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04.2
Wilhelm
Busch
Schein
und Sein
Schein
und Sein
Mein
Kind, es sind allhier die Dinge,
Gleichwohl,
ob große, ob geringe,
Im
wesentlichen so verpackt,
Daß
man sie nicht wie Nüsse knackt.
Wie
wolltest du dich unterwinden,
Kurzweg
die Menschen zu ergründen.
Du
kennst sie nur von außenwärts.
Du
siehst die Weste, nicht das Herz.
zurück
Woher,
wohin?
Wo
sich Ewigkeiten dehnen,
Hören
die Gedanken auf,
Nur
der Herzen frommes Sehnen
Ahnt,
was ohne Zeitenlauf.
Wo
wir waren, wo wir bleiben,
Sagt
kein kluges Menschenwort;
Doch
die Grübelgeister schreiben:
Bist
du weg, so bleibe fort.
Laß
dich nicht aufs neu gelüsten.
Was
geschah, es wird geschehn.
Ewig
an des Lebens Küsten
Wirst
du scheiternd untergehn.
zurück
Der
Stern
Hätt'
einer auch fast mehr Verstand
Als
wie die drei Weisen aus Morgenland
Und
ließe sich dünken, er wär' wohl nie
Dem
Sternlein nachgereist wie sie;
Dennoch,
wenn nun das Weihnachtsfest
Seine
Lichtlein wonniglich scheinen läßt,
Fällt
auch auf sein verständig Gesicht,
Er
mag es merken oder nicht,
Ein
freundlicher Strahl
Des
Wundersterns von dazumal.
zurück
Leider
So
ist's in alter Zeit
gewesen,
So
ist es, fürcht' ich, auch noch heut.
Wer
nicht besonders auserlesen,
Dem
macht die Tugend Schwierigkeit.
Aufsteigend
mußt du dich bemühen,
Doch
ohne Mühe sinkest du.
Der
liebe Gott muß immer ziehen,
Dem
Teufel fällt's von selber zu.
zurück
Selbstgefällig
Zu
gräßlich hatt' er mich geneckt.
Wie
weh war mir zu Sinn!
Und
tief gekränkt und aufgeschreckt
Zum
Kirchhof lief ich hin.
Ich
saß auf einem Leichenstein,
Die
Augen weint ich rot.
Ach,
lieber Gott, erbarm dich mein
Und
mach mich endlich tot.
Sieht
er mich dann in meinem Sarg,
So
wird er lebenssatt
Und
stirbt vor Gram, weil er so arg
Mein
Herz behandelt hat.
Kaum
wars gesagt, so legten sich
Zwei
Arme um mich her,
Und
auf der Stelle fühlte ich,
Wer
das getan, war er.
Wir
kehrten Arm in Arm zurück.
Ich
sah ihn an bei Licht.
Nein,
solchen treuen Liebesblick
Hat
doch kein Bösewicht.
zurück
Waldfrevel
Ein
hübsches Pärchen ging einmal
Tief
in des Waldes Gründe.
Sie
pflückte Beeren ohne Zahl,
Er
schnitt was in die Rinde.
Der
pflichtgetreue Förster sieht's.
Was
sind das für Geschichten?
Er
zieht sein Buch, er nimmt Notiz
Und
wird den Fall berichten.
zurück
Abschied
Die
Bäume hören auf zu blühn,
Mein
Schatz will in die Fremde ziehn;
Mein
Schatz, der sprach ein bittres Wort:
»Du
bleibst nun hier, aber ich muß fort.
Leb
wohl, mein Schatz, ich bleib' dir treu,
Wo
du
auch bist, wo ich auch sei.
Bei
Regen und bei Sonnenschein,
Solang
ich lebe, gedenk' ich dein.
Solang
ich lebe, lieb' ich dich,
Und
wenn ich sterbe, bet für mich,
Und
wenn du kommst zu meinem Grab,
So
denk, daß ich dich geliebet hab'.«
zurück
Doppelte Freude
Ein
Herr warf einem Bettelmann
Fünf
Groschen in den Felber.
Das
tat dem andern wohl, und dann
Tat
es auch wohl ihm selber.
Der
eine, weil er gar so gut,
Kann
sich von Herzen loben;
Der
andre trinkt sich frischen Mut
Und
fühlt sich auch gehoben.
zurück
Zum
Geburtstag im Juni
Den
Jahreszeiten allen
Selbviert
sei Preis und Ehr!
Nur
sag' ich: »Mir gefallen
Sie
minder oder mehr.«
Der
Frühling wird ja immer
Gerühmt,
wie sich's gebührt,
Weil
er mit grünem Schimmer
Die
graue Welt verziert.
Doch
hat in unsrer Zone
Er
durch den Reif der Nacht
Schon
manche grüne Bohne
Und
Gurke umgebracht.
Stets
wird auch Ruhm erwerben
Der
Herbst, vorausgesetzt,
Daß
er mit vollen Körben
Uns
Aug und Mund ergötzt.
Indes
durch leises Zupfen
Gemahnt
er uns bereits:
Bald,
Kinder, kommt der Schnupfen
Und's
Gripperl seinerseits.
Der
Winter kommt. Es blasen
Die
Winde scharf und kühl;
Rot
werden alle Nasen,
Und
Kohlen braucht man viel.
Nein,
mir gefällt am besten
Das,
was der Sommer bringt,
Wenn
auf belaubten Ästen
Die
Schar der Vöglein singt.
Wenn
Rosen, zahm' und wilde,
In
vollster Blüte stehn,
Wenn
über Lustgefilde
Zephire
kosend wehn.
Und
wollt' mich einer fragen,
Wann's
mir im Sommer dann
Besonders
tät behagen,
Den
Juni gäb' ich an.
Und
wieder dann darunter
Denselben
Tag gerad,
Wo
einst ein Kindlein munter
Zuerst
zutage trat.
Drum
flattert dies Gedichtchen
Jetzt
über Berg und Tal
Und
grüßt das liebe Nichtchen
Vom
Onkel tausendmal.
zurück
Greulich
Er
hatte, was sich nicht gehört,
Drei
Bräute an der Zahl
Und
nahm, nachdem er sie betört,
'ne
vierte zum Gemahl.
Allein,
es war ein kurzes Glück.
Kaum
waren sie getraut,
So
hat der Hund auch diesen Strick
Schon
wieder abgekaut.
zurück
So und so
Zur
Schenke lenkt mit Wohlbehagen
Er
jeden Abend seinen Schritt
Und
bleibt, bis daß die Lerchen schlagen.
Er
singt die letzte Strophe mit.
Dagegen
ist es zu beklagen,
Daß
er die Kirche nie betritt.
Hier,
leider, kann man niemals sagen:
»Er
singt die letzte Strophe mit.«
zurück
Unbeliebtes
Wunder
In
Tours, zu Martin Bischofs Zeit,
Gab's
Krüppel viel und Bettelleut.
Darunter
auch ein Ehepaar,
Was
glücklich und zufrieden war.
Er,
sonst gesund, war blind und stumm;
Sie
sehend, aber lahm und krumm
An
jedem Glied, bis auf die Zunge
Und
eine unverletzte Lunge.
Das
paßte schön. Sie reitet ihn
Und,
selbstverständlich, leitet ihn
Als
ein geduldig Satteltier,
Sie
obenauf, er unter ihr,
Ganz
einfach mit geringer Müh,
Bloß
durch die Worte Hott und Hü,
Bald
so, bald so, vor allen Dingen
Dahin,
wo grad die Leute gingen.
Fast
jeder, der's noch nicht gesehn,
Bleibt
unwillkürlich stille stehn,
Ruft:
»Lieber Gott, was ist denn das?«
Greift
in den Sack, gibt ihnen was
Und
denkt noch lange gern und heiter
An
dieses Roß und diesen Reiter.
So
hätten denn gewiß die zwei
Durch
fortgesetzte Bettelei,
Vereint
in solcherlei Gestalt,
Auch
ferner ihren Unterhalt,
Ja,
ein Vermögen sich erworben,
Wär'
Bischof Martin nicht gestorben.
Als
dieser nun gestorben war,
Legt
man ihn auf die Totenbahr
Und
tät' ihn unter Weheklagen
Fein
langsam nach dem Dome tragen
Zu
seiner wohlverdienten Ruh.
Und
sieh, ein Wunder trug sich zu.
Da,
wo der Zug vorüber kam,
Wer
irgend blind, wer irgend lahm,
Der
fühlte sich sogleich genesen,
Als
ob er niemals krank gewesen.
Oh,
wie erschrak die lahme Frau!
Von
weitem schon sah sie's genau,
Weil
sie hoch oben, wie gewohnt,
Auf
des Gemahles Rücken thront.
»Lauf,
rief sie, laufe schnell von hinnen,
Damit
wir noch beizeit entrinnen.«
Er
läuft, er stößt an einen Stein,
Er
fällt und bricht beinah ein Bein.
Die
Prozession ist auch schon da.
Sie
zieht vorbei. Der Blinde sah,
Die
Lahme, ebenfalls kuriert,
Kann
gehn, als wie mit Öl geschmiert,
Und
beide sind wie neugeboren
Und
kratzen sich verdutzt die Ohren.
Jetzt
fragt es sich: Was aber nun?
Wer
leben will, der muß was tun.
Denn
wer kein Geld sein eigen nennt
Und
hat zum Betteln kein Talent
Und
hält zum Stehlen sich zu fein
Und
mag auch nicht im Kloster sein,
Der
ist fürwahr nicht zu beneiden.
Das
überlegten sich die beiden.
Sie,
sehr begabt, wird eine fesche
Gesuchte
Plätterin der Wäsche.
Er,
mehr beschränkt, nahm eine Axt
Und
spaltet Klötze, daß es knackst,
Von
Morgens früh bin in die Nacht.
Das
hat Sankt Martin gut gemacht.
zurück
Der Renommist
In
einem Winkel, genannt die Butze,
Wo
allerlei Kram,
Der
nichts mehr nutze,
Zusammenkam;
Bei
alten Hüten, alten Vasen,
Bei
Töpfen ohne Henkel und Nasen,
Befand
sich ein Reiterstiefel auch,
Jetzt
nur noch ein faltiger Lederschlauch.
Großmächtig
hat er das Wort geführt
Und
ganz gewaltiglich renommiert:
»Ha,
damals! Ich und mein Kamerad!
Immer
fein gewichst von hinten und vorn,
Blitzblank
der Sporn,
Durch
die Straßen geklirrt,
Alle
Herzen verwirrt,
Es
war ein Staat!
Hurra,
der Krieg,
Maustot
oder Sieg!
Unser
Herr Leutenant,
Schneidig,
Schwert in der Hand;
Doch
hätt' ich nicht gespornt sein Pferd,
Verloren
wär' die Schlacht von Wörth.«
In
dem Moment, zu aller Schrecke,
Trat
plötzlich hervor aus seiner Ecke
Ein
strammer Reiserbesen.
»Hinaus!«
rief er, »du alter Renommist:
Was
schert es uns, was du gewesen;
Wir
sehen, was du bist!«
Ein
Schubbs. Ein Schwung.
Der
Stiefel liegt draußen auf dem Dung.
zurück
Empfehlung
Du
bist nervös. Drum lies doch mal
Das
Buch, das man dir anempfahl.
Es
ist beinah wie eine Reise
Im
alten wohlbekannten Gleise.
Der
Weg ist grad und flach das Land,
Rechts,
links und unten nichts wie Sand.
Kein
Räderlärm verbittert dich,
Kein
harter Stoß erschüttert dich,
Und
bald umfängt dich sanft und kühl
Ein
Kaumvorhandenseinsgefühl.
Du
bist behaglich eingenickt.
Dann,
wenn du angenehm erquickt,
Kehrst
du beim »stillen Wirte« ein.
Da
gibt es weder Bier noch Wein.
Du
schlürfst ein wenig Apfelmost,
Ißt
eine leichte Löffelkost
Mit
wenig Fett und vieler Grütze,
Gehst
früh zu Bett in spitzer Mütze
Und
trinkst zuletzt ein Gläschen Wasser.
Schlaf
wohl und segne den Verfasser!
zurück
Modern
Hinweg mit diesen alten Herrn,
Sie
sind zu nichts mehr nütz!
So
rufen sie und nähmen gern
Das
Erbe in Besitz.
Wie
andre Erben, die in Not,
Vergeblich
warten sie.
Der
alte reiche Hoffetot,
Der
stirbt bekanntlich nie.
zurück
Zum Geburtstag
Der
Juni kam. Lind weht die Luft.
Geschoren
ist der Rasen.
Ein
wonnevoller Rosenduft
Dringt
tief in alle Nasen.
Manch
angenehmes Vögelein
Sitzt
flötend auf den Bäumen,
Indes
die Jungen, zart und klein,
Im
warmen Neste träumen.
Flugs
kommt denn auch dahergerennt,
Schon
früh im Morgentaue,
Mit
seinem alten Instrument
Der
Musikant, der graue.
Im
Juni, wie er das gewohnt,
Besucht
er einen Garten,
Um
der Signora, die da thront,
Mit
Tönen aufzuwarten.
Er
räuspert sich, er macht sich lang,
Er
singt und streicht die Fiedel,
Er
singt, was er schon öfter sang;
Du
kennst das alte Liedel.
Und
wenn du gut geschlafen hast
Und
lächelst hold hernieder,
Dann
kommt der Kerl, ich fürchte fast,
Zum
nächsten Juni wieder.
zurück
So war's
Der
Teetopf war so wunderschön,
Sie
liebt' ihn wie ihr Leben.
Sie
hat ihm leider aus Versehn
Den
Todesstoß gegeben.
Was
sie für Kummer da empfand,
Nie
wird sie es vergessen.
Sie
hielt die Scherben aneinand
»Und
sprach: So hats gesessen!«
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