lifedays-seite

moment in time

 
 
Literatur


04.2



Politische Gedichte

Karl Frohme
______________________



Rheinfahrt

Drei Sänger fuhren nieder
Den schönen grünen Rhein,
Hell klangen ihre Lieder,
Davon ertönte wider
Der Uferberge Felsgestein.

Vom goldnen Blut der Reben
Sie tranken oft und viel,
Und taten neu sich geben
Den Treueschwur fürs Leben —
Und lauter klang ihr Saitenspiel.

Die Sonne wollt' versinken,
Da sah'n die muntern drei
Vom Ufer her zur Linken
Durchs Abendgrauen winken
Die holde Jungfrau Loreley.

Die Becher sie erhoben
Aus gutem, lautrem Gold,
Und einer rief: Du, droben
Vom Abendrot umwoben,
Ich grüße dich, o Jungfrau holdl

Der Zweite, der am Steuer,
Blickt lange schweigend drein,
Dann rief er: Jungfrau teuer,
Mit meiner Liebe Feuer
Möcht' ich gern dein Entzaubrer sein!

Der dritt' schaut' in die Weiten,
Sprach nicht ein einzig Wort,
Griff seufzend in die Saiten,
Und bei des Schiffes Gleiten
Spielt er und spielt in einem fort.

Das war seltsame Weise,
So mild, so wehmutsschwer;
Bald tönt sie leis, ganz leise,
Das Schiff dreht sich im Kreise — —
Sah keiner die drei Sänger mehr.


zurück



Am Rhein

Ich habe am Rheine getrunken
Den funkelnden Feuerwein
In seliger, goldener Freiheit; —
Oh, könnt' es noch einmal so sein!

Ich habe am Rheine im Kerker
Getrauert in hartem Bann;
Da trank ich manch' einsame Träne,
Die über die Wange mir rann.

Ich habe am Rheine geliebet
So heiß, o, du glaubst es kaum;
Mein Singen und Sagen war Liebe,
Und Liebe mein einziger Traum.

Getrunken, getrauert, geliebet!
Doch horch, was mein Herze noch spricht:
Ich lernte am Rheine auch h a s s e n,
So tief, ach, du ahnst es nicht!


zurück



Sie stand vor den doppelten Gittern

Sie stand vor den doppelten Gittern
Im Kerker am herrlichen Rhein,
Wollt karge Minuten des bittern
Und schmerzlichen Wiedersehns weihn
Dem Manne, der ihr sich verbunden,
Dem sie ihre Zukunft vertraut,
Sie hat ihn gesucht und gefunden,
Die wackre, die liebende Braut.

Vom eisernen Netze umsponnen,
Dem nur der Gedanke entflieht,
Da stand er. Drauß' glänzte die Sonnen
Und sangen die Vöglein ihr Lied.
Wie hat ihre Seele gerungen,
Daß Schmerz sie nicht niederrafft!
Die Tränen hat stark sie bezwungen
Stolzsinnig, mit heiliger Kraft.

Sie streckten die Händ' sich entgegen
Und konnten — o Fluch Tyrannei! —
Die treuen zusammen nicht legen,
Ein Wärter stand finster dabei.
Da fanden sie nicht viele Worte,
Die, in Lieb' für einander entbrannt,
So nah' sich am leidvollen Orte
Und doch voneinander gebannt.

Da tauschten sie innige Blicke
Und schauten einander ins Herz,
Und fluchten dem schweren Geschicke
Dort hinter dem feindlichen Erz.
Das Bündnis der Liebe und Treue,
So oft schon geläutert durch Weh,
Beschworen sie stumm sich aufs neue
Und sagten einander Ade.

Was hat er denn schwer wohl gesündigt
Der Mann im Verbrechergewand?
Gerechtigkeit hat er verkündigt,
Zog mahnend von Lande zu Land,
Auf die Lüge hat er gefahndet,
Fürs Volk wollt' er Freiheit und Brot,
Und das wird mit Kerker geahndet
Nach heiligem Ordnungsgebot.

Sie stand vor den doppelten Gittern,
Im Kerker am herrlichen Rhein,
Da drang ihrer Seele Erzittern
So tief in die meine hinein.
Da lernt' ich so recht erst erfassen,
Wie schändlich, wie unmenschlich schlecht,
Wie wert zum Fluch und zum Hassen
Das „geheiligte“ strafende Recht.


zurück



Das schlafende Kind

Kleiner Erdenpilger, schlafe,
Träume in der Mutter Schoß!
Träumen Himmelsglück und Wonne
Ist dein neidenswertes Los.

Wehmut zwingt mich, dich zu schauen
So in wundersel'ger Ruh,
Bild des reinsten Herzensfriedens,
Holder Unschuldsengel du!

Wie im Morgenglanz die Rose
Atmest du und saugst voll Lust
Süßen Tau der Mutterliebe
Ein in deine kleine Brust.

Ach, mir wird's um dich so bange,
Denk ich dran, daß du dereinst
Auch um die so bald entschwundne
Seligkeit der Kindheit weinst. —

Schlafe, träume, kleiner Engel!
Deines Atems lindem Hauch
Lauscht die Liebe, die da glänzet
Ewig jung im Mutteraug'!


zurück



Was dem Kind die Mutter singt

Lieb Kindchen mein,
Schlaf ein, schlaf ein,
Schlaf ruhig und in Frieden!
Dein kleines Herz
Ist ja von Schmerz
Und Sorge noch gemieden.

In meiner Hut,
Da bist du gut
Und sicher aufgehoben,
Wie auch die Welt
Dich feindlich stellt
Und auch die Stürme toben.

Einst, wenn du groß,
Dem Mutterschoß
Entwachsen bist schon lange,
Dann gehest du
Nicht mehr zu Ruh'
Bei deiner Mutter Sange.

Die schöne Zeit,
Wie weit, wie weit
Wird bald sie von dir liegen!
An Mutterbrust
In stiller Lust
Kannst dich nicht immer schmiegen.

Dies Bettchen weich,
Dein Himmelreich
Kann es nicht immer bleiben —
Wer weiß es doch,
Wohin dich noch
Der Lebenssturm wird treiben?!

Drum schlaf getrost,
Bis daß im Ost
Sich hebt des Lichtes Wage!
Schlaf ein, schlaf ein,
Noch sind sie dein
Der Kindheit gold'ne Tage!


zurück





  lifedays-seite - moment in time