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04.2
Gedichte
Oskar Loerke
Der Gast von Altheide
aus: Die Abschiedshand
__________
Das schlimme Märchenschloß
Auf
seinem Thron schlief der Despot,
Der
jede Regung Geist verbot,
Wo’s
nur auf seinen Wink geschah,
Daß
ihm der Mond durchs Fenster sah,
Wo
sich kein Kater unterfing,
Daß
er aus Eignem mausen ging.
Wie
kam ich zum gewölbten Gang?
Mein
Herzschlag widerhallte bang.
Ein
Gitter! Ein Papier! Ein Stift!
Im
Schein der Nacht die Aufschrift: Gift!
Ein
Scherge packt. «Hast du gedacht?»
Da
hab ich den Kotau gemacht.
Und
es entging ihm, wie ich log,
Als
er mich rauh zum Felsen zog
Und
in die schroffe Tiefe stieß —
Doch
mein Verborgnes leben ließ.
Der
Morgenvogel sang es schon.
Der
Fürst fiel davon tot vom Thron.
zurück
Die Spötter der Hilflosen
Die
Alb-Lawinen rollen
Auf
mich herab von allen Seiten.
Und
meine Freunde wollen,
Ich
solle dennoch vorwärtsschreiten.
Sie
wissen nicht, wie viel Bezwinger
Des
Hochwalds mich getroffen haben.
Es
haben meine klammen Finger
Mich
einsam ausgegraben.
Der
Stern ging unter, und kein Fluchen
Erbarmt
ihn und kein Bitten.
Ich
brauchte nicht mein Herz zu suchen:
Es
würgte mich inmitten.
«Nun
ja, du bist zurückgeblieben,
So
geht es all und jeden,
Das
haben früh schon aufgeschrieben
Upanischaden,
Veden.
Kein
Krückenkrüppel läuft ums Leben
Auf
wundgequetschten Zehen.
Er
muß im Untergang das Schweben
Als
schöne Kunst verstehen.
Von
unten werden Ehrfurchtsstaunen
Und
Jubelschrei der Seinen,
Vom
Himmel Rufe der Posaunen
In
seinem Ohr sich einen.»
zurück
Traumgang zum Himmel
Es
liegt um viele Pfarren
Das
Grünland aufgeräumt.
Wer
fragt in mir, dem Narren:
Was
hast du doch versäumt?
Und
während ich so schreite
Durch
Raps, das Staudenheer,
Da
ist es mir, als gleite
Aus
meiner Brust ein Speer.
Und
wie ich weitergehe
Mit
leisem Wanderpfiff,
Da
fällt mir auf die Zehe
Ein
andrer Waffengriff.
Es
fällt nach einer Weile
Hinab
ein Angelsporn.
Ich
gehe ohne Eile.
Dann
schließt ein Rosendorn.
«Du
Narr, wie viele Wunden
Empfingst
du da und hie!
Sie
blieben unverbunden,
Und
keiner pflegte sie.
Du
wolltest sie vergessen.
Dabei
hats oft getagt.
Du
hast — das war vermessen! —
Zu
spät geweint, geklagt.
Du
tatest immer müder
Dich
als Geschöpft in Bann.
Wir,
die verklärten Brüder,
Wir
rechnen es nicht an.
Du
suchst Musik-Verzücken,
Der
du so stumm schon bist?
Den
Himmel soll nur schmücken,
Wer
aus der Schöpfung ist.»
zurück
Die toten Freunde
Zwei
Tote treten in den Wirtshausgarten,
Und
unter ihnen knirschts im Kies, dem harten.
Vom
Kirchturm klopfen Morgenglockenschläge.
Der
Mond rollt dampfend in die leere Schräge.
Das
Tor weicht vor dem Stock, ein Netz der Spinnen.
Die
drei Bedienermädchen schlafen drinnen, —
Der
eine Freund entkam aus seinem Grabe,
Der
andre freut sich noch der Erdenhabe.
Der
erste sagte, daß er nun beweise,
Vorbei
sei auch des andern Erdenreise.
Man
könne tot sein, doch Kapaunen kauen
Und
die Kapaunen träg beim Wein verdauen,
Und
tot sein heute, ohne es zu wissen,
Und
morgen eine muntre Fahne hissen.
Der
andre schrie fast, dies sei übertrieben.
Sein
Koffer berge, was sein Geist geschrieben.
Sein
Leben sei es, was er hier bewahre;
Darunter
auch ein Buch vom letzten Jahre.
Die
vierzig Bände Verse und Geschichten,
Die
wolle er in Stapeln jetzt errichten.
Er
schlug
sie vor den Freund mit Kartenhieben —
Die
vierzig Bände aber blieben sieben.
Der
erste Tote meint: «Ein Wiederfinden!
Die
sieben, hochgeehrt in meinen Spinden!
Mein
Freund, was hast du denn seither geschrieben?» —
«Hier
dies! hier dies! » — Der Bände blieben sieben.
Die
folgenden,
oft stattlich, schön gebunden,
Sie
waren, kaum zu Handen, schon verschwunden.
Der
Schreiber schnob, es lächelte der Leser.
Die
Morgenbrise fächelte die Gräser.
Kastanienblätter
fingen an zu schwingen.
Die
toten Freunde seufzten auf und gingen.
zurück
Die Einzelhöfe
Es
klingt uns traulich: die Gehöfte drüben,
Die
sich zu siebt den Berghang aufwärts üben,
Gleich
längst geschleiften Pfeilern alter Brücken
Die,
höher süchtig als der grüne Rücken,
An
das Geleuchte des Zenits geleiten —
Man
heiße sie «Die sieben Seligkeiten».
Vielleicht,
daß dort in Fleiß und arm und wacker,
Geflickten
Kleides, mancher stürzt den Acker,
Sich
mancher, nur durch Übeltat empfohlen,
Von
Seligkeit zu Seligkeit gestohlen.
Die
Mühn und Sünden werden sie nicht drücken,
Der
Weg vom Hof zum Grab wird ihnen glücken.
Nun,
hat ein Geist am Geiste sich vergangen,
Er
wird nach Jesu Schwur nicht heimgelangen.
Er
hat, was er gewerkt, vorweg zerbrochen.
Ihm
wird kein Friede — Friede seinen Knochen!
zurück
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