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04.2
Gedichte
Der
zunehmende Mond
Rabindranath
Tagore
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Die
Champablüte
Denk'
Dir, ich würde eine Champablüte [5], nur zum Scherz,
und wüchse auf einem Ast hoch oben in jenem Baume und schütterte im
Wind vor
Lachen und tanzte auf den neu entkeimten Blättern; würdest Du mich
kennen,
Mutter?
Du
würdest rufen: »Kindchen, wo bist Du?«, und ich
würde lachen für mich und ganz stille sein.
Ich
würde heimlich meine Blüte öffnen und Dir bei der
Arbeit zuschaun.
Wenn
Du nach dem Bad, das nasse Haar über Deine
Schultern gebreitet, durch den Schatten des Champabaumes gingest zu dem
kleinen
Hof, in dem Du
Deine Gebete sagst, würdest Du den
Duft der Blume merken, aber nicht wissen, daß er von mir käme.
Wenn
Du nach dem Mittagsmahl am Fenster säßest,
Rāmāyana [6] lesend, und des Baumes Schatten über Haar und
Schoß Dir fiele, würd'
ich Dir meinen kleinwinzigen Schatten auf die Seite Deines Buches
werfen, grad
dahin, wo Du liest.
Aber
würdest Du raten, daß es der zarte Schatten
Deines kleinen Kindes war?
Wenn
Du des abends zu den Kühen gingest, mit der
brennenden Lampe in der Hand, würde ich plötzlich wieder auf die Erde
niederfallen und noch einmal Dein eignes Kind sein und Dich bitten, mir
eine Geschichte zu erzählen.
»Wo
bist Du gewesen, Du schlimmes Kind?«
»Ich
mag's nicht erzählen,
Mutter.« Das würden Du und ich dann sagen.
oben
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