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04.2
Gedichte - Oskar Loerke
Atem
der Erde
Berlin 1930
__________
Weltlauf
Der
weise
Richter schlief.
Alte Märchen
klangen:
Noch immer
sitzt der Kalif
Bei Pavianen
gefangen.
zurück
Ziele
Ein
Kehrreim
kommt mir auf dem Damme.
Der Strom, der
Wind im Weidicht reist.
„Die Seelen
fliegen in die Flamme.
Wenn aber
nichts die Seelen speist?“
Das Zwielicht
springt im nassen Schauer
Und greift
nach wesenlosem Ort.
Inzwischen währt
der Grund voll Trauer
Mit
ungezählten Wesen fort,
Wo Natternkopf
und Sauerampfer
Mit blühend um
die Kniee schlägt,
Und aus
verlornem Raum ein Dampfer
Stromab den
Rauchkometen trägt!
Der
Regenhimmel im Verfalben
Erniedrigt,
was im Glanze hing,
Um Hals und
Hüften legen Schwalben
Tief den
saturnisch schiefen Ring.
Planeten weiß
ich aberviele,
Von denen
keine Sonne weiß;
Auf ihren
Körpern ruhn die Ziele
Im end-und
anfanglosen Kreis.
zurück
Im Geiste
Wer
heult, dem
könnt ihr helfen,
Allein kein
Stärkrer schreit,
Nur
Ghibellinen, Guelfen
Sind immer
Dampf und Streit.
Doch wer vom
Unfaßbaren
Gebrannt wird
und gestriemt,
Trägt Leid im
Lebensklaren
Verschwiegen,
wie sich ziemt.
Bei keinem
Trug im Eide,
Vor keinem
Trost ein Knecht:
Sein Hirn und
Eingeweide
Sind irdisch
und sind echt.
Und nur im
Gleichnislande
Wird er sich
zum Gesicht,
Wo heiß und
ohne Schande
Sein Herz
zusammenbricht.
Der Mond im
Bergesherde
Schwält ihm
durch Blattgelapp.
Er spendet
Wein zur Erde:
„Ruft ab den
Schmerz, ruft ab!“
Es faßt ihn bei
den Knieen,
Sein Opfer
trocknet ein,
Verborgne
Munde ziehen
Den
Schmerz in sich wie Wein.
zurück
Mondfrost
Der
gelbe Heilige fährt langsam droben,
Wo unsre Blicke nichts mehr hassen,
Von kühlster Höhe Murmeltieren
Gefolgt zuerst, nun längst verlassen.
Du, Kind, warfst eine Asternblüte
Hinauf zu ihm - und hast getroffen.
Doch er läßt sie von seiner Wange fallen.
Dort oben hat auch Liebe nichts zu hoffen.
zurück
Grenzland
In
mir nah dem
Herzen währen
Gefilde meiner
Toten.
Dort schaukeln
sich auf immergrünen
Ähren
Ihre
geflügelten Boten.
Sie wollen von
den wundersamen
Fernen
erzählen, woher sie kamen.
Quer durch
Gärten, die im Hellen
Niemals einen
Schatten betteten,
Durch Portale,
denen Kellen
Klingend nie
die Quadern glätteten:
Da hören sie
des Herzens
Lebensgewitter,
Sehn unter
sich ein Schattengitter,
Geflochten aus
Ähren –
Sie schweigen,
als ob sie gefangen
wären.-
zurück
Meerufer
Mein
Leben
steht in höhrer Zucht,
Vor
euch wird
sichs nicht neigen.
Hier
ist das
freie Meer, in der Bucht
Sich
versammelnd
zu tragendem
Schweigen.
Doch
dann
spricht es, und schon
spricht es los:
„Befehlen
kann
ich nicht, bezaubern
kann ich!
Nie
war ein
Befehl wie ein Zauber so
groß.“
Mit
dem
Rauschenden flutend rann ich.
zurück
oben
weiter
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