Das
Kartell 2
1923
Mr.
Baker kam direkt von der Bahn in die Redaktion der „Aurora“. „Was
können Sie?“
fragte ihn der Chef. „Alles“, sagte Mr. Baker. Er bekam achthundert
Dollar und
ward Reporter der „Aurora“.
Mr.
Baker interessierte sich sehr für Suffragetten. Er schloß dicke
Freundschaft
mit dem portugiesischen Stierkämpfer Pedro dal Costo Caval. Er besuchte
sämtliche Versammlungen und klatschte laut Beifall. Er gewann das
Vertrauen der
ledernen Miß Esther Smith durch einen Artikel in der „Aurora“, in der
er für
die Suffragetten eingetreten war.
Die
Nachricht von dem plötzlichen Verschwinden der berühmten Miß
Punkerfield hatte
Mr. Baker zuerst in der „Aurora“ gebracht. Es war fürchterlich.
Mr.
Pumper, Mr. Washer, Mr. Klingson berieten. Heute konnte man nicht der
Welt wieder
mit dem Präriebrand kommen und mit dem langen Jimmy oder mit Jenkins,
dem
Zopfabschneider, oder mit Tommy, dem Lustmörder. Was war das alles
gegen das
Verschwinden der Miß Sylvia Punkerfield? Man mußte schreiben, wie,
warum,
wieso.
Mister
Washer ging zu Miß Lawrence, um sie um ein Interview zu bitten, aber
die
Suffragettenführerin hatte den Kopf verloren. Sie gab keine Auskunft.
Die
Polizei hatte die dressiertesten Spürhunde losgelassen. Mister Washer
lief mit
einem der Hunde um die Wette nach der verschwundenen Miß Sylvia. Er
fand
nichts.
Das
Kartell ging zum Polizeileiter Mr. Shelly. „Mr. Shelly“, hub Pumper an,
„ich
habe einen Verdacht!“ „Nun, was für einen?“
„Ich
verdächtige unseren Kollegen Baker von der „Aurora“ der gewaltsamen
Entführung
der Suffragette. Diesem Mann ist alles zuzutrauen! Nur um eine
Sensation zu
haben, ist er imstande, einen Mord zu begehen.“
Mr.
Washer nickte fromm und zustimmend. Er war so ermüdet von dem Wettlauf
mit dem
Polizeihund, daß er kein Wort finden konnte.
Mr.
Klingson war steif und stumm und sog an seinem kalten Zigarrenstummel
gierig,
als könnte er eine Wendung in der dunklen Affäre heraussaugen.
Der
Polizeileiter beschloß, den Reporter von der „Aurora“ zu vernehmen. Als
man
aber in die „Aurora“ kam, hörte man, Mr. Baker sei schon mit dem
Frühzuge weg,
um Miß Sylvia zu suchen.
Unterdessen
war Mister Baker in seinem Zimmer und las lächelnd und mit Behagen
einen
Brief.
Zum erstenmal in seinem Leben ruhte seine Nase still. Sie bewegte sich
nicht.
Der war vom 11. November datiert und trug die Aufschrift: An Bord der
„Atlantis“.
Er war von demportugiesischen Stierkämpfer Pedro dal Costo-Caval und
lautete:
Lieber
Freund!
Nun
weiß ich erst, was ich Dir und Deinem Reporterehrgeiz zu verdanken
habe. Dein
Einfall, mich in Miß Sylvia verliebt zu machen, war vortrefflich. Dein
Rat, sie
zu entführen, noch trefflicher. Im übrigen war sie mit allem
einverstanden. Sie
wollte einfach nicht mehr Bomben werfen. Jedes Weib wartet schließlich
doch nur
auf ihren Stierkämpfer.
Alles
andere - Politik und Bomben - ist Verlegenheit und Ersatz. Ich entführe
sie mit
ihrer Einwilligung. Wir werden sehr glücklich sein.
Wenn
ich einen Sohn habe, wirst Du Pate. Ich telegraphiere Dir.
Gruß!
Dein Pedro
Mister
Baker griff nach seinem Notizblock und schrieb ein Telegramm an die
„Aurora“,
von New York, den 12. November datiert.
Am
nächsten Morgen brachte die Bostoner „Aurora“ auf der ersten Seite
ihrer acht
Seiten starken Nummer in fetten Lettern das folgende Telegramm:
„New
York, den 12. November.
(Von
unserem Sonderberichterstatter)
Die
mysteriöse Angelegenheit der Miß Sylvia Punkerfield ist geklärt. Miß
Sylvia
ließ sich von dem portugiesischen Stierkämpfer Pedro dal Costo-Caval
entführen.
Zwischen beiden bestand seit längerer Zeit ein Liebesverhältnis. Das
Paar ist
auf der Reise nach Portugal begriffen und befindet sich an Bord der
"Atlantis."
Im
Cafe Chesterton gab es große Aufregung. Mister Pump sank, als er das
Telegramm
las, vom Schlag getroffen zu Boden. Mister Washer erkrankte plötzlich
an hohem
Fieber, delirierte Interviews und starb eine Woche später an den Folgen
einer
Lungenentzündung, die er sich beim Wettlauf mit dem Polizeihund
zugezogen
hatte. Mister Klingson wurde telephonisch entlassen. Ihr könnt ihn
heute noch
sehen, er wartet im Cafe Chesterton auf ein Dementi der
Entführungsgeschichte, damit
er es als erster ins Blatt bringe.