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04.3
Gedichte in Prosa
Ann
Croissant-Rust
_____________________
Traum
Durch
ein grünes Thal wanderte ich. Schmal
war der Pfad
und voll weichen Grases. Sonne
ruhte über dem
Baumgezweig, Licht rann zitternd
durch ruhloses
Laub.
Mein Herz war ruhig, voll stillen,
wunschlosen
Glückes, ich
war nicht müde.
Die
weiche Helle tranken meine Augen, die Helle,
die die
Blumenwiesen küßte, die durch Baumgrün
sickerte.
Blumenwiesen
neben mir, Schatten über meinem
Haupte.
Und
aus der Ferne lockender Vogel-Sehnsuchtsruf
voll zagen,
wehmütigen Glückes und voll drängenden
Jubels.
Ich
lauschte.
Plötzlich
waren meine Bäume versunken, ein
matter Himmel
schaute hernieder, breit und einsam
wurde mein
Weg.
Aber
fern, fern lag weites Land im Morgen-
glanz, dehnte
sich, verhieß —
Und mein Herz krampfte sich zusammen vor
banger, heißer
Freude.
Schneller
wurden meine Schritte, die Ruhe wich.
Leise,
leise, immer noch der Vogelruf.
Nun
suchte ich meinen Weg, dem Vogelruf, dem
fernen Lande
entgegen.
Steine
lagen auf dem Pfad, und ich mußte bergan
steigen.
Eine Krähe gesellte sich mir zu, wiegte sich
auf
neigendem
Gezweige, flog über mir, lautlos, flog
voraus und
wartete am Wegrand auf mein Kommen.
Bange
wollte mir werden, und mein Herz war
traurig.
Ich
wollte ruhen, aber ich mußte wandern.
Dunkel
wurde der Himmel, und schwarz hing die
Krähe mit
lautlosem Flügelschlag über mir.
Keine
Vogelstimme mehr.
Starre
Wälder stellten sich sich vor mich, Felsen ver-
engten den
Pfad. Da stieg die Sehnsucht auf in mir,
die Sehnsucht
nach meinem kühlen Thal in blühender
Pracht.
Rückwärts gewandt waren meine Blicke, nach
Hause wollt‘
ich, den Pfad, den ich gegangen.
Die
Krähe hatte mich verlassen.
Ich
zauderte.
Da
war wieder die süße Vogelstimme, weit, weit
aus fernem
Gehege.
Aus
dem ersehnten Land, im Morgenglanz.
Nun
wanderte ich weiter. Tief sank ich in Sand,
und aus drohendem
Gewölk brachen stechende Sonnen-
blitze.
Langsam nur kam ich vorwärts, aber meine Ge-
danken waren
bei dem verheißenden Land, gierten in
die Ferne.
Kreischend
flog neben mir die Krähe auf, ihr
Schrei
schrillte über die Wälder.
Flattern
durch dürre Zweige, Flügelschläge über
meinem Haupte.
Eine Schar von Krähen begleitete
mich, lautlos
flogen sie über mir, verschwanden und
hockten wieder
wartend am Wegrand.
Ich
zitterte, daß ich allein sei. Ein wehes Sehnen
nach einem
Gefährten wurde wach in mir und eine
bange Angst.
Undurchdringlich
schien der Wald an meiner Seite,
und von oben
brannte die Sonnenglut und ver-
zehrte mich.
Ich
begann zu dürsten.
Da
flog der Krähenschwarm mir zu Häupten und
verdunkelte
die Sonne.
Eiseskälte
packte mich und Furcht. Nebel brauten
um mich, und
mit drohenden Armen stachen die Baum-
äste aus dem
Nebelgrau. Durch Walddunkel und
Grauwolken
kamen Geschöpfe auf mich zu und winkten
mir, sahen
nach mir, aber als ich zu ihnen trat,
waren es keine
lebenden Menschen wie ich.
Tot
waren ihre Augen, und in den toten Höhlen
brannte
flackernde Lichter, grinsend war der Mund
verzerrt, und
aus dem verzerrten Munde zitterte die Zunge.
Sie redeten
nicht, aber die zitternde Zunge
bewegte sich
immerfort.
Verschrumpfte,
kleine Herzen trugen sie in den
Händen und
zeigten sie mir.
Aber
die Herzen waren faul, Würmer fraßen daran,
Würmer fraßen
an ihrem Leibe, krochen aus ihren
Augen, fielen
aus ihrem Munde.
Sie
griffen nach mir, Schauder und Ekel erfaßte
mich, ich
wollte sie fliehen-
Da
war der dichte Wald, der graue Nebel.
Tiefer senkte
sich die Krähenschar, dunkel wurde es
um mich und
Entsetzen packte mich.
Kein
Ausweg.
Blut
rann aus meinem Herzen, und mein Körper
war gelähmt. Die
Geschöpfe mit den toten Flacker-
augen
umringten mich, griffen nach mir, der Krähen-
schwarm ließ
sich nieder, lautlos, dicht schwarz, näher
und näher.
Und
ich schrie auf nach Menschen. Nach Hilfe.
Meine
Sehnsucht schrie.
War
mir das sonnige Thal versunken, die Ferne
verloren? — Weh mir! — Meine Kraft is dahin.
Näher
rückt mir das Grauen, die Finger der
toten
Geschöpfe packen mich, umklammern mich, die
Würmer
kriechen über meinen Leib, die zitternde Zunge
berührt mich — —, schwarze
Fittige vor meinen Augen,
heiseres
Krächzen, ich wollte sterben.
Da
zog das süße Bild mir vor die Seele, das
selige Thal ,
das Thal meiner Sehnsucht — lockte —
verzitterndes
Vogelrufen. — —
Tönt es durch das Nebelgrau? Leuchtet das
selige Land durch
Baumdüster im Sonnenfrieden?
Dort! — — Dort! —
Auf
will ich, aber meine Füße brechen.
Lautlos senkt sich die Krähenschar herab,
bedeckt
mich,
Schmerzen durchwühlen meinen Leib — sterbe
ich? — —
— —
—
— — —
—
—
—
—
—
—
Ich
schlief nur. Meine Wunden wecken mich und
ein
leuchtender Sonnenstrahl, der mir auf der Stirne
ruht. —
Ein
Sonnenstrahl, der durch die Bäume bricht,
und hinter den
Bäumen? — —
Mein
Thal, mein Thal im Goldlicht.
Taumelnd
springe ich auf.
Mit
heiserem Schreien hebt sich die Schar der
Vögel von
meinem Leibe, kreist um mich, über mir,
mit blutigen
Schnäbeln. Blut tropft auf mich, fällt
in meine
Augen, strömt mir aus Herz und Mund.
Aber
ich will auf, mir ist wohl und ich juble.
Schleppe mich
vorwärts und schaue drunten mein Thal
über dem
Berge.
Aus
den Gebüschen höhnen die Geschöpfe, mit
fauligen
Zitterzungen, wollen mir nach, leuchten mit
trüben
Augenlichtern, winken, da! — das Walddunkel
hat sie
verschlungen.
Höher
hebt sich der Zug der Krähen, flattert
kreischend
über die Baumwipfel — zurück — zurück —
verstummt, nur
noch leiser, wehender Flügelschlag —
ist
verschwunden.
Sonnenlicht
umspielt mich weich und warm,
trocknet meine
Wunden, fällt mir ins Herz, daß es
gesundet. Es
wird stark und klopft in heißem, zagen
Sehnen nach
dem Thal. Da liegt es vor mir,
blumenüberschüttet,
voll Licht und Glanz, von dunkel-
blauen Wassern
umspielt, die Insel der Einsamen.
Und
ich harre vor den Wassern, und meine Sehn-
sucht zittert.
Die süßen Vogelstimmen ertönen aus
Wunderbäumen,
Duftwellen umfluten mich aus leuch-
tenden
Wunderblumenkelchen, und meine Augen trinken
die ernste
Schönheit des Thales.
Menschen kommen mir entgegen, schweben über
den Wassern,
Menschen strahlend in Weisheit und
Schönheit.
Nehmen mich in die Arme, küssen mich.
Muß
ich harren hier, vor den Wassern, meine
Brüder überm
Berge, muß ich harren und in sehn-
süchtigem Weh
das Thal schauen?
Oder
nehmt ihr mich mit, daß ich glücklich sei
auf der Insel
der Einsamen? — Daß ich werde wie
ihr? — — — — — Muß ich harren? —
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