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Literatur


04.2



Politische Gedichte

Karl Frohme
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Natur und Mensch

Es wirkt Natur in ihren weiten Reichen
Nach festem Plan, nach dauernden Gesetzen,
Ein ewig Schaffen, Stürzen und Zersetzen,
Ein Ineinanderweben sondergleichen.

Zum Guten bildend das vermeintlich Schlechte,
Zu Riesenkörpern die Atome einend,
In schönster Harmonie, nur feindlich scheinend,
Versteckt und offen treiben tausend Mächte.

Laß Meist'rin die Natur dir immer sein,
Geplagter Mensch, von ihrem Wirken lerne
Die kleinste Kraft dem Dienst im Ganzen weih'n.

Nicht in erträumter, märchenhafter Ferne
Such' dir dein Glück, halt dich ans eigne Sein:
„In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne!“


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Wissenschaft

Macht euch bereit zum großen Weltgerichte,
Ihr Geister alle, die seither gerungen!
Ob euch fürs Heil der Welt etwas gelungen,
Lehrt Klio uns, die Muse der Geschichte.
 
Sie lohnt gewiß die wenigen Gerechten,
Die streng und ehrlich nach der Wahrheit strebten,
Die nur allein dem Wohl der Menschheit lebten,
Sich nicht durch goldne Ketten ließen knechten. —
 
Die das getan und dafür g r o ß genannt,
Gepriesen sind als hehre Koryphäen,
Sie werden untergeh’n mit Schmach und Schand‘.
 
Und jubelnd wird die Welt in Glorie sehen
Des Vestafeuers neu entfachten Brand,
Und siegreich wird der Wahrheit Banner wehen!


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Kunst

Noch lebt der hohe Genius unbezwungen.
Doch seine Jünger, ach! sind tief gesunken,
Von falschem Ehrgeiz, niedrer Selbstsucht trunken,
Wenn sie durch Mammons Gunst sich aufgeschwungen.
 
Dem Künstler weh, der arm ist und bescheiden
Und gar dazu noch Recht und Wahrheit achtet,
Wie treu er wirkt und kühnen Geistes trachtet,
Ihm wird zum Lohn die Kette schwerer Leiden.
 
Nur Puppen, Puppen wünscht Gott Mammon sich,
Treuuntertän’ge, will’ge Automaten
Für Sang und Klang, Meißel und Pinselstrich.
 
Ihr Musensöhne, laßt euch freundlich raten:
Die Rettung eurer Würde sicherlich
Vollbringen nur die „roten Demokraten“.


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Morgen

Magst dich empor aus wirren Träumen ringen,
Willst du dich nicht am jungen Tag erbauen?
Es ist so schön, so wunderbar zu schauen,
Wie er die Nacht im weiten Raum kann zwingen.
 
Die Sonne sieh durch finstre Wolken dringen,
Hinweg scheucht sie das bange Morgengrauen,
Bald strahlend hell am Firmament, dem blauen,
Laß ihr zum Preis dein Jubellied erklingen!
 
Dann nütze weise das kostbare Licht!
Gilt’s doch, so viel, so mancherlei zu sorgen;
Geh‘ frisch ans Werk, tu‘ wacker deine Pflicht!
 
Von der vergang’nen Zeit kannst du nicht borgen.
Dir lohnt gewiß der stille Abend nicht,
Tu‘ deine Taten drum kraftreich am Morgen.


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Mittag

Des Stundenlaufes engbegrenzte Mitte!
So ruh‘ denn aus für wenig Augenblicke,
Schau‘ die durchmess’ne Spanne Zeit zurücke,
Und prüfe ernstlich jeden deiner Schritte!
 
Ans gütige Geschick wohl manche Bitte
Tat’st du dabei — doch wie in manchem Stücke,
Hast du gefehlt? Wohl frommt’s dem innern Glücke,
Fragst du dich so.  ´s ist guter Menschen Sitte!
 
Siehst du da ein, daß du gefehlet hast,
So nimm dir vor, es wieder gut zu machen,
Erwünsche dir daraus auch große Last.
 
Dazu und neue Tatkraft zu entfachen
In dir, benutze deine Mittagskraft,
Den Trost der Schwäche überlass‘ den Schwachen!


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Abend

Ein Tag dahin! So schnell ist er entschwunden
Unwiederbringlich in den Strom der Zeiten,
Der mündet in das Meer der Ewigkeiten,
Dess‘ Uferrand kein Aug’noch hat gefunden.
 
Ein kurzer Tag, nur wenig flücht’ge Stunden —
Und doch, welch‘ Unmaß Leides wohl bereiten
Darin die Menschen sich durch töricht Streiten,
Einander schlagend tiefe Herzenswunden!
 
Wohl dem, der sich am Abend sagen kann:
„Ich handelte nach redlichem Ermessen,
Befing mich auch ein Irrtum dann und wann.“
 
Er wird sein Brot mit sich in Frieden essen,
Eh‘ er sich gibt in süßen Schlafes Bann,
Für kurze Zeit das Leben zu vergessen.


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Nacht

Das ernste Mittelding von Tod und Leben,
Die dunkle Nacht! heiß‘ freundlich sie willkommen.
Und geh‘ zur Ruh‘, wenn du dir vorgenommen,
Z u  g u t e m  Werk dich wieder zu erheben.
 
Wohl zwischen Sein und Nichtsein wirst du schweben
Im Schlaf, bis daß der Tag wird wiederkommen,
Doch so nur wird die Schwäche dir genommen —
Der Tod allein kann neues Leben geben.
 
Dazwischen regelt sich der Lauf der Welt
Nach der Natur stets dauernden Gesetzen,
Daran der Toren Aberwitz zerschellt.
 
All den Atomen, die sich da zersetzen,
Bist du, o Menschenkind, auch zugesellt,
Darfst du dich gleich als Herrn der Erde schätzen.


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