traumgesicht,
Dem
Ferdinand gefiel es nicht.
Schlapp!
schlug er Fritzen an das Ohr,
Daß
er die Zippelmütz verlor.
Der
Fritz, der dies verdrießlich fand,
Haut
wiederum den Ferdinand;
Und
jetzt entsteht ein Handgemenge,
Sehr
schmerzlich und von großer Länge.
So
geht durch wesenlose Träume
Gar
oft die Freundschaft aus dem Leime.
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