Das Gerassel des Wagens, der
das junge Mädchen nach
Hause gebracht, erstirbt in der Ferne. In einen weichen Stuhl gekauert,
horcht
sie, wie das letzte Rollen auf dem gefrorenen Boden verklingt. Langsam
streift
sie die Handschuhe von den Fingern und nimmt das seidene Tuch von den
Haaren.
Es ist ein starres
Leuchten in ihren Augen, ein vages,
stolzes Lächeln auf ihren Lippen, sie hört gemurmelte Worte, hastige
Fragen, sieht
scheue und brennende Blicke.
Ihr Boudoir ist erfüllt
von dem schweren Duft
welkender Blumen. Mächtige Ballbukette, zierliche, kokette Sträuße,
arme,
kleine Blümchen, hochfahrende, stolze Blüten, die sich mit steifen
Blättern
spreizen, und weiche, zarte Blumen voll üppigen Duftes, Blumen mit
zagen,
schüchternen Farben, brennende, harte Blumen, welke, kleine Veilchen,
sie alle
liegen auf dem Tisch, achtlos hingeworfen.
Wie eine Siegerin ruht
das junge Mädchen in dem
weißen, knisternden Seidenkleid, juwelengeschmückt.
Plötzlich springt sie
auf. Hochgereckt den schlanken
Leib, steht sie mit flammenden Augen inmitten des Zimmers, die Blicke
auf den
großen Spiegel gerichtet, der ihr Bild wiedergibt.
Da sind ihre rötlichen
Haare, die unter dem
prickelnden Lichte der vielen Kerzen förmlich phosphoreszieren, da ist
ihre
schmale, feine Stirn, die düsteren Brauen über den glänzenden Augen,
die stolze
Nase, die Lippen, zuckend unter dem Gefühl des Triumphes der eigenen
Schönheit.
Immer näher tritt sie dem Spiegel, immer näher ihrem Bilde, es
überkommt
sie wie ein Taumel, ein Rausch. Alle Kerzen muß sie entzünden, daß
sich's um
sie legt, wie eine Gloriole des Lichtes; es glüht aus ihren Augen, es
leuchtet
aus dem Weiß ihrer Haut, es sprüht wie kleine, herrschsüchtige Sonnen
aus den
Diamanten an ihrer Brust.
Gehoben, getragen,
verklärt steht sie in der weißen,
blendenden Lichtflut.
Sie folgt den feinen
Linien ihres Nackens, ihrer
Schultern, ihrer Arme, sie berauscht sich an den weichen Formen ihres
Körpers,
sie liebkost die leise knisternde Seide, die ihn umschließt – hoch hebt
sie den
vielarmigen Leuchter über ihr Haupt, daß er wie eine Flamme brenne über
dem
Haupte der Königin.
Es ist ein Gottesdienst,
ein Kultus der Schönheit, ein
Triumph der Jugend, ein Sich-Hingeben mit allen Fasern des Seins –
Vergehen,
Zerfließen in diesem Wonnerausch!
Ist sie das? Ist
sie das wirklich?
Ein Schwindel erfaßt sie
vor ihrer eignen Schönheit,
ein Schauer schüttelt sie, wie sie ihre eignen flammenden Augen auf
sich
gerichtet sieht.
Sind das ihre Augen?
Nein, das sind fremde,
brennende, düstere Augen, die
sich unbeweglich auf sie richten, die immer größer, wilder, glänzender
werden,
mächtige Sonnen, die das Leuchten der Kerzen überstrahlen – sprühende
Mächte,
die alles unterjochen, die sie blenden wollen.
Mit einem Ausschrei
wirft sie den Leuchter zu Boden
und will fliehen.
Da weht sie's an wie ein
kalter Hauch, ihr Spiegelbild
erlischt, eine tote, schwarze Fläche starrt ihr entgegen, die Kerzen
zucken
auf, und ein riesengroßer Schatten hebt sich aus der Tiefe des Zimmers.
Von Fieberschauern
geschüttelt sinkt sie zusammen.
Klein, gekauert, bettelnd liegt sie auf dem Boden und ringt mit dem
Schatten,
der seinen großen Faltenmantel um sie schlägt und alles Licht, alle
Jugend,
alle Schönheit begräbt.
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