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Literatur


04.3



Der tapfere Cassian
Puppenspiel in einem Akt
Arthur Schnitzler

Buchschmuck O. Laske


 




      D e r  t a p f e re  C a s s i a n








  P e r s o n e n

   M a r t i n

  
S o p h i e

  
C a s s i a n

  
Ein Diener


   **********

   Ein Dachzimmer im Stil Ende des XVII. Jahrhunderts. Kleine deutsche
  
Stadt. Blick durch das Fenster auf Dächer und Thürme und weiter hinaus
                     auf eine Hügellandschaft, über die der rötliche Glanz
                                          der Abendsonne fließt.

  
Das Zimmer in einiger Unordnung. Eine offene Truhe. Ein Offener halb-
   ausgeräumter Schrank. Wäsche und Kleidungsstücke liegen auf Stühlen
   herum. Martin ist beschäftigt, einen Reisesack zu packen. Sophie nahe bei ihm.


M a r t i n.          Weine nicht, Kind, - weine nicht.

S o p h i e.            Ich bin ja ganz still.

M a r t i n.   ohne sich umzuwenden. Ich höre es deinem Atem an,
   daß du weinst.

S o p h i e.            Soll ich dir helfen?

M a r t i n.           Das könntest du wohl tun. Sieh, dort im Schrank
   ganz oben – liegen Taschentücher.

S o p h i e             geht hin. Neue . . . seidene . . .

M a r t i n.           Gib sie mir. Du nimmst mir’s wohl nicht übel,
   daß ich neue seidene Taschentücher auf die Reise mitnehme.

S o p h i e.            Und die prächtige Spitzenkrause! . . . So hast
    du sie doch dem persischen Handelsmann abgekauft!

M a r t i n.            Gewiß. Oder wolltest du, daß dein Liebster sich
   auf Reisen wie ein Handwerksbursche trägt? . . . So reich’ sie
 mir doch her, die Krause.
 
Sophie bringt sie ihm langsam. – Er deutet
 auf die Krause.
 Ist dies nicht wieder eine Träne?

S o p h i e              einfach. Vergib.

M a r t i n.           Nun, nun . . . Gutmütig; er berührt die Krause leicht

   mit den Lippen. Nun siehst du wohl, daß ich dir nicht böse bin.
   Aber sei nur endlich ruhig. Gib dich drein, Kind. 
Beschäftigt.
   Es ist ja nicht auf ewig.

S o p h i e.            Das hoff ich wohl.

M a r t i n.            Nun also.

S o p h i e.             Aber wie lange? . . .

M a r t i n.            Wie lange? Willst du mich zum Lügner machen
   wider Willen, Kind? Ich weiß nicht, wie lange.

S o p h i e.             Der März ist zu Ende.

M a r t i n.            Ich weiß.

S o p h i e.              Auf der Wiese vor der Stadtmauer blühten die
   Veilchen, als wir neulich draußen spazierten.

M a r t i n.             Was soll's?

S o p h i e.              Bist du wieder da, wenn der Flieder blüht?


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