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04.2
Gedichte
Der
zunehmende Mond
Rabindranath
Tagore
Anmerkungen
und
Nachwort des Übersetzers
[1] Arēka-Palme (malayisch
arik). Eine Abart, Arēca cātechu, die Betelpalme, trägt orangerote,
hühnereigroße Früchte, deren Kern, mit den Blättern des Betelpfeffers
umwickelt,
gekaut wird.
Kokos-Palme (von
spanisch coca
»Nuß« oder portugiesisch coco »Popanz« wegen der gesichtsähnlichen,
daher
schreckhaften Früchte). Die Kokosnuß gehört in Indien zu den heiligsten
Früchten, die der Göttin der Wohlfahrt, Sriphāla, geweiht sind.
Brotfruchtbaum (englisch
jack-fruit
aus malayisch chakka; sanskrit pānasa). Die kopfgroßen Früchte werden
roh und
geröstet genossen. 2 bis 3 Bäume versorgen einen Menschen ein Jahr mit
Nahrung.
[2] Feigenbaum
(englisch
banyan tree, sanskrit vaṭa;
ficus indica). Die Luftwurzeln der Äste greifen in den Boden ein und
werden zu
neuen Stämmen. So wächst der Baum nach allen Seiten hin durch
Jahrtausende und
bildet einen Wald, der Tausende von Menschen aufnimmt. Er ist der Zeit,
Kāla,
heilig und gilt als Sinnbild der Unsterblichkeit. Beim Pflanzen des
Baumes wird
gewöhnlich das Gebet gesprochen: »Möchte ich so viele Jahre im Himmel
weilen
als dieser Baum auf Erden wächst.«
Mango (malayisch
māngāy,
sanskrit āmra; magnifera indica). Gelbblühender
Baum mit gelblichen, bis zu einem Kilo schweren Früchten, die ein
beliebtes
Obst sind. Der Ārmra gilt als Inkarnation der Liebesgöttin. Nach einer
Legende
übte die Göttin Pārvati unter einem Mangobaum Buße, dort,
wo jetzt der Ṡaiva-Tempel steht. Hier erschien ihr ihr
Gatte Ṡiva,
der als Ekāmranātha »der unvergleichliche Herr des Mangobaums« verehrt
wird.
[3] Bakula (mimusops
elengi), Baum mit wohlriechenden Blättern und Blüten, die ein
ätherisches Öl
liefern. Die süßen Früchte sind eßbar.
[4] Kadam (sanskrit
Kadamba; nauclea cadamba), Liane mit orangefarbener duftender Blüte.
[5] Champa (sanskrit
champaka; michelia champaka), den Magnolien ähnliche Holzgewächse mit
duftenden, zarten, weißen und gelben Blüten, die Götzenbildern
dargebracht
werden, besonders am 14. Iyeshṭh
(ungefähr unserm Juni entsprechend). Das wohlriechende Champakaöl ist
sehr
beliebt.
[6] Rāmāyana (sanskrit
ayana = gehend, vonay = gehen), »Die Taten des Rama«. Das große
Sanskrit-Epos,
das dem Vālmiki zugeschrieben wird und im 5. Jahrh. v. Chr. entstanden
sein
dürfte. Vgl. Alex. Baumgartner, das Rāmāyana und die Rāma-Literatur der
Inder.
Freiburg 1894.
[7] Tulsi (sanskrit
tulasi; ocimum sanctum), heiliges Basilikum. In Ostindien berühmteste
Arzneipflanze, der Legende nach aus dem Haar einer Nymphe erzeugt, die
Vishnu
in seiner Inkarnation als Krishna liebte. Vaisnawa-Rosenkränze bestehen
aus 108
Perlen von diesem Holz. Alljährlich wird in Indien eine Art
Vermählungszeremonie zwischen dieser Pflanze und
einem Salagramammoniten (versteinerte, ausgestorbene
Tintenschneckenart, Symbol
des Vishnu und als Amulett weiblicher Fruchtbarkeit) als Sinnbild der
Muschelinkarnation Vishnus vollzogen.
[8] Tamarinde (arabisch
tamr hindi, indische Dattel; tamarindus indica), bis zu 25 Metern
hoher,
immergrüner Baum mit gelblichen, purpurgeäderten Blüten. Die Frucht
wird als
Obst, Nahrungs- und Arzneimittel verwendet.
[9] Shiuli (bengali;
nyctanthes arbor tristis), Gattung der Oleaceen. Bis zu 9 Metern hoher
Baum
oder Strauch, vom Jasmin hauptsächlich durch Blütenfarbe (Röhre und
Schlund
orange, sonst weiß) und Fruchtform verschieden. Tropische Zierpflanze
mit wohlriechenden, nur nachts geöffneten Blüten, die zum
Färben von Speisen und zur Bereitung von ätherischem Öl dienen.
[10] Indischer
Flachs (englisch jute, bengali jūto »die Haarflechte«;
corchorus
olitorius). Die Faser wird zur Erzeugung von Matten und groben
Sackleinen,
Jute, verwendet.
[11] Rāmachandra. Das
Wort chandra wird oft an Namen angefügt, um die Schönheit auszudrücken.
Der
Retter der Welt, der triumphierende Dämonentöter, der rührendste
Dulder, in den
sich Vishnu bei seiner siebenten Herabkunft verwandelte. Rāmas
vierzehnjährige
Verbannung mit seiner Gattin Sitā wird im zweiten und dritten Gesange
des
Rāmāyana geschildert.
[12] Ganesh (Sanskrit
Ganeça »der Anführer des Gefolges« Shivas, als dessen Sohn er gilt). Er
wird
oft mit seinem Bruder, dem Kriegsgott Skanda verehrt. Er ist der
Entferner von
Hindernissen, die Verkörperung allen Erfolges. Indische Handschriften
pflegen
mit einer an ihn sich richtenden Verehrungsformel zu beginnen, damit er
den
hindernden Einfluß böser Dämonen vom Schreiben abwehre: so ist der
Schein
entstanden, als sei Ganesha eigentlich ein Gott der Wissenschaft. Sein
in
Indien unendlich verbreitetes Bild zeigt ihn mit einem Elefantenkopf,
oft auf
einer Ratte reitend.
[13] Madar (sanskrit
mandāra; erythrina indica), Dadapbaum, als Stütze in Pfeffer-, als
Schattenbaum
in Kaffeeplantagen verwendet. Mit meist scharlachroten Blütentrauben,
zur Gattung der Korallenbäume gehörig.
[14] Palankin
(Tragsänfte.)
[15] Puja (sanskrit)
bedeutet Verehrung überhaupt. Als Fest ist das Durgāpūjā oder Navarātra
gemeint, die »Neun Nächte«, beginnt am ersten und endet am zehnten Tag
der
lichten Hälfte von Āṡvina (September-Oktober). Es wird namentlich
in
Bengal gefeiert als Erinnerung an den Sieg von Durgā, Shivas Frau, über
einen
büffelköpfigen Dämon. Ihr Bild wird mit zehn bewaffneten Armen
dargestellt, ihr
rechter Fuß auf einem Löwen ruhend, ihr linker auf dem Büffeldämon.
Nach
neuntägiger Verehrung wird dieses Götzenbild am zehnten Tage ins Wasser
gestürzt.
Näheres
vgl. Monier-Williams, Brāmanism and
Hindūism or Religious Thought and Life in India. London, 1891.
******
Die
Gedichte 2 "Am
Meerufer", 3 "Der Ursprung" und 9 "Wann und Warum" sind
mit den Gedichten 60–62 der Sammlung »Gitanjali« identisch.
Es
scheint mir wichtig, zu betonen, daß die englische,
von Tagore selbst geschaffene Form als die beste europäische Mittlerin
seiner
Gedanken und Gefühle zu gelten hat. Selbst die Kunst eines Rückert
könnte uns
die Umdichtung aus dem bengalischen Urtext nicht so nahebringen, wie
eine
möglichste Nachbildung der englischen Umdichtung uns rühren kann.
Bei
den Anmerkungen danke
ich wieder vieles der Freundlichkeit des Berliner Sanskritisten, Herrn
Professor Heinrich Lüders.
GEDRUCKT
BEI
POESCHEL &
TREPTE IN LEIPZIG
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