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Literatur


04.2



Politische Gedichte

Karl Frohme
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Spielende Kinder

Nehmt dazu die schönsten Blumen,
Reich an Duft und Farbenglanz!

Seht hier, Rosen und Narzissen,
Veilchen, Hyazinthen blühn!
Prächtig müssen sie sich heben
Auf dem dunklen Immergrün.

Knabe, zügle deinen Eifer,
Die Gespielin zürnet dir,
Merk doch, wie sie freundlich bittet:
„Pflück du nur die Blumen mir!“

Recht so, Mädchen! Deines Knaben
Ungeschickte, rauhe Hand
Preßt zu hart die armen Blumen,
Zerret hin und her am Band.

D i r der Flora zarte Kinder!
Deine Hand lenkt frömmrer Sinn,
Muß ich denken doch, es lebte
Elfenzauberkunst darin!

Deiner goldnen Locken Fülle
Eint sich prächtig solch ein Kranz;
Knabe, siehe, die Gefährtin
Schmückt sich dir zum muntren Tanz.

Unschuldslächeln in den Augen,
Engumschlossen Brust an Brust,
Schwebt das traute Paar im Reigen
Leicht dahin voll stiller Lust.

Kinderunschuld, Kinderfreuden!
Dieser holde Lebensmai,
Könnte er doch ewig währen —
Ach, so schnell ist er vorbei!

Hab auch einst mich so getummelt
In des Blumenhages Raum,
Auf den Fluren, in den Wäldern,
Ach, es war ein schöner Traum!

Lieblich Mädchen, muntrer Knabe,
Fahret fort mit Sang und Tanz,
Freut euch, bis die Blumen welken
Und zerrissen liegt der Kranz!

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Unsere Jugend

Wenn ihr, vereint zu munterm Spiele,
Mich froh umhüpft und lacht und singt
Und einem weit gesteckten Ziele
Im Wettlauf schnell entgegenringt;
Wenn ihr dann jubelt den Gewinnern,
Aufs neue stets zum Lauf bereit,
Das ist für mich ein süß' Erinnern
An meine eigne Jugendzeit.

So hab' ich einstens auch gesungen,
Gehüpft, gelacht nach Herzenslust,
Und wacker nach dem Ziel gerungen,
Von Mut erfüllt die junge Brust.
Auch ich war Kind und werd' es wieder
Inmitten dieser trauten Schar —
Das sind ja noch dieselben Lieder,
Dieselben Spiele noch, fürwahr!

Die Jungen lernen von den Alten
Und von Geschlechte zu Geschlecht
Erbt so sich fort mit frohem Walten
Der Kinderwelt geheiligt Recht;
Das immerdar und stets aufs neue
Uebt seine holde Zaubermacht,
Von reifen Alters Lieb' und Treue
Zu aller Zeit sorgsam bewacht.

O spielt! Genießet, liebe Herzen,
Der Unschuld kurzen Maientraum,
Und gebt in kindlich leichten Scherzen
Dem lauten Frohsinn weiten Raum;
Der goldne, wunderholde Morgen
Der Jugend lacht ja einmal nur,
Wir wachen drob und wollen sorgen.
Daß ihr nicht fehlt der rechten Spur.

Jedoch in euren Ruhestunden
Sollt ihr bedenken solchen Rat,
Auf daß ihr werdet stark befunden,
Wenn einst die Zeit des Ringens naht.
Des jugendlichen Geists Begehren
Sei, wenn das Spiel euch hat erfreut,
Die reiche Saat der guten Lehren,
Die von den Alten euch gestreut.

Tränkt diese Saat mit heil'ger Liebe,
Daß sie euch recht gesegnet sei,
Pflegt jeden ihrer zarten Triebe,
Auf daß er wachse und gedeih'.
Dann wird die volle Frucht euch winken,
Und in den Schoß fällt sie hinein;
Sie birgt des Frohsinns heit'res Blinken —
Ihr werdet gut und glücklich sein.

Ein gutes Rüstzeug müßt ihr tragen,
Wollt ihr im Lebenskampf bestehn,
Da heißt es: immer mutig wagen
Und streiten oder untergehn.
Da braucht's zu manchen ernsten Spielen
Geschick und Kraft in jedem Stück;
Da ringet ihr nach höhern Zielen
Und um das höchste Siegesglück.

Und andere Lieder hört ihr tönen,
Nicht harmlos, unschuldsvoll wie die,
Die euch das Dasein jetzt verschönen,
Mit zephirleichter Melodie —
Das sind die rauhen Sturmgesänge
Im harten Kampf um Recht und Brot,
Das sind die tiefen Schmerzensklänge
Der Not der Zeit, der Zeit der Not.

Wie uns, so wird auch euch beschieden
Dereinst der opferschwere Streit
Um Völkerglück und Völkerfrieden,
Um Wahrheit und Gerechtigkeit.
Das sind der Menschheit höchste Güter —
Gelobet, ihnen euch zu weih'n
Als ihre Streiter, ihre Hüter,
Und ewig ihnen treu zu sein.

Zwar wird manch böser Feind euch grollen,
Und droh'n mit Schrecken und Gericht,
Doch fürchtet nichts! Das bessre Wollen
In dem Bewußtsein schöner Pflicht,
Es hat noch stets den Sieg errungen —
Und unsere Hoffnung kündet laut:
Es wird auf euch, ihr wackren Jungen,
Die bessre Zukunft aufgebaut.

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Rückahnung

Es tönt aus meiner Kindheit Tagen
Ein Lied mir leis im Herzen fort,
Doch müh' umsonst ich mich, zu sagen
Von ihm auch nur ein einzig Wort.

Ganz nutzlos sind der Muse Gaben,
Wenn sich der Stoff dem Geist entzieht.
Es muß wohl keine Worte haben
Und keine dulden, dieses Lied.

Und seltsam, seltsam! Meinem Herzen
Ist's gerade deshalb lieb und wert,
Um keinen Preis möcht' ich's verscherzen,
Das mir so oft schon Trost gewährt.

Ich fürchte, würd' es mir gelingen,
Ihm einen Ausdruck zu verleih'n,
Wohl nie mehr hörte ich's erklingen,
Es möchte tot für immer sein.

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Mutterliebe

Wehe, wer sie nie gewonnen,
Dreimal weh', wer sie verliert,
Mutterliebe, heil'ger Bronnen
Aller Tugend, die uns ziert!
Urquell aller edlen Triebe,
Tau, der sie befruchtend rinnt,
Nichts so sehr als Mutterliebe
Macht den Menschen gutgesinnt.

Ach, wie oft wird sie vergolten
Mit des Undanks Tat und Wort,
Wird verkannt und hart gescholten,
Dieser beste Kindeshort!
Aber einmal doch im Leben
Kommt dem Kind die Reuezeit,
Und zum segnenden Vergeben
Ist die Mutter gern bereit.

Hat ein Unheil dich betroffen,
Wohl dir, wenn ein Trost dir blieb,
Der dich stärkt zu neuem Hoffen:
„Meine Mutter hat mich lieb.“
Hin zu ihr, wenn du verloren
In des Lebens Sturm den Pfad,
Sie, die dich in Schmerz geboren,
Hilft dir gern mit Rat und Tat.

Preis der Mutterliebe! Ehre
Stets ihr heiliges Gebot,
Achte ihrer frommen Lehre,
Bau' auf ihren Schutz in Not.
Sie kann nimmermehr verderben,
Ihre Macht verkümmert nie,
Mutterliebe kann nicht sterben,
Ueberm Grab noch waltet sie.
 
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Frauenlob

Wo Festesfreud‘ die Herzen schwellt
Und Lieb‘ und Treue Kränze flicht,
Da hab‘ ich mich zu Gast bestellt,
Ob man mich kennt, ob nicht —
Zu Gast mit einem hellen Lied,
Das frohgestimmt zum Herzen spricht,
Die Seelen zueinander zieht.
So will’s des Sängers Pflicht.
 
Seid all gegrüßt mir inniglich!
Was bring‘ ich wohl für Gabe dar?
Viel Segenswünsche minniglich,
Ihr, die heut‘ siebzig Jahr,
Der wackern und vielwerten Frau,
Der längst in Zucht und Ehr‘ fürwahr
An treuen Gattens Seit‘ ward grau
Des Scheitels dunkles Haar.
 
Ja, schau nur auf, der Sänger weiß,
Wie’s um dein Herze steht genau,
Gern singt er ihm zu Lob und Preis,
Und diesem Lob, dem trau!
Es ist gewißlich wahr und rein,
Wie über dir der Himmel blau
Und wie ein blitzend Sternelein
Und Blümlein auf der Au.
 
Die Frau, die treu und fromm und gut
— Ich sing‘ es jubeltönend hin! —
Im trauten Heim wirkt wohlgemut
Mit echtem Tugendsinn,
Ist doch des Mannes bester Teil
Zu stetig festen Werks Beginn,
Ihm und den lieben Kindern Heil
Und herrlicher Gewinn.
 
Das schönste Los ist ihr vertraut
Im engen Kreis der Häuslichkeit:
Auf Frauentugend wird gebaut
Ersehnte bess’re Zeit.
Gut‘ Kindeszucht — präg’s jeder ein! —
Für Wahrheit und Gerechtigkeit,
So heißt das Zaubersprüchelein,
Das dieser Zeit uns weiht.
 
Du, wackre Frau, hast sie geübt
Im Geist der Liebe recht und schlicht,
Ob Leid dir manchen Tag getrübt,
Als höchste Mutterpflicht.
Der Kind- und Kindeskinder Schar
Vergißt dir’s wahrlich nicht!
Sei hochbeglückt noch viele Jahr‘,
Bis daß dein Auge bricht.
 
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Verlassen

Der Vater irrt fern seinen Lieben,
Zu lindern ihre bittre Not,
Vom Fluch des Elends fortgetrieben,
Rastlos umher um Arbeit, Brot.
Bedrückt vom Kummer sondermaßen,
So schwach und siech, die Füße wund,
Zieht hungernd er die fremden Straßen,
Ein Proletar, ein „Vagabund“.

„Geh' nur, mein Kurt. Mir wird's gelingen,
Und sei auch noch so schwer die Last,
Mich und die Kinder durchzubringen,
Bis daß du wieder Arbeit hast.“
Den Trost aus treuen Weibes Munde,
Den nahm er mit als einzig Gut,
An ihm entfacht er Stund' und Stunde
Des Herzens schwer geprüften Mut.

Sie opfert sich, die Treue, Gute!
Lang' trug sie nicht die Müh' und Qual;
Aus der Fabrik in ihrem Blute
Bracht' man sie sterbend ins Spital.
Vergebens, unter Klag' und Weinen,
Harr'n, aufgewacht aus süßem Traum,
Der Mutter Rückkunft ihre Kleinen
Auf hartem Bett im kalten Raum.

Doch sieh', da nahet sich den armen
Verlass'nen Kindern allsobald
Das menschlich liebende Erbarmen
In einer schlichten Frau'ngestalt.
Kaum hat die Nachbarin vernommen,
Was da mit Kurtens Weib geschehn,
Ist sie zu ihnen gleich gekommen,
Um Mutterstelle zu versehn.

Hat sie gleich selbst der Kinder sieben
Und Sorg' und Last von früh bis spat:
Wie seinen Nächsten man soll lieben,
Sie zeigt's durch eine edle Tat.
Die Armut gibt der Armut Sprossen
In Liebe Pfleg' und Speis' und Trank,
Hilft ihnen freudig, unverdrossen —
Und fraget nicht nach Lob und Dank.

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