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Literatur


04.2



Politische Gedichte

Karl Frohme
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Frühling
 
Zum Kampf hat die Natur die Losung ausgegeben;
Bemerkst du wohl ihr tiefgeheimes Ringen?
Der Frühling soll des Winters Macht bezwingen,
Was frommet dem sein trotzig Widerstreben?
 
Mag er noch einmal sich mit Grimm erheben,
Dem holden Lenz wird doch der Sieg gelingen;
Hinschmilzt der Schnee, die Eisesdecken springen —
Gegrüßt, gegrüßt, du neues, junges Leben!
Mit schwell’nden Knospen ziert sich Strauch und Baum,
In Halme schießt der Same — Wald und Auen,
Sie wachen auf, gleichwie aus schwerem Traum.
 
O herrlicher Genuß, sie anzuschauen!
Hinaus, hinaus zu ihrem lichten Raum,
Da lerne wieder hoffen und vertrauen!


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Sommer

Ob glühender der Sonne Strahl auch werde,
Mußt fleißig immerfort die Hände regen,
Darfst nimmermehr jetzt träger Ruhe pflegen,
Nicht mutlos steh'n mit zaudernder Geberde.

Auf!  Biete Trotz der wartenden Beschwerde,
Bestehe sie! Natur ist allerwegen
Dir helfend nah; sieh, wie der Wolke Segen
Erquickt die durst'ge, ausgedörrte Erde.

Die Fluren sieh, in reifen Kornes Glanz,
Des Schnitters harrend, goldenhelle prangen,
Die Zügel sieh in ihrer Reben Kranz.

Das alles, fleiß'ger Mensch, sollst du empfangen
Zum Lohn für deine Mühe voll und ganz —
Umsonst nicht war dein Hoffen und Verlangen.

 
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Herbst

Im sanften Ernst kommt er einhergeschritten,
Der Herbst mit reichen, langbegehrten Spenden,
Er teilt sie freudig aus mit vollen Händen,
Ein lieber, guter Gast, gar wohl gelitten.

In hochbeglückter, froher Menschen Mitten
Mag man ihn feiern, bis die Gaben enden,
Bis an den sonnenhellen Berggeländen
Der Winzer seine Trauben hat geschnitten.

Dann ist sie hin, die schöne, lichte Zeit;
Der Gabentempel der Natur verlieret
Den Reiz der bunten Mannigfaltigkeit.

Hinsinkt das Laub, das bunt den Baum noch zieret,
Und Wald und Flur deckt bald ein graues Kleid,
Das, ach, so sehr mit Schwermut harmonieret.


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Winter

Verschwunden ist das lachende Gefilde,
Das noch vor kurzem uns so hoch erfreute,
Des Winters rauher Macht ward es zur Beute,
Der kennt nicht Schonung und nicht Lieb' und Milde.

Die Sonne birgt sich hinterm Wolkenschilde,
Als ob sie vor dem eignen Strahl sich scheute
Und sie der kurze Tageslauf gereute
Hin über sturmgepeitschte Eisgefilde.

Da stehn wir wie an einem weiten Grab,
Das uns so viel der reinsten Freuden decket;
Schau'n wehmutsvoll auf Wald und Flur hinab.

Doch tröstet's uns, daß Leben drin verstecket,
Dem nimmer bricht des Winters Hand den Stab —
Ein Leben, das der Frühling wieder wecket.


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Gebet

Was ist Gebet? Verkünden möcht' ich's allen:
Betrachtung ist's des Guten und des Rechten,
Des Herzens Ringen gegen's Joch des Schlechten,
Des Geistes freies, kühnes Aufwärtswallen.

Was ist Gebet? Die Faust im Zorne ballen
Ins Angesicht der Lüge feilen Knechten,
Für Menschenrecht, für Freiheit, Wahrheit fechten
Und mit dem Trost der Pflichterfüllung fallen.
Das ist Gebet! Das macht von Banden frei,
Von allen Ketten, die die Menschheit drücken —
Ein solch Gebet ist Fluch der Tyrannei.

Kein anderes wird je ein Volk entrücken
Der bittren Not, jedweder Sklaverei —
Kein anderes kann je die Welt beglücken!


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