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Literatur


04.3


Gedichte in Prosa

Ann Croissant-Rust

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Nie mehr

Ein Regen von blassen Rosenblättern um mich,
leise. Sie rieseln und schaukeln und ich kann sie nicht
fassen.
  O, die Süße, die augenschließende Süße.
  Weißt du es noch?
  Wie scheu der frühe Tag! Hellgolden, wimpern-
schließend. Und doch voll rieselnder Sonne, wartend
im Morgenwind, der halb erst erwacht.
  Suchte ich deinen Mund?
  Floh ich deine Lippen?
  Was zwang mich dir zu?
  Was rieß mich von dir?
  Der Regen von blassen Rosenblättern um mich,
leise rieselnd.
  Ich kann sie nicht fassen.
  Die Süße, die schwüle, zitternde Süße!
  Weißt du es noch?
  Wie heiß der volle Tag! Lichtsprühend, siegend.
Ein Taumeln in Glut, ein Aufschreien — —
  Zu viel Glanz, zu viel Licht, zu viel Sonne, zu
viel Schönheit — — du und ich — —
  Und nun die Nacht.
  Immerfort die Nacht.
  Kein Abend, kein Mittag und nimmermehr der
Morgen.
  Nie mehr! —
  Gib ihn mir wieder! —
  Weißt du noch? —
  Nie mehr! —
  Nie? — ! —
  Ein Regen von blassen Rosenblättern um mich,
leise. Sie rieseln und schaukeln und ich kann sie nicht fassen.

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Warum bist du mir ferne?

Schwer hat die stumme dunkle Nacht
ihre Hand auf meine Stirn gelegt.
Ihre Gewänder schleppen über meine Füße,
sie beugt sich über mich.
Und nicht in Ruhe kann ich meine Arme nach ihr
                                                               strecken
Ich zittere,
ich möchte zurückweichen.
Möchte wachen,
auf mich horchen.
Doch die Hand liegt schwer,
so schwer
auf mir.
 
Schließt sie mir die Augen?
Preßt sie mir das Herz?
 
Es ruft in mir,
es will sich losringen,
will schluchzen,
doch die Hand liegt schwer,
zu schwer
auf mir.
Ein Vogelruf durch die Stille,
voll Klage,
voll wehen Sehnens.
 
Da schreit es auf — —
Warum bist du mir ferne?
 
Und mit weitbreitendem,
rauschendem
Flügelschlag fliegt meine Sehnsucht durch das stumme
                                                                          Dunkel,
stößt dir ans Herz.
Komm, o komm in dieser dunklen Nacht!
Fühlst du nicht die zuckenden Flammen,
die meinen Leib zerfressen,
die mir im Hirne bohren?
Hab‘ ich dich gehen heißen?
 
Mein Mund zittert
nach dem deinen,
meine Lippen möchten sich festsaugen,
möchten Blut trinken
an den deinen — —
ich dürste!
 
Warum bist du mir ferne? —
Hörst du nicht die rasenden Schreie
meiner Liebe, die sich am Boden krümmt,
vor dir,
vor dir.
Siehst du nicht, wie meine Arme sich recken ins
                                 Nichts
und möchten sich verkrampfen und die deinen.
Wie mein Körper bebt
nach deinen lodernden Küssen,
meine heißen Augen irrend suchen
nach den deinen?
 
Warum bist du mir ferne?
 
Ich rufe laut:
Komm zu mir
in dieser dunklen Nacht.
 
Ich fühle dich.
 
Bist du bei mir?
Dies deine Hand,
dein Haupt,
deine Brust,
dein Mund?
Ich muß dich umklammern, meine Arme müssen
sich krümmen um dich,
verkrallen meine Nägel in dein Fleisch — —
meine hassende Lust sucht
dich,
will dich zermalmen.
 
Glutströme
rasen durch meinen Leib,
fühlst du, wie sie dich segnen? —
Pressen
will ich meinen Mund auf deine Lippen
und den letzten Schrei ersticken,
schauen
deine Augen,
wie sie in letzter Not
betteln,
rufen,
schreien — —
brechen — — —
 
Blitzende Schwerter
um mich,
züngelnde Flammen
und der Sturm reißt am Haus,
brüllt durch die Räume.
Gurgelnde, rasende Wildwasser,
stürzende Mauern,
krachendes Gebälke —
ich sinke — —
sinke — —
 
Warum bist du mir ferne?
 
Aus den weichen,
wehenden
Florschleiern der Nacht
baut sich ein Haus.
Hallen weiten sich
und vor den hohen
geöffneten Fenstern halten lichtgrüne
Frühlingsbäume Wache.
Halten lautlos
stille Wache
unserem Glück.
Der scheue Lichtschein
aus unserer grünen Ampel
rieselt nieder an ihren jungen Zweigen.
Fliederdüfte
heben sich auf leisen Sohlen
aus schlafenden Gärten,
streichen durch die Zimmer
schmeichlerisch weckend —
Narzissen und Sammtiris liegen
in Riesenbüscheln auf dem satten
Purpur des Teppichs,
auf mattgelber Seide —
dein Haupt
ruht
in meinem Schoße,
ich sehe deine Augen — —
Keines Menschen Haus sonst
und kein Laut.
Nichts um uns.
Nur von dem Dache unseres Schlosses loht
die brennende Glut einer einzigen riesigen
Flamme
hoch in das stumme Dunkel.
 
Warum bist du mir so ferne?
Ich rufe dich.

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