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Geschichten
Ernst
Schur
Leben
der
Seele
___________________
s war
einmal eine kleine Seele die war müde und
traurig und es war
nicht viel Kraft mehr in
ihr.
Das fühlte sie wohl und darum betrübte sie sich.
Sie hatte sich müde geflattert.
ie
war eingesperrt in ihr
Dasein, wie ein Gefange-
ner in Kerkermauern. Sie tat alles, was
von ihr
verlangt
wurde und das Schwerste war, lustig
und guter Dinge zu erscheinen.
Darum
leistete sie diese
Arbeit beinahe ohne Bewußtsein, wie im Dunkeln. Irgend-
wo
aber hatte sie sich einen Schlupfwinkel
gebildet. Da
zog sie sich
zurück und
war für sich. Niemand sah sie.
Und da hätte man sie vielleicht ein
bißchen vor
sich hin-
summen hören, wenn sie auch nicht zu singen wagte. Es
wurde ihr leichter ums Herz und so summte sie ein wenig.
Aber es war hier niemand
bei ihr
und niemand konnte sie
belauschen.
er
Sang solcher kleinen
Seele ist einfach und tönt
nur immerfort melancholisch und müde. Tief,
wie
ein
steinernes Grab liegt der Schlupfwinkel fern
von den Menschen, in dem
die Seele
ihr Leben verbringt,
wenn sie allein sein will. Und die Melodie
ihres
Gesanges
wird oft übertönt und bricht ab. Dann
verkriecht sich die
Sehnsucht noch tiefer
und nun ist es ganz düster, und an
den öden Wänden, starr und glatt,
tastet die
Einsamkeit
umher, die blinde, klagende Einsamkeit.
icht!
Sonne! Ich dürste
danach, jammert die kleine
Seele, ich brauche sie, kann ohne sie nicht
leben.
Sie
nährt mich, sie erquickt mich, ich lebe a uf
und blühe ein
wenig,
wenn der
Strahl der Wärme mich trifft. – Aber das
Licht gibt zugleich Schatten.
Und die
Sonne weckt die
Furcht vor dem Dunkel. Und so spürt die kleine Seele auch
im
Glück den Wandel und fürchtet in jedem Geschenk das
Walten einer
fremden Macht,
die auf ihre Demütigung be-
dacht ist und ihr nur deshalb Gaben gewährt,
um durch
de-
ren Entziehung späterhin sie zu höhnen. Denn
die kleine
Seele liebt
alles,
was ihr freundlich naht, mit anklammern-
der Liebe und läßt es nicht von sich. Sie
gibt sich ganz hin,
um nur ein wenig zu fesseln. Und doch reißt es sich
wieder
von ihr oder wird von ihr
gerissen. Und das weiß
sie.
Darum sind ihre
Augen
voll verhaltener Tränen und die
Lippen zucken oft, ohne daß ein
sichtbarer
Schmerz ihr
widerfährt.
tille.
– Stumme Gestalten
kauern an den Wänden
und betrachten lautlos und lauernd die kleine
Seele,
die
die Augen nicht aufzuschlagen wagt, sich nicht zu
erhe-
ben getraut. Die
Welt
draußen dröhnt in tönenden Schlägen
in diese Abgeschiedenheit und ihre Rhythmen
fallen schwer
und wuchtig, monoton und unerbittlich. Es
ist etwas ganz
anderes
darin, als was die kleine Seele
sucht. Kampf und
Kampfgeschrei, Ansturm
und
Ächzen der Verwundeten. Der
Mensch gilt hier, der Einzelne nichts.
Diese
Walstatt düngen
Tausende mit ihrem Blut. Und gerade die jungen
Kämpfer
frohlocken am lautesten. Ihre herzhaften, schrillen Stimmen
ermuntern
immer
wieder. Mannhaft halten sich in starker
Kraft die Älteren, an Siege und
an das
Behaupten des Errun-
genen gewöhnt.Die Greise aber klagen. Sie fühlen
das Dunkel
herannahen, sie fühlen den unüberwindlichen
Gegner Tod.
Ihre Tage sind gezählt.
Die Feste der Frohen sind nicht mehr
für sie. Der Kampf zeigt ihnen nur
Mühen
und Entbehrung.
Ihre Gier, die noch zuweilen aufflammt, ist tierisch
und
kin-
disch zugleich. Sie kennen nicht die Lautlosigkeit der
stillen
Stunde, jenes
ahnungsvolle Lauschen,das Entzücken der Jun-
gen. Sie frieren und
klagen. Sie
wollen den Jünglingen den
Becher von den Lippen reißen und mahnen
und
klagen
an.
Und nur aus Mord und Jammern
besteht ihnen die Welt.
Und in
ohnmächtigem
Grimm streckt sich noch eine greise
Gestalt aus dem Haufen der
Niedergetretenen
und schleu-
dert Flüche und Anklagen. Aber schon
naht der neue An-
sturm,
die
Unerbittlichen kommen. Die Greise düngen mit ih-
rem Blute die Erde und
aus dem
Haufen der Verlorenen ra-
gen nur die Fäuste, die in Verzweiflung und Haß
aufbegeh-
ren. – Fern tobt dieser Kampf. Nur der Lärm der
Schlacht-
gesänge
hallt
hierher. Das Wirkliche verhüllt sich dieser klei-
nen Seele zu grandiosen
Bildern, die an ihr vorüberziehen
wie Ideen, im Innern Gestalt annehmen
und die
Visionen er-
füllen.
ber
doch immer hofft die kleine Seele. Klirren auch
die Ketten, dröhnt auch die Welt vom
Geschrei der
Kämpfer, hallt auch der Schlachtgesang, als wollte er Felsen-
wände
brechen, so
atmet sie auf. Das ist ihre Kraft und durch
sie überwindet sie das Weh. Einst –
wenn sie frei sein wird, so
jubelt die kleine Seele in einem versteckten
Winkel, dann wird
sie singen von Schönheit und von befreiten Wünschen
in kla-
ren,
frischen Melodien, und wie ein kleiner V ogel spannt
sie
ihre bunten
Fittiche
aus und fliegt ins Freie hinaus, in die
blaue Luft, in der sie sich
wiegt, die
sie wohlig und frei um-
gibt. So schwebt sie, die kleine Seele, dann,
hoch droben im
unendlichen Raum, furchtlos, frei, jubelnd.
zurück
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