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Gedichte
- Reineke-Fuchs
Ein
heiteres Kinderbuch
von
Julius
Lohmeyer und Edwin Bormann,
Freie
Nachdichtung des niederdeutschen Reineke de Vos.
mit
12 Bildern von Fedor Flinzer,
Verlag
von Carl Flemming, Glogan
_______________________________
Dritter
Gesang
Und
Hinze kam nach
Malpertaus,
Zum
Fenster sah der Fuchs heraus.
Der
Kater neigte sich gar zierlich
Und
sprach bescheiden und manierlich:
"Zum zweiten
Mal durch
Botenmund"
Da
rief Reineke: „Glück und Heil,
Mein
Neffe, werde dir zu Theil!
Doch
sieh, schon bricht die Nacht herein,
Mein
Gastfreund mußt du heute sein.
Wir
brechen auf mit früh’stem Morgen;
Dir
folg‘ ich gern, sei außer Sorgen.
Denn
wenn ich einem trauen kann,
Bist
du‘, mein lieber Hinzelmann!“ —
„Nein,“
fiel der Kater ihm ins Wort,
„Wir
machen besser gleich uns fort.
Die
Nacht ist still und mondenklar . . .“
„Bei
Nacht zu reisen, bringt Gefahr,
Sprach
Reineke. „Wer Tags uns sieht
Und
mit Respekt sein Hütchen zieht,
Fiel‘
über uns wohl mörd’risch her,
Käm‘
er des Nachts uns in die Quer.“
„Gut,
Ohm,“ sprach Hinze, „Bleiben wir;
Doch
sag‘, was giebt’s zu beißen hier?“
„Du
mußt, Freund Hinze, dich bequemen,
Mit
Hausmannskost vorlieb zu nehmen.
Ich
bring‘ dir eine Honigscheibe . . .“
„Mit
Honig bleib‘ mir fern vom Leibe!“
Rief
Hinz‘ entsetzt. „Hat Malpertaus
Für
mich denn keine fette Maus?“
Reineke
sprach: „Du treibst wohl Spaß?
Welch
wunderlicher Lieblingsfraß!
Doch,
ist mein Haus auch mäuseleer,
Beim
Schulzen giebt es desto mehr.
Dort
wimmeln, kann ich dir betheuern,
Von
Mäusen Keller, Küch‘ und Scheuern.“
„Ach,
bester Ohm, ich bitte dich,
Führ‘
zu den lieben Thierchen mich!“
Flugs
war Reineke bei der Hand;
So
schlichen sie zur Scheunenwand.
Dort
war ein rundes Loch im Lehm,
Durch
das des Nachts zuvor bequem
Reineke
sich auf leisen Sohlen
Des
Schulzen besten Hahn gestohlen.
Damit
den frechen Dieb man finge,
Lag
jetzt dahinter eine Schlinge.
Reineke,
der den Braten roch,
Sprach:
„Hinze, sieh, dort ist das Loch.
Schon
hör ich, wie sie munter pfeifen —
Brauchst
nichts zu thun als zuzugreifen.!
„Daß
nur auch alles sicher ist?
Ein
Schulze braucht gar manche List!“
„Ei,“
sprach der Fuchs, der lose Wicht,
„Bist
du so scheu? Das wußt‘ ich nicht.
Dann
komm‘, Freund Hinz, gehn wir heim
Und
halten uns an Honigseim.“
Des
Spottes schämte Hinze sich.
„Meinst
du,“ sprach er, „ein Mann wie ich,
Ein
Kater kenne Furcht und Bangen?“
Er
sprang ins Loch und —— war gefangen.
Er
warf sich hin und her; der Strick
Zog
fester nur sich ums Genick.
Reineke
sah durchs Mauerloch:
„Wie
steht’s? Die Mäuse schmecken doch?
Sind
auch die Thierchen gut und fett?
Wär‘
nicht der Schulze schon zu Bett,
Er
würde sicher Senf dir bringen!
Doch,
Freundchen, sag‘, was soll das Singen?
Singt
man bei Hof zur Tafel auch?
Fürwahr,
ein königlicher Brauch!“
Erbärmlich
klang des Katers Schrei’n —
Da
knarrt das Thor, da stürzt herein
Der
Schulze und die Seinen alle:
„Hurrah!
Der Fuchs ging in die Falle!“
Und
klitsch und klatsch trifft Hieb auf Hieb
Den
unschuldsvollen Hühnerdieb.
Es
wächst die Noth; mit kühnem Satze
Springt
Hinz‘ dem Schulzen auf die Glatze
Und
beißt drauf los und kratzt und krallt,
Daß
der vor Schmerz zu Boden prallt.
Man
springt dem Herrn zur Hilfe bei,
Der
Kater athmet wieder frei.
Er
nagt am Strick, er nagt und beißt —
Ein
derber Ruck, der Strick zerreißt,
Und
Hintze huscht durchs Loch im Nu
Und
läuft dem Königshofe zu. —
„Wie?“
rief ergrimmt der König Leu,
Er
spottet meines Worts aufs Neu‘?
Er
trotzt des Königs Machtgebot?
Dem
Frechen schwör‘ ich sichern Tod!“ —
„O
Herr!“ rief Grimbart, „hör‘ mich an;
Mein
Oheim ist ein freier Mann.
Eh‘
du ihn bar sprichst aller Gnaden,
Laß
ihn zum dritten Male laden.
Und
wär‘ auch wahr sein tolles Treiben:
Was
Recht ist, das muß Recht verbleiben.
Was
keinen sonst, mir soll’s gelingen,
Reineken
vor Gericht zu bringen.“ —
So
kam der Dachs nach Malpertaus
Und
fand den schlauen Fuchs zu Haus.
„Mein
Oheim,“ sprach er, „grüß dich Gott!
Treibst
du noch immer bösen Spott?
Ist’s
möglich denn — du wagst es nicht,
Von
Angesicht zu Angesicht
Den
schnöden Klägern dich zu zeigen?
Brachst
du nicht jeden noch zum Schweigen,
Nicht
jeden noch in Schand‘ und Schmach,
Der
dir, mein Ohm, zuwidersprach?“
„Wohl
ist es wahr, was du gesagt,“
Sprach
Reineke, „drum sei’s gewagt.
Läßt
auch der Leu voll Zorn mich laden ,
Er
schenkt mir dennoch seine Gnaden;
Denn
es erkennt sein kluger Sinn,
Daß
ich ihm unentbehrlich bin.
Was
insgesammt die andern schwätzen,
Kann
das ein Wort von mir ersetzen?
— Geliebtes
Weibchen,“ rief er dann,
„Nimm
Reinhart’s dich getreulich an!
Wie
stehn dem lieben kleinen Sohn
Die
Grannen keck ums Mäulchen schon.
Und
hätschle Rossel mir, den kleinen!“
So
schied Reineke von den Seinen.
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