Der
Sand der Ebene glüht; aus den heißen, engen Straßen, aus den
schmutzigen
Arbeitervierteln, den Riesenbauten der Fabriken, steigt träg und faulig
ein
Dunst der Verwesung in die Höhe.
Matt
und unlustig sind die Menschen in der großen Arbeiterstadt, ihre Farbe
ist
bleich, und ihre Augen sind trüb.
Ein
Hämmern und Pochen, ein Knarren und Rasseln, ein Pfeifen und Stampfen
und
Dröhnen, ein Pfauchen und Pusten und Zischen erfüllt die Luft, aus den
Tiefen
der Fabriken grollt gebieterisch eine unerbittliche Gewalt, die
herrscht, und
die die Nacken beugt.
Ruhig
fließt der mächtige Strom in der Sonnenglut. Das leichte Gegitter der
Brücke
scheint in der erhitzten Luft zu zittern. Kein Baum und kein Strauch
säumt das
Ufer. Schwarze Schienengeleise laufen nebenher, an den mächtigen
Quaderbauten der Kais vorbei, vorbei an den plumpen Lagerhäusern, die
faul und
breit hingestreckt daliegen. Schwere Frachtschiffe und dunkle, große
Nachen
liegen fest verankert davor; den ganzen Strom hinunter streckt sich zu
beiden
Seiten das wirre Gerippe großer und kleinerer Masten in die Höhe. Ein
kleines
Schiff mit weißem Segel kreuzt in der Ferne, die Kähne der großen
Schiffe, die
im Hafen schlafen, schaukeln leise. Mächtige Dampfer kommen angefahren,
majestätisch wie Riesenwasservögel; die Wellen steigen hoch auf mit
weißem
Gischt an ihrer stolzen weißen Brust. Im weiten Bogen ziehen sie übers
Wasser
und legen sich still nieder, lautlos, wie Wasservögel sich ins Röhricht
legen.
Mit
bläulichen elektrischen Sonnen schmückt der Abend die Ufer. Hunderte
von
zitternden, schimmernden Lichtstreifen glänzen im Strom, der dunkel
fließt,
träg und schwer wie geschmolzenes Blei. Tausende von hellen Vierecken
unregelmäßig, launisch durcheinandergeworfen, so tupfen die Fenster der
hohen
Häuserkomplexe das Dunkel.
Das
Ungeheuer schläft; nur noch leise pfaucht sein Hauch, nur gedämpft
klingt noch
sein Rasseln und Stöhnen.
Wie
leichte Herbstnebel zieht der Rauch über die Ebene, tot stehen die
vielen
Kamine, nur eine große, wilde, braunrote Flamme lodert aus dem hohen
Dach eines
Fabrikgebäudes wie eine Drohung in die Nacht.
Die
Arbeiter in den niederen, hallenartigen Räumen sind in Schweiß gebadet.
Den
ganzen Tag hat die Sonne auf dem Dach gebrütet und sie schlaff gemacht,
nun in
der schwülen Nacht schleppen sie sich stumpf hin unter der Bürde
schlafloser
Stunden in der erdrückenden Luft. Maschine reiht sich an Maschine. Es
ist ein
dumpfes Stampfen, ein hastiges Schieben und Keuchen, ein immerwährendes
Auf und
Nieder der schweren Kolben ringsum;
die Räder drehen sich mit
leisem Pfeifen, und kleine Lichter hüpfen und sprühen aus den
blinkenden
Metallzylindern und Stangen im Widerschein der elektrischen Lampen. Von
der
Decke tönt das wirre Gesumm der vielen kleinen Räder, der ganze Raum
ist
erfüllt von dem Sausen der Transmissionen, dem Surren der Riemen.
Müde
und schwer stehen die Arbeiter auf ihrem Posten.
Riesenhafte,
graue Schatten hüpfen an den Wänden hin,
huschen über die Decke, winden sich durch das Gewirr der Seile und
Bänder.
Wie
huschende Gespenster sehen sie aus, wenn eine der
großen Lampen jäh aufzuckt. Sie verkriechen sich, sie springen über den
Boden,
sie tanzen auf dem sausenden Schwungrad der Dampfmaschine, das mit
zurückgehaltenem Getöse seine mächtigen Speichen dreht, sie schnellen
sich hoch
hinauf und wirbeln an den Wänden wieder herab.
Wird
nicht plötzlich das Stampfen der Maschine
eiliger? Rennen nicht die Riemen, sich immer mehr überhastend?
Sieht es
keiner? Müd und schwer stehen die Arbeiter auf ihrem Posten.
Droben
zwischen den Riemen der großen Dampfmaschine
verschwindet ein Schatten. Jetzt taucht er wieder auf. Dort über dem
großen
Rad. Unbeweglich hält er dort, lauernd. Langt nicht eine Hand
blitzschnell in
das Getriebe?
Schneller,
immer schneller drehen sich die Räder,
lauter, immer lauter knirscht das gequälte Metall, wilder, immer wilder
rasen
die Riemen im verrückten, wahnsinnigen Hin und Her. Das Sausen und
Zischen und
Grollen in der Halle wächst zum Getöse, Feuerregen stieben aus dem
wütenden
Stahl. Ein Angstgeschrei erwacht und erstirbt im starren Entsetzen, das
alle
lähmt. Bewegungslos stieren sie nach dem Hexentanze, der immer
gräßlicher wird.
Das sind keine Maschinen mehr, keine toten Massen, lebende,
wildgewordene,
blutdürstige Geschöpfe sind's, die brüllend und stöhnend und keuchend
sich
freizumachen suchen, um denen Vernichtung zu bringen, die sie
knechteten.
Sie
zerreißen ihre Fesseln, sie werden frei, sie
kommen!
Droben
in dem Riemenwerk kichert's und grinst's. Ein
Hohnschrei gellt in das Stöhnen der wütenden Bestien. Einer der starren
Menschen stürzt vorwärts, stürzt zu dem großen, sausenden Schwungrad –
will
retten – eine knöcherne Hand schießt blitzschnell herunter, faßt ihn,
ein Ruck
– hoch fliegt er im Bogen gegen das Gebälk der Decke, zurück, und
wieder wird
er aufgefangen von den Knochenarmen und wieder in die Höhe
geschleudert,
wieder geborgen und wieder gegen die Eisenrippen des Daches geschnellt.
Dann
sinkt die unförmliche Masse mit dumpfem Klatschen zur Erde. Der droben
biegt
sich vor, sieht noch einmal grinsend in den Hexensabbat, nickt und gibt
dem
mächtigen Rad einen Fußtritt – ein Krach! alles steht still. Wie ein
Spuk ist's
verflogen, mit einem tiefen Seufzer haucht die Dampfmaschine den
letzten,
hastig hervorgestoßenen Atem aus. Totenstille – die kleinen Bestien
kuschen
sich vor ihrem Herrn und Meister.