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04.2
Wilhelm
Busch
Kritik
des Herzens
Kinder,
lasset uns besingen,
Aber
ohne allen Neid,
Onkel
Kaspers rote Nase,
Die
uns schon so oft erfreut.
Einst
ward sie als zarte Pflanze
Ihm
von der Natur geschenkt;
Fleißig
hat er sie begossen,
Sie
mit Wein und Schnaps getränkt.
Bald
bemerkte er mit Freuden,
Daß
die junge Knospe schwoll,
Bis
es eine Rose wurde
Dunkelrot
und wundervoll.
Alle
Rosen haben Dornen,
Diese
Rose hat sie nicht,
Hat
nur so ein Büschel Haare,
Welches
keinen Menschen sticht.
Ihrem
Kelch entströmen süße
Wohlgerüche,
mit Verlaub:
Aus
der wohlbekannten Dose
Schöpft
sie ihren Blütenstaub.
Oft
an einem frischen Morgen
Zeigt
sie uns ein duftig Blau,
Und
an ihrem Herzensblatte
Blinkt
ein Tröpflein Perlentau.
Wenn
die andern Blumen welken,
Wenn's
im Winter rauh und kalt,
Dann
hat diese Wunderrose
Erst
die rechte Wohlgestalt.
Drum
zu ihrem Preis und Ruhme
Singen
wir dies schöne Lied.
Vivat
Onkel Kaspers Nase,
Die
zu allen Zeiten blüht!
zurück
Früher,
da ich unerfahren
Und
bescheidner war als heute,
Hatten
meine höchste Achtung
Andre
Leute.
Später
traf ich auf der Weide
Außer
mir noch mehre Kälber,
Und
nun schätz' ich, sozusagen,
Erst
mich selber.
zurück
Es
saß in meiner Knabenzeit
Ein
Fräulein jung und frisch
Im
ausgeschnittnen grünen Kleid
Mir
vis=à=vis bei Tisch.
Und
wie's denn so mit Kindern geht,
Sehr
frömmig sind sie nie,
Ach,
dacht' ich oft beim Tischgebet,
Wie
schön ist doch Marie!
zurück
Die
Tante winkt, die Tante lacht:
»He,
Fritz, komm mal herein!
Sieh,
welch ein hübsches Brüderlein
Der
gute Storch in letzter Nacht
Ganz
heimlich der Mama gebracht.
Ei
ja, das wird dich freun!«
Der
Fritz, der sagte kurz und grob:
»Ich
hol' 'n dicken Stein
Und
schmeiß' ihn an den Kopp!«
zurück
Es
sprach der Fritz zu dem Papa:
»Was
sie nur wieder hat?
Noch
gestern sagte mir Mama:
,Du
fährst mit in die Stadt.'
Ich
hatte mich schon so gefreut
Und
war so voll Pläsier.
Nun
soll ich doch nicht mit, denn heut,
Da
heißt es: ,Fritz bleibt hier!'«
Der
Vater saß im Sorgensitz.
Er
sagte ernst und still:
»Trau
Langhals nicht, mein lieber Fritz,
Der
hustet, wann er will!«
zurück
Zwischen
diesen zwei Gescheiten
Mädchen,
Anna und Dorette,
Ist
zu allen Tageszeiten
Doch
ein ewiges Gekrette.
Noch
dazu um Kleinigkeiten. -
Gestern
gingen sie zu Bette,
Und
sie fingen an zu streiten,
Wer
die dicksten Waden hätte.
zurück
Es
flog einmal ein muntres Fliegel
Zu
einem vollen Honigtiegel.
Da
tunkt es mit Zufriedenheit
Den
Rüssel in die Süßigkeit.
Nachdem
es dann genug geschleckt,
Hat
es die Flüglein ausgereckt
Und
möchte sich nach oben schwingen.
Allein
das Bein im Honigseim
Sitzt
fest als wie in Vogelleim.
Nun
fängt das Fliegel an zu singen:
»Ach,
lieber Himmel, mach mich frei
Aus
dieser süßen Sklaverei!«
Ein
Freund von mir, der dieses sah,
Der
seufzte tief und rief. »Jaja!«
zurück
Die
Liebe war nicht geringe.
Sie
wurden ordentlich blaß;
Sie
sagten sich tausend Dinge
Und
wußten noch immer was.
Sie
mußten sich lange quälen.
Doch
schließlich kam's dazu,
Daß
sie sich konnten vermählen.
Jetzt
haben die Seelen Ruh.
Bei
eines Strumpfes Bereitung
Sitzt
sie im Morgenhabit;
Er
liest in der Kölnischen Zeitung
Und
teilt ihr das Nötige mit.
zurück
Was
soll ich nur von eurer Liebe glauben?
Was
kriecht ihr immer so in dunkle Lauben?
Wozu
das ew'ge Flüstern und Gemunkel?
Das
scheinen höchst verdächtige Geschichten.
Und
selbst die besten ehelichen Pflichten,
Von
allem Tun die schönste Tätigkeit,
In
Tempeln von des Priesters Hand geweiht,
Ihr
hüllt sie in ein schuldbewußtes Dunkel.
zurück
Du
willst sie nie und nie mehr wiedersehen?
Besinne
dich, mein Herz, noch ist es Zeit.
Sie
war so lieb. Verzeih, was auch geschehen.
Sonst
nimmt dich wohl beim Wort die Ewigkeit
Und
zwingt dich mit Gewalt zum Weitergehen
Ins
öde Reich der Allvergessenheit.
Du
rufst und rufst; vergebens sind die Worte;
Ins
feste Schloß dumpfdröhnend schlägt die Pforte.
zurück
Das
Bild des Manns in nackter Jugendkraft,
So
stolz in Ruhe und bewegt so edel,
Wohl
ist's ein Anblick, der Bewundrung schafft;
Drum
Licht herbei! Und merke dir's, o Schädel!
Jedoch
ein Weib, ein unverhülltes Weib
Da
wird dir's doch ganz anders, alter Junge.
Bewundrung
zieht sich durch den ganzen Leib
Und
greift mit Wonneschreck an Herz und Lunge.
Und
plötzlich jagt das losgelaßne Blut
Durch
alle Gassen wie die Feuerreiter.
Der
ganze Kerl ist eine helle Glut;
Er
sieht nichts mehr und tappt nur noch so weiter.
zurück
Selig
sind die Auserwählten,
Die
sich liebten und vermählten;
Denn
sie tragen hübsche Früchte,
Und
so wuchert die Geschichte
Sichtbarlich
von Ort zu Ort.
Doch
die braven Junggesellen,
Jungfern
ohne Ehestellen,
Welche
ohne Leibeserben
So
als Blattgewächse sterben,
Pflanzen
sich durch Knollen fort.
zurück
Es
saß ein Fuchs im Walde tief.
Da
schrieb ihm der Bauer einen Brief:
So
und so, und er sollte nur kommen,
's
wär' alles verziehn, was übelgenommen.
Der
Hahn, die Hühner und Gänse ließen
Ihn
alle zusammen auch vielmals grüßen.
Und
wann ihn denn erwarten sollte
Sein
guter, treuer Krischan Bolte.
Drauf
schrieb der Fuchs mit Gänseblut:
Kann
nicht gut.
Meine
Alte mal wieder
Gekommen
nieder!
Im
übrigen von ganzer Seele
Dein
Fuchs in der Höhle.
zurück
Sie
stritten sich beim Wein herum,
Was
das nun wieder wäre;
Das
mit dem Darwin wär' gar zu dumm
Und
wider die menschliche Ehre.
Sie
tranken manchen Humpen aus,
Sie
stolperten aus den Türen,
Sie
grunzten vernehmlich und kamen zu Haus
Gekrochen
auf allen vieren.
zurück
Ich
hab' in einem alten Buch gelesen
Von
einem Jüngling, welcher schlimm gewesen.
Er
streut
sein Hab und Gut in alle Winde.
Von
Lust zu Lüsten und von Sünd zu Sünde,
In
tollem Drang, in schrankenlosem Streben
Spornt
er sein Roß hinein ins wilde Leben,
Bis
ihn ein jäher Sturz vom Felsenrand
Dahingestreckt
in Sand und Sonnenbrand,
Daß
Ströme Bluts aus seinem Munde dringen
Und
jede Hoffnung fast erloschen ist.
»Ich
aber hoffe« - sagt hier der Chronist -,
»Die
Gnade leiht dem Jüngling ihre Schwingen.«
Im
selben Buche hab' ich auch gelesen
Von
einem Manne, der honett gewesen.
Es
war ein Mann, den die Gemeinde ehrte,
Der
so von sechs bis acht sein Schöppchen leerte,
Der
aus Prinzip nie einem etwas borgte,
Der
emsig nur für Frau und Kinder sorgte;
Dazu
ein proprer Mann, der nie geflucht,
Der
seine Kirche musterhaft besucht.
Kurzum,
er hielt sein Rößlein stramm im Zügel
Und
war, wie man so sagt, ein guter Christ.
»Ich
fürchte nur« - bemerkt hier der Chronist -,
»Dem
Biedermanne wachsen keine Flügel.«
zurück
Gott
ja, was gibt es doch für Narren!
Ein
Bauer schneidet sich 'n Knarren
Vom
trocknen Brot und kaut und kaut.
Dabei
hat er hinauf geschaut
Nach
einer Wurst, die still und heiter
Im
Rauche schwebt, dicht bei der Leiter.
Er
denkt mit heimlichem Vergnügen:
Wenn
ick man woll, ick könn di kriegen!
zurück
Ach,
ich fühl' es! Keine Tugend
Ist
so recht nach meinem Sinn;
Stets
befind' ich mich am wohlsten,
Wenn
ich damit fertig bin.
Dahingegen
so ein Laster,
Ja,
das macht mir viel Pläsier;
Und
ich hab' die hübschen Sachen
Lieber
vor als hinter mir.
zurück
Ich
sah dich gern im Sonnenschein,
Wenn
laut die Vöglein sangen,
Wenn
durch die Wangen und Lippen dein
Rosig
die Strahlen drangen.
Ich
sah dich auch gern im Mondenlicht
Beim
Dufte der Jasminen,
Wenn
mir dein freundlich Angesicht
So
silberbleich erschienen.
Doch,
Mädchen, gern hätt' ich dich auch,
Wenn
ich dich gar nicht sähe,
Und
fühlte nur deines Mundes Hauch
In
himmlisch warmer Nähe.
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