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Literatur


04.2



Politische Gedichte

Karl Frohme
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Frommer Wahn und Moral

Ist frommer Wahn M o r a l? Ich denk, die beiden
Sind von einander himmelweit verschieden;
Sie haben feindlich sich noch stets gemieden
Und sind fürwahr nicht schwer zu unterscheiden.

Der fromme Wahn mag noch so schön sich kleiden,
Die hohe Kraft ist nimmer ihm beschieden,
Zu stiften Völkerglück und Völkerfrieden,
Gar gut hat er die Tyrannei zu leiden.

Er lehrt dem Elend: „Schweig' und dulde nur,
Da droben wird dir einst Vergeltung werden,
Wenn treu du folgest deines Gottes Spur!“

Drauf sagt Moral: „Zu lindern dein' Beschwerden,
Gab die V e r n u n f t  dir einen heil'gen Schwur —
Mit ihr will ich das Himmelreich auf Erden!“


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Selbsterkenntnis

Um wahre Selbsterkenntnis zu erlangen,
Mußt du bei andern achtsam prüfend weilen
Und stets beschau'n, selbst in den kleinsten Teilen,
Jedwede Tat, der sie sich unterfangen.

Dann frage dich: Wenn du die Tat begangen,
Würd' dein Gewissen dir dann Recht erteilen?
Würd' nicht dafür zur Strafe dich ereilen
Der eigne Vorwurf und der Reue Bangen?

Sodann erkenne jede Eigenschaft
Und jede Fähigkeit, die in dir wohnet,
Die ganze Summe deiner innern Kraft.

Hast du davon den schlechten Teil entthronet
Und mit dem guten dich emporgerafft
Zu edler Tat, dann bist du reich belohnet.


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Unter der Erd'

Auch tief im Schoß der Erde gibt es Lieder,
Und fleiß'ge Männer sind es, die sie singen;
Wenn sie auch wehmutsvoll, auch traurig klingen,
Es sind doch L i e d e r, warm und voll und bieder.

Ich sah der Männer Werk, und immer wieder
Seh' ich im Geist sie in die Schachte dringen,
Hör' ihre Minen springen und — sie singen,
Und kaum, ach, zwing' ich eine Träne nieder!

Ihr halbes Leben in der ew'gen Nacht,
Umringt von tausend tief versteckten Schrecken,
Oft sich ihr Grab selbst wühlend tief im Schacht.

Und ob sie Schatz auch über Schatz entdecken,
Doch zwinget sie der Armut herbe Macht,
Ihr Elend könnt' des Steins Erbarmen wecken!


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Die spartanische Mutter

Schon nahen sich die Feinde Spartas Toren,
Es zittert nicht, wird nimmer sich ergeben,
Und hätte jeder Bürger tausend Leben,
Ein freies Volk gibt nimmer sich verloren.

Sieh jene Mutter! Den sie selbst geboren,
Dem sie das teure Leben hat gegeben,
Den eignen Sohn heißt sie den Schild erheben —
„Heil!“ ruft sie aus, „daß du zum Kampf erkoren!

„Zieh hin, mein Sohn, wo Spartas Banner weh'n!
Wenn nicht als Sieger stolz mit diesem Schilde,
Tot auf ihm nur will ich dich wiederseh'n!“

Die Heldenmutter spricht's mit strenger Milde,
Hin eilt der Jüngling, wo die Feinde stehn,
Fort zur Phalanx ins blut'ge Schlachtgefilde.


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Unser Kampf

Wir kämpfen für der Menschen heil'ge Rechte,
Für ihre Freiheit und ihr Wohlergehen;
Wir möchten gern sie alle glücklich sehen,
Nicht mehr geteilt in Herren und in Knechte!

Besiegen wollen wir die finstern Mächte,
Die — höhnend selbst des Elends stummes Flehen —
Rings auf des Volksglücks losen Trümmern stehen;
Vernichten wollen wir jedwedes Schlechte.

Dabei hilft nur ein schlechter Mensch uns nicht,
Der gute aber läßt nicht lang' sich bitten,
Mit uns zu führen einen Kampf der Pflicht!

Was da zu leiden ist, es werd' gelitten,
Solch Opfer fürchtet nur der feige Wicht —
Voran, voran — und mutig fortgestritten!


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Dichtertrost

Der beste Trost ist doch dem Dichter eigen.
Wenn Schmerzgefühle ihm das Herz bezwingen,
Kann er sich auf zu lichten Sphären ringen,
Wo ihn umfängt harmonisch-süßes Schweigen.

Die Leier tönt — zu ihm sich kosend neigen
Die Genien auf ätherleichten Schwingen,
Bei seiner Lieder kraftvoll sanftem Klingen
Führt er sie an zum holden Friedensreigen.

Nichts weiß er mehr vom herben Leid, er schwebt
Dahin in seiner Ideale Reichen,
Von goldnem Hoffnungsmorgenschein umwebt.

Die Wirklichkeit muß vor der Gottheit weichen,
Die in des Dichters stillen Träumen lebt —
Sagt an, welch andrer Trost mag diesem gleichen?


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