|
|
|
|
|
lifedays-seite
moment
in time
|
|
|
04.2
Wilhelm
Busch
Schein
und Sein
Glückspilz
Geboren
ward er ohne Wehen
Bei
Leuten, die mit Geld versehen.
Er
schwänzt die Schule, lernt nicht viel,
Hat
Glück bei Weibern und im Spiel,
Nimmt
eine Frau sich, eine schöne,
Erzeugt
mit ihr zwei kluge Söhne,
Hat
Appetit, kriegt einen Bauch,
Und
einen Orden kriegt er auch,
Und
stirbt, nachdem er aufgespeichert
Ein
paar Milliönchen, hochbetagt;
Obgleich
ein jeder weiß und sagt:
»Er
war mit Dummerjan geräuchert!«
zurück
Verfrüht
»Papa,
nicht wahr,
Im
nächsten Jahr,
Wenn
ich erst groß
Und
lesen kann und schreiben kann,
Dann
krieg' ich einen hübschen Mann
Mit
einer Ticktackuhr
An
einer goldnen Schnur.
Der
nimmt mich auf den Schoß
Und
sagt zu mir: ,Mein Engel',
Und
gibt mir Zuckerkrengel
Und
Kuchen und Pasteten.
Nicht
wahr, Papa?«
Der
Vater brummt: »Na, na,
Was
ist das für Gefabel!
Die
Vögel, die dann flöten,
Die
haben noch keinen Schnabel.«
zurück
Nörgeln
Nörgeln
ist das allerschlimmste,
Keiner
ist davon erbaut;
Keiner
fährt, und wär's der Dümmste,
Gern
aus seiner werten Haut.
zurück
Vertraut
Wie
liegt die Welt so frisch und tauig
Vor
mir im Morgensonnenschein.
Entzückt
vom hohen Hügel schau' ich
Ins
frühlingsgrüne Tal hinein.
Mit
allen Kreaturen bin ich
In
schönster Seelenharmonie.
Wir
sind verwandt, ich fühl' es innig,
Und
eben darum lieb' ich sie.
Und
wird auch mal der Himmel grauer;
Wer
voll Vertraun die Welt besieht,
Den
freut es, wenn ein Regenschauer
Mit
Sturm und Blitz vorüberzieht.
zurück
Tröstlich
Die
Lehre von der Wiederkehr
Ist
zweifelhaften Sinns.
Es
fragt sich sehr, ob man nachher
Noch
sagen kann: »Ich bin's.«
Allein
was tut's, wenn mit der Zeit
Sich
ändert die Gestalt?
Die
Fähigkeit zu Lust und Leid
Vergeht
wohl nicht so bald.
zurück
Unfrei
Ganz
richtig, diese Welt ist nichtig.
Auch
du, der in Person erscheint,
Bist
ebenfalls nicht gar so wichtig,
Wie
deine Eitelkeit vermeint.
Was
hilft es dir, damit zu prahlen,
Daß
du ein freies Menschenkind?
Muß
du nicht pünktlich Steuern zahlen,
Obwohl
sie dir zuwider sind?
Wärst
du vielleicht auch, sozusagen,
Erhaben
über gut und schlecht,
Trotzdem
behandelt dich dein Magen
Als
ganz gemeinen Futterknecht.
Lang
bleibst du überhaupt nicht munter.
Das
Alter kommt und zieht dich krumm
Und
stößt dich rücksichtslos hinunter
Ins
dunkle Sammelsurium.
Daselbst
umfängt dich das Gewimmel
Der
Unsichtbaren, wie zuerst,
Eh'
du erschienst, und nur der Himmel
Weiß,
ob und wann du wiederkehrst.
zurück
Rechthaber
Seine
Meinung ist die rechte,
Wenn
er spricht, müßt ihr verstummen,
Sonst
erklärt er euch für Schlechte
Oder
nennt euch gar die Dummen.
Leider
sind dergleichen Strolche
Keine
seltene Erscheinung.
Wer
nicht taub, der meidet solche
Ritter
von der eignen Meinung.
zurück
Zwei Jungfern
Zwei
Jungfern gibt es in Dorf und Stadt,
Sie
leben beständig im Kriege,
Die
Wahrheit, die niemand gerne hat,
Und
die scharmante Lüge.
Vor
jener, weil sie stolz und prüd
Und
voll moralischer Nücken,
Sucht
jeder, der sie nur kommen sieht,
Sich
schleunigst wegzudrücken.
Die
andre, obwohl ihr nicht zu traun,
Wird
täglich beliebter und kecker,
Und
wenn wir sie von hinten beschaun,
So
hat sie einen Höcker.
zurück
Bös
und gut
Wie
kam ich nur aus jenem Frieden
Ins
Weltgetös?
Was
einst vereint, hat sich geschieden,
Und
das ist bös.
Nun
bin ich nicht geneigt zum Geben,
Nun
heißt es: Nimm!
Ja,
ich muß töten, um zu leben,
Und
das ist schlimm.
Doch
eine Sehnsucht blieb zurücke,
Die
niemals ruht.
Sie
zieht mich heim zum alten Glücke,
Und
das ist gut.
zurück
Erstaunliche
Bescheidenheit
Sehr
schlecht befand sich Mutter Klöhn.
Sie
kann nicht gehn,
Ist
krumm und lahm
Und
liegt zu Bett und rührt sich nicht.
Seit
zwanzig Jahren hat sie schon die Gicht.
Herr
Küster Bötel, welcher häufig kam,
Um
gute Beßrung ihr zu wünschen,
Erzählt
ihr auch des weitern,
Um
sie ein wenig zu erheitern,
Die
Mordgeschichte, die man jüngst verbrochen.
»Ja,
denken Sie nur mal,
Der
Präsident von Frankreich ist erstochen
Von
einem Strolch
Mit
einem Dolch.
Ist
das nicht ein Skandal?«
»Oh,
Lüh und Kinners«, rief sie voller Graun,
»Wat
gift et doch vär Minschen.
Sau
wat könnt eck doch nich e daun!«
Herr
Bötel sprach und sah sie freundlich an:
»Dies
Wort von Ihnen mag ich leiden.
Ein
guter Mensch ist niemals unbescheiden
Und
tut nicht mehr, als was er kann.
Adieu,
Frau Klöhn!
Auf
fröhlich Wiedersehn!«
zurück
Unbequem
Ernst
und dringend folgt mir eine
Mahnung
nach auf Schritt und Tritt:
Sorge
nicht nur für das Deine,
Sondern
für das andre mit.
Demnach
soll ich unterlassen,
Was
mir von Natur genehm,
Um
das Gute zu erfassen?
Ei,
das ist mal unbequem.
zurück
Immerhin
Mein
Herz, sei nicht beklommen,
Noch
wird die Welt nicht alt.
Der
Frühling ist wiederkommen,
Frisch
grünt der deutsche Wald.
Seit
Ururvätertagen
Stehen
die Eichen am See,
Die
Nachtigallen schlagen,
Zur
Tränke kommt das Reh.
Die
Sonne geht auf und unter
Schon
lange vieltausendmal,
Noch
immer eilen so munter
Die
Bächlein ins blühende Tal.
Hier
lieg' ich im weichen Moose
Unter
dem rauschenden Baum,
Die
Zeit, die wesenlose,
Verschwindet
als wie ein Traum.
Von
kühlen Schatten umdämmert,
Versink'
ich in selige Ruh;
Ein
Specht, der lustig hämmert,
Nickt
mir vertraulich zu.
Mir
ist, als ob er riefe:
»Heija,
mein guter Gesell,
Für
ewig aus dunkler Tiefe
Sprudelt
der Lebensquell.«
zurück
Beneidenswert
Sahst
du noch nie die ungemeine
Und
hohe Kunstgelenkigkeit,
Sowohl
der Flügel wie der Beine,
Im
Tierbereich mit stillem Neid?
Sieh
nur, wie aus dem Felsgeklüfte
Auf
seinen Schwingen wunderbar
Bis
zu den Wolken durch die Lüfte
In
stolzen Kreisen schwebt der Aar.
Sieh
nur das Tierchen, das geringe,
Das
zu benennen sich nicht ziemt,
Es
ist durch seine Meistersprünge,
Wenn
nicht beliebt, so doch berühmt.
Leicht
zu erlegen diese beiden,
Das
schlag dir lieber aus dem Sinn.
Wer
es versucht, der wird bescheiden,
Sei's
Jäger oder Jägerin.
zurück
Zu Neujahr
Will
das Glück nach seinem Sinn
Dir
was Gutes schenken,
Sage
Dank und nimm es hin
Ohne
viel Bedenken.
Jede
Gabe sei begrüßt,
Doch
vor allen Dingen:
Das,
worum du dich bemühst,
Möge
dir gelingen.
zurück
Ich bin Papa
Mitunter
schwitzen muß der Schreiner,
Er
stößt auf manchen harten Ast.
So
geht es auch, wenn unsereiner
Sich
mit der Grübelei befaßt.
Zum
Glück hat meine gute Frau,
Die
liebevoll an alles denkt,
Mir
einen kleinen Fritz geschenkt,
Denn
oft erfreut mich dieser Knabe
Durch
seinen kindlichen Radau,
Wenn
ich so meine Schrullen habe.
Heut
mittag gab es wieder mal
Mein
Leibgericht, gespickten Aal,
Und
wie ich dann zur Körperpflege,
Die
Weste auf, die Augen zu,
Die
Hände friedlich auf dem Magen
Im
Polsterstuhl mich niederlege,
O
weh, ein Schwarm von dummen Fragen
Verscheucht
die heißersehnte Ruh.
Ach,
wird es mir denn niemals klar,
Wo
ich gewesen, eh' ich war?
Schwamm
ich, verkrümelt in Atome,
Gedankenlos
im Wirbelstrome,
Bis
ich am Ende mich verdichtet
Zu
einer denkenden Person?
Und
jetzt, was hab' ich ausgerichtet?
Was
war der Mühe karger Lohn?
Das
Geld ist rar, die Kurse sinken,
Dagegen
steigt der Preis der Schinken.
Fast
jeden Morgen klagt die Mutter:
»Ach,
Herr, wie teuer ist die Butter!«
Ja,
selbst der Vater wird gerührt,
Wenn
er sein kleines Brötchen schmiert.
Und
doch, trotz dieser Seelenleiden,
Will
keiner gern von hinnen scheiden.
Wer
weiß?
Ei
sieh, wer kommt denn da?
Hallo,
der Fritz! Nun wird es heiter,
Nun
machen wir den Eselreiter.
Flugs
stell' ich mich auf alle viere,
Indem
ich auf und ab marschiere,
Und
rufe kräftig mein »Ih - ah!«
Vor
Wähligkeit und Übermut.
»Ih
-
ah!« Die Welt ich nicht so übel.
Wozu
das närrische Gegrübel?
Ich
bin Papa, und damit gut.
zurück
Gründliche Heilung
Es
saß der fromme Meister
Mit
Weib und Kind bei Tisch.
Ach,
seine Lebensgeister
Sind
nicht wie sonst so frisch.
Er
sitzt mit krummem Nacken
Vor
seinem Leibgericht,
Er
hält sich beide Backen,
Worin
es heftig sticht.
Das
brennt wie heiße Kohlen.
»Au«,
schreit er, »au, verdammt!
Der
Teufel soll sie holen,
Die
Zähne allesamt!«
Doch
gleich, wie es in Nöten
Wohl
öfter schon geschah,
Begann
er laut zu beten:
»Hilf,
Apollonia!«
Kaum
daß aus voller Seele
Er
diesen Spruch getan,
Fällt
aus des Mundes Höhle
Ihm
plötzlich jeder Zahn.
Und
schmerzlos, Dank dem Himmel,
Schmaust
er, wie sonst der Brauch,
Nur
war es mehr Gemümmel,
Und
lispeln tät er auch.
»Pohsit!«
Wie klingt so niedlich
Des
Meisters Säuselton.
Er
trank, entschlummert friedlich,
Und
horch, da schnarcht er schon.
zurück
Frühlingslied
In
der Laube von Syringen,
Oh,
wie ist der Abend fein!
Brüder,
laßt die Gläser klingen,
Angefüllt
mit Maienwein.
Heija,
der frische Mai,
Er
bringt uns mancherlei.
Das
Schönste aber hier auf Erden
Ist,
lieben und geliebt zu werden,
Heija,
im frischen Mai.
Über
uns die lieben Sterne
Blinken
hell und frohgemut,
Denn
sie sehen schon von ferne,
Auch
hier unten geht es gut.
Wer
sich jetzt bei trüben Kerzen
Der
Gelehrsamkeit befleißt,
Diesem
wünschen wir von Herzen,
Daß
er bald Professor heißt.
Wer
als Wein- und Weiberhasser
Jedermann
im Wege steht,
Der
genieße Brot und Wasser,
Bis
er endlich in sich geht.
Wem
vielleicht sein altes Hannchen
Irgendwie
abhanden kam,
Nur
getrost, es gab schon manchen,
Der
ein neues Hannchen nahm.
Also,
eh' der Mai zu Ende,
Aufgeschaut
und umgeblickt,
Keiner,
der nicht eine fände,
Die
ihn an ihr Herze drückt.
Jahre
steigen auf und nieder;
Aber,
wenn der Lenz erblüht,
Dann,
ihr Brüder, immer wieder
Töne
unser Jubellied.
Heija,
der frische Mai,
Er
bringt uns mancherlei,
Das
Schönste aber hier auf Erden
Ist,
lieben und geliebt zu werden,
Heija,
im frischen Mai.
zurück
oben
weiter
|
lifedays-seite
- moment in time |
|
|
|
|
|
|
|