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04.2
Gedichte -
Emil
Verhaeren
Lichte
Stunden
Wie
leicht dein Aug′ in
Leidenschaft erglüht
und
wie es flammt aus tiefer Inbrunstfülle,
dein
liebes Auge, das so sturmesstille,
so
sanft auf das Leben sieht!
Wie
ich heut abend staunend nach dir blickte,
als
dich ein Wort auf lichter Wolkenbahn
in
unserer Freude Paradies entrückte,
in
dem du dienst und das dir untertan!
Da
lohten heilig heiße Liebeskerzen
hell
durch zwei demutstille Menschenherzen;
und
als wir knieeten, fluteten die Wellen
des
Glückes machtvoll über unsere Seelen.
Der
Sturm ward still, die Leidenschaft ließ nach;
die
Arme sanken, die sich fest umspannten;
das
Schweigen aber wachte auf und sprach
zu
uns in Worten, die wir nicht erkannten
zurück
Tröstende Fensterlichter fallen
in
der Winternacht auf den starren Schnee;
so
glitten deines Erbarmens Strahlen
über
mich in der Zeit meiner Qualen,
als
die tückischen Stunden Fallen
stellten
nach meinem Weh.
Deiner
Seele barmherziges Licht
streifte
mein Herz, und es schmerzte nicht;
eine
Hand voll ruhiger Wärme, nahm
es
zart den Stachel von meinem Gram;
in
der Ferne taute die Hoffnung rein;
linde
Worte klangen und drangen
sehr
langsam in mich ein.
Und
das Vertrauen kam,
und
ohne Falsch hat Sehnsucht sich geregt;
ein
Abend kam voll Licht und Weihe,
der
deine Hand in schlichter Freundestreue
für
alle Zeit in meine Hand gelegt.
Die
Zeit verrauschte, seit mein Winter schmolz,
und
um uns ist des Sommers Kraft und Stolz,
und
seine ewigen Flammen wehn
um
den Weg, den unsere Gedanken gehn;
und
die Liebe wurde die Wunderblüte,
die
aus dem herrlichen Verlangen keimte
und
immer seliger und immer reiner glühte
und
schöner warb, als je ein Herz sich träumte, -
aber
ich sehe dankbar noch immer
nach
dem lieben Licht, nach dem ersten Schimmer.
zurück
Ich
will nicht wissen, was es so gefügt,
daß
unsere Seelen sich gesucht, sich paarten;
denn
aller Zweifel starb in diesem Blütengarten,
der
menschenfern um uns und in uns liegt.
Kein
Forschertrieb soll je es überfallen,
was
immer Wunder und Geheimnis bleibt,
was
uns in Inbrunst und Verlangen treibt
zu
stetem stillen Flug nach unserer Hoffnung Hallen.
Eh′
ich dich kannte, fühlte ich dich tief;
und
dessen freue ich mich alle Tage,
daß
meine Liebe sich ganz ohne Frage
zu
dir gewandt, als deine Stimme rief.
Wir
wollen gut und schlicht sein, damit Licht
und
Seligkeit uns beiden immer tagen,
und
wollen lächeln, wenn die Menschen sagen:
das
Leben duldet solche Liebe nicht.
zurück
Den
Königinnen, deren lange Schleppen
sacht
niedergleiten über Blumentreppen
in
der Sagen schimmerndem Kranz,
will
manchmal mein Traum dich gesellen;
ich
gebe dir Namen, die schwellen
vor
Klarheit, von Pracht, von Freude,
und
rauschen in Silben von Seide
entlang
der Verse Gelände,
wo
Worte liebkosend die Hände
sich
reichen zum Festestanz.
Wie
bin ich schnell es müde, dieses Spiel!
Denn
jedes Wort, das dich verschönen will,
entflieht
und naht sich deinem Wesen nicht.
Ach
deine Stirn, so weiß und licht und rein in
Zuversicht,
und
deine lieben Kinderhände, die
so
still gefaltet sind auf deinem Kniee,
die
Brust, von deines Pulses Gang bewegt,
der
wie dein Herz rein und unendlich schlägt, -
ach,
wie ist alles klein und arm und eitel,
nur
du nicht, nur nicht dein Gebet,
nur
nicht das Licht, das unter deinem Scheitel
in
deiner Augen nackter Reinheit steht!
zurück
Deinem Lächeln und deinen Tränen
hab′
ich von meinen Gedanken
die
innigsten geweiht:
die
ich dir sage, und jene,
deren
Tiefe Worte nicht kennen,
die
schwanken
in
Unbestimmbarkeit.
Deinem
Lächeln und deinen Tränen,
deiner
Seele gehört meine Seele an;
ihr
Lächeln und ihre Tränen
und
ihr Kuß sind dir untertan.
Siehst
du, Morgenrot keimt auf der bleichen Erde,
Schattenbänder
gleiten und schwinden
langsam
mit Gramgebärde.
In
den Teichen rieselt das Wasser so sacht;
Blumen
und Gräser wollen die Häupter entzünden,
und
die goldenen Wälder entwinden
sich
den Liebesarmen der Nacht.
Ach,
der Fülle des Lichtes nahn
eines
seligen Tages, beide,
herrlich
die Seelen angetan
mit
unserer Liebe zitterndem Blütengeschmeide,
über
uns keinen Schleier mehr,
und
in uns kein Geheimnis mehr
ach,
in leuchtende Liebesweiten
eines
Tages zusammen Schreiten!
zurück
In
deiner Augen See soll meine Seele
sinken,
und
alles, was in dieser Seele gärt,
soll
dein Gebet und deinen Frieden trinken,
damit,
von Wildheit und von Qual genesen,
besser
und reiner sie mir wiederkehrt.
In
der Verschmelzung klärt sich unser Wesen,
so
wie im gleichen Chor zwei goldene Fensterscheiben
die
Flammengarben ineinander treiben,
bis
keine Schranken mehr die Gluten trennen,
die
in geteiltem Licht und gleicher Inbrunst brennen.
Wie
schwer, wie müde ich oftmals bin!
Nach
Vollkommenheit geht mein Sinn
und
kann sie nicht erlangen.
Mein
Herz zerreibt sich gegen sein Verlangen,
mein
Herz, von bösen Pflanzen umgeben,
die,
zwischen des Trotzes Fels geklemmt,
hohnvoll,
vergrämt
Blüten
von Asche und Tinte heben;
mein
Herz, das manchmal falsch und manchmal ehrlich
schlägt,
mein
widerspruchsvolles Herz,
mein
Herz, immer wild und erregt
in
ungebändigter Freude, in Furcht vor nahendem
Schmerz.
zurück
Nun
unsere Augen sich lieben sollen,
gib
acht, daß jeder Blick erst daraus taut,
der
im Leben je, im ränkevollen,
schlecht
und knechtisch hineingeschaut.
Morgenrot
kommt mit Tau und Blüten,
zitterndes
Licht auf die Welt zu schütten
und
sanftes Glühn;
zarte
Federn sehen wir spielen
silbern
und sonnig durch Nebelhüllen
über
das Moos des Gartens hin.
Unsere
blauen, herrlichen Teiche zittern,
wachen
auf unter Goldgewittern,
von
smaragdenem Hauch sind die Stämme umsäumt;
und
die Klarheit will aus Pfaden, Hecken, Gehegen
die
Asche fegen,
die
feuchte, in der noch die Dämmerung träumt.
zurück
Nun
reift des Sommers Prangen durch unserer
Liebe Au.
Durch
die Allee dort unten schreitet ein goldener Pfau;
Blumenblätter
decken wie Fliesen
-
Perlen, Smaragden, Türkisen –
den
grünen, schläfrigen Rasen ganz.
Schneeweiß
auf unserer Teiche blauem Glanz
ruhn
die Küsse der Wasserrosen,
und
die Johannisbeersträucher ziehn,
ein
leuchtender Hofstaat, am Dickicht hin.
Erregt
von Insektenkosen,
zittert
das Herz einer Blume;
das
Unterholz ziert sich mit Sonnenflecken,
und
des Weinstocks silberne Trauben bedecken
tausend
Bienen mit wirrem Gesumme.
Von
glitzerndem Glanz ist die Luft umflossen,
sie
regt sich, sie weht wie in Lichtesrosen
unter
des Mittags blendendem Dach;
und
wie verlangende Arme fassen
flammend
und fern die gewohnten Straßen
in
des Horizontes Perlmutter, der Sonne nach.
Gewiß,
des Sommers Diamantgewand
hält
meinen Garten so mit Licht umspannt;
und
unsere Seelen jubeln; denn sie wähnen
in
diesem Flammenstrauß ihr eigenes Leben brennen.
zurück
Deiner
Augen Sommersonnenschein
soll
mir immer auf Erden
das
Sinnbild der Güte sein.
Laß
unsere Seelen, die sich tief aneinander entzünden,
jede
Gedankenflamme mit goldenen Gluten umwinden.
Meine
Hände an deinem Herzen gefaltet
seien
dir immer auf Erden
Liebe,
die nie erkaltet.
Laß
uns leben wie zwei Gebete, die allezeit
vergangen
in Sehnsucht eines dem andern bereit
Unsere
Küsse, unendlicher Wonne voll,
seien
uns immer auf Erden unseres Lebens Symbol.
zurück
Du
liebe, stille Freundin, warum rührt
ein
Tag, ein einziger, der dich nicht bei mir fand,
so
schmerzhaft meine Liebe an und schürt
entschlafene
Glut empor zu neuem Brand?
Ich
gehe aus und suche Jener Spuren,
die
heimwärts kehren von den Wunderfluren,
wo
seit dem Morgen deine Schritte weilen.
An
einen Stamm gelehnt, wo sich die Pfade teilen,
erspähe
ich, wie sie nahn;
und
meine hungrigen Blicke saugen
lange,
lange an ihren Augen,
die
noch hell sind, weil sie dich sahn.
Und
ich möchte sie küssen, küssen,
ihre
Finger, die dich berührt,
möchte
sie mit verworrnen Worten grüßen,
die
unter ihnen keiner deuten wird,
und
horche lange, wie in Finsternissen
verhallend
langsam sich ihr Schritt verliert,
da,
wo von alten Abenden bewahrt
in
feuchtem Grund geneigt die Nacht schon harrt.
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