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Märchen der
Völker
Stefan Mart
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Kapitel III - Gegen dreissig Riesen
und mehr
Spanischer
Ritterroman nach Miguel Cervantes
Stolz
trabte der edle Ritter Don Quixote von la Mancha auf seinem dürren
Klepper des Wegs. Sancho Pansa ritt hinterher auf seinem Esel, rauchte
aus seiner kurzen Pfeife, blies ungeheure Dampfwolken in die Luft und
träumte sich dabei als König einer Insel. Als er dann an seine Frau,
die zukünftige Königin dachte, begann er laut zu lachen: "Und wenn Gott
tausend Kronen vom Himmel regnen ließe, keine wird auf den dicken Kopf
meiner Marie passen!" - Währenddessen waren eine ganze Reihe Windmühlen
in der Ebene sichtbar geworden. - "Freund, das Glück lächelt uns, mehr
als wir hoffen konnten!" rief Don Quixote seinem Knappen zu. "Dort
stehen dreißig und noch mehr ungeheure Riesen! ich werde ihnen
entgegenreiten, und mit ihnen kämpfen auf Leben und Tod!" - "Wenn das
Riesen sind!" erwiderte Sancho Pansa, - so will ich in meinem eigenen
Fett gebraten werden! Es sind nur unschuldige Windmühlen!" Aber Don
Quixote ließ sich nicht beirren, reckte sich in den Steigbügeln hoch
auf und rief: "Dort stehen sie und schwenken ihre gewaltigen Arme, die
wohl eine Meile und darüber lang sind! Es wird eine Ruhmestat sein,
solche ungeschlachte Riesen von der Erde zu vertilgen, ich werde ihnen
allen das Lebenslicht ausblasen!" Bei diesen Worten gab er seiner
mageren Rosinante die Sporen und rief den Windmühlen zu: "Steht,
ihr elenden, feigen und unförmigen Geschöpfe! Steht! Ein einzelner
Streiter naht, um Euch die Stirn zu bieten und Euch in den Staub zu
werfen!" In diesem Augenblick erhob sich ein Wind, der die Flügel der
Mühlen in Bewegung setzte. Don Quixote nahm dies für eine Antwort und
Herausforderung und schrie voll Kampfbegier: "Und wenn ihr so viel Arme
ausstrecktet, wie der hundertarmige Hüne Baraeus, so werde ich Euch
doch besiegen!" Der kühne Recke machte sich zum Kampf bereit, gedachte
seiner hohen Gebieterin, Dulcinea von Toboso, empfahl sich Ihrem
Schutze in der bevorstehenden Gefahr, riß den Schild vor seine Brust,
legte die Lanze an und sprengte in gestrecktem Galopp gegen die
nächststehende Windmühle vor. Er rannte gegen einen Flügel, den der
Wind gerade empordrehte und schon nahm dieser ihn und seine Rosinante
ein Stück mit in die Luft. Als beide, weit in das Feld geschleudert,
wieder auf der Erde anlangten, waren sie von dem Sturze übel
zugerichtet. - "Du großer Gott!" rief Sancho Pansa und eilte seinem
Herrn zu Hilfe, "habe ich Euch nicht gesagt, daß es Windmühlen sind und
keine Riesen!" - "Still! still! Sancho Pansa!" ächzte Don Quixote mit
matter Stimme, "ich sehe wohl, das alles Kriegsglück unbeständig ist.
Irgendein boshafter Zauberer muß die Riesen in Windmühlen verwandelt
haben!" - "Der Himmel möge geben, edler Herr," erwiderte der Knappe,
"daß Euch nicht alle Knochen im Leibe zerbrochen sind!" - "Und wenn sie
es wären, ich dürfte nicht jammern und klagen", stöhnte Don Quixote,
"weil es einem tapferen fahrenden Ritter nicht geziemt. Ein Held klagt
nicht, und wenn ihm auch die Gedärme aus dem Leibe hingen." - "Darauf
läßt sich nichts sagen!" versetzte Sancho Pansa und kletterte auf
seinen Esel. Sein Herr hatte das gleiche getan, doch hing er mehr, als
daß er saß, im Sattel seiner Rosinante. Der Knappe öffnete den
Schnappsack, langte tüchtig nach den guten Happen und hob häufig und
kräftig den Weinschlauch. Don Quixote, der weder Durst noch Hunger
empfand, lehnte jede Teilnahme ab und hörte bald seinen Begleiter
hinter sich vernehmbar auf seinem Reittier pusten und schnarchen.
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