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04.2
Gedichte
Oskar Loerke
Der Gast von Altheide
aus: Die Abschiedshand
__________
Die Abschiedshand
Nach
Todesschrecken
Was
ich erfuhr, das habt ihr nicht erfahren.
Ich
barst, der Angstschweiß hing mir in den Haaren.
Da
tat ich, was die Ahnung ernst verwehrt:
Ich
habe mich, ihr Lieben, umgekehrt.
Ich
sah auf euch zurück in großer Trauer,
Denn
alle schient ihr mir wie meine Kinder,
Ihr
licht noch Wachsenden, jedoch nicht minder
Ihr
andern, Schwielenharten, die ihr grauer
Als
ich seid. —
Plötzlich
kam das Händereichen:
Ihr
unter Waage, Stier und allen Zeichen
Der
Zodiaks Heimischen, lebt wohl, ihr alle
Am
Himmelsrad und seinem Stieg und Falle!
Ihr
überseht die Hand, nicht frech und nicht verschüchtert;
Nicht
trunken war die Hand, nun ist sie nicht ernüchtert.
Sie
sinkt, und unter Wünschen, vielen, vielen,
Kehrt
einer immer wieder: Mögt ihr, Kinder,
spielen!
zurück
Segen
Halt
ein! — Du sagst: «Mein Schmerz bewältigt mich!»
Die
Überwältigung ist nicht für dich.
«Ich
lebe ja doch nur noch kurze Zeit.“
Sie
ist von Wein und Hostie eingeweiht.
Der
Brunnen bliebe leer, der Senkkrug hohl,
Erwüchse
neben ihm nicht das Symbol.
Will
deine Kleinmut los von ihrer Pflicht:
Den
Göttern bleibt der Weg und bleibt die Sicht.
zurück
Abgesang
Auch
ich war jung und mußte viel entbehren.
Flieg,
Vogel, flieg!
Die
Seele stieg
Und
kam bei Hohen in der Höh zu Ehren.
Dann
biß die Sorge um den Erdenbettel
Bei
bitterm Schweiß
Und
Ach — Gott weiß.
Das
schoß den Einschlag ins Geweb zum Zettel.
Dann
kam die Zeit, die Seele zu verpachten.
Es
kam das Pack,
Mich
Katz im Sack
Auf
breitem Buckel lässig zu verfrachten.
Und
endlich war ich reif zum Grundverzichten,
Warf
allen Sinn
Der
Mühsal hin.
Und
Kluge mahnten mich an meine Pflichten:
«Sei
zart, du mußt noch manches von dir streifen!»
—
Das
ganze Leben
Kann
ich euch geben,
Doch,
was das Leben sei, müßt ihr begreifen.
Seid
ihrs, so kann ich wohl euch gehen heißen.
Was
groß und wild
Sich
sein Gefild
Zur
Wohnung nahm, wird mich zuvor zerreißen.
zurück
Das edle Roß
Du
darfst nicht fromm verachten, was du hassest.
Manch
Sanftem geht der Weltensinn verloren.
Ein
edles Roß ist unsanft ohne Sporen.
Sieh
zu, daß du die Feuermähne fassest!
Bist
du ein Drechsler nur, so magst du drechseln.
Bist
du ein freier Reiter: du mußt reiten!
Nach
Pferdepflegern sieh dich um beizeiten:
Den
Ekel und den Abscheu, laß sie wechseln!
Der
Ritt gradaus zum Tode macht Beschwerden,
Du
lerntest unterwegs schon manche kennen.
Doch
wenn sich freche Bruten Schicksal nennen,
Mußt
du, mein Haß, des Schicksals Schicksal werden!
Viel
Eidgenossen werden mit dir fallen,
Das
Roß wird ledig um den Erdball fahren.
Die
Blinden freilich werdens nicht gewahren,
Nur
dunkel mit den dunklen Fäusten ballen.
zurück
Die Feinde
Mein
Mund kann wohl in Schweigen sich gedulden.
Der
Gott, den ihr mir schlagt, wird nie entschulden
Gedanken,
die mir nach dem Leben trachten,
Wie
Gift, wie Pfeil,
Wie
Henkerseil
Auf
seiner Erde mich zum Schatten machten,
Der
sich, in Gottes Herbstschmuck spottgehenkt,
Um
Staub zu fressen, in die Gänge senkt.
Wie’s
kam, läßt Gott sich nicht von euch erklären,
Ihm
bleiben Schwären neben Heilstem Schwären.
Wenn
ihr nun sagtet: «Deines ist zerrissen,
Nimm
hin mein letztes Hemd, ich kann es missen»,
Ich
sagte drauf: «Ihr mögt es gut bewahren
Für
euch als Tränentuch nach hundert Jahren,
Ihr
braucht es noch!» — «Was hilft uns dann der Lappen?» —
«So
reicht ihn euren Enkeln dar.
Die
Ammenmärchen werden wahr:
Es
kommt das Heulen und das Zähneklappen.»
zurück
Nachtrag zum Zyklus «Atlantis»
Sie
konnten leben, und sie haben
Den
Tod gewählt.
Sie
haben sich das Grab gegraben,
Für
nichts gezählt.
Schon
heißt der Marsch in ihren Reihen
Niewiederkehr,
Und
Menschenleid und –glück bespeien
Sie
niemals mehr.
Die
Würmer mögen sie zu fressen
Zu
heikel sein.
Die
Hölle wird sie selbst vergessen
Und
von sich spein.
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